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IGNORIERT

Agonie


Skybark

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~So sieht also Größenwahn aus. Hammer! ~

 

Elizabeth pfiff beeindruckt durch die Zähne.

 

Sie hatten Hazzards Büro durch eine unscheinbare Türe betreten…

…und waren mitten auf dem Ozean, an Bord einer Dreimastbark herausgekommen.

 

~Verdammt es RIECHT sogar nach See~ stellte sie kopfschüttelnd fest.

Holographische Segel flatterten auf feucht schimmernden Masten, bei denen man nicht erkennen konnte  wo die Realität endete und die Täuschung in Form einer Projektion begann.

~Schwankt der Scheiß Boden oder spinne ich jetzt komplett? ~

 

Tatsächlich neigte sich der ebenfalls virtuelle Horizont sanft von einer Seite auf die andere, während kreischende Möwen sie umkreisten und sich eine rotgoldene Sonne über den Meeresrand schob.

Einzig das Steuerrad war einem hölzernen Schreibtisch gewichen, ansonsten wirkte die ganze Bark so authentisch dass sich Elizabeth nicht gewundert hätte wenn sie einem Seemann vor die Füße gelaufen wäre.

 

„Nicht schlecht, was?“ flüsterte nun auch Torin, der seinen Blick dabei auf der stattlichen Gestalt Hazzards gerichtet hielt, der eben seinen Schreibtisch umrundete und mit strahlendem Lächeln auf sie zukam.

 

~Warum assoziiere ich den Typen gerade irgendwie mit einem Hai? Muss an den Zähnen liegen.

Immerhin hat er kein Holzbein. ~ dachte sie noch schmunzelnd, dann nahm Torin neben ihr Haltung an und salutierte zackig.

 

„Sir, Colonel, Sir. Major Torin….“ Doch der ehemalige Colonel winkte mit einem Lachen ab.

Lässig klopfte er Torin auf die Schulter und schüttelte dabei den Kopf „Nicht so förmlich, Torin. Ich darf doch Torin sagen, nicht wahr?“

 

Ohne eine Antwort abzuwarten drehte er sich zu Lizzy, und seine Augen musterten sie einen Moment zu lange um als beiläufig durchzugehen.

„Und Elizabeth. Willkommen an Bord!“ dabei machte er eine ausladende Geste, die das virtuelle Schiff und vermutlich sein ganzes Unternehmen einbeziehen sollte.

 

„Sir.“ Bestätigte Elizabeth, der schlicht und ergreifend die Worte fehlten.

 

„Aber bitte, nehmt doch Platz!“ Hazzard deutete auf seinen Schreibtisch, was Elizabeth fragend zu Torin blicken ließ, der jedoch genauso ratlos aussah, denn von Stühlen war außer dem großen, ledernen Sessel Hazzards weit und breit nichts zu sehen.

 

Kaum hatten sie jedoch einen Schritt auf den Schreibtisch zugemacht, tauchten wie aus dem Nichts zwei transparent schimmernde Schalensessel auf, während der schwere hölzerne Schreibtisch geräuschlos im Boden verschwand bis dort wo er gestanden hatte nur noch Deckplanken zu sehen waren.

 

„Eindrucksvoll“ entfuhr es Torin, doch wiederum winkte Hazzard lachend ab.

 

„Eine Spielerei die ich dem holografischen Trainingsprogramm zweckentfremdet habe.“

 

Er ließ sich immer noch lächelnd in seinen Sessel fallen, und auch Torin und Elizabeth setzten sich etwas vorsichtiger auf die semitransparenten Stühle, die sich unerwartet angenehm an ihre Körper schmiegten.

 

„Wir trainieren hier größtenteils mit Simulatoren. Aber das wisst ihr ja sicher bereits.“

Elizabeth sah mit hochgezogenen Brauen zu Torin, und als sie sah dass er nickte tat sie es ihm einfach gleich.

 

„Schön. Dann fangen wir mal an: Elizabeth wird unsere Kadetten an der Gladiator und der Hornet ausbilden. Taktik, Manöver und Waffensysteme.“

Er sah Lizzy nur kurz an, und da sie nicht wusste was von ihr erwartet wurde quittierte sie seine Feststellung einfach mit einem nondeskripten „Sir.“

 

„Torin übernimmt die Weiterbildung unserer Trainer.“ Er seufzte wohlig „Ah – es tut gut einen alten Kameraden an seiner Seite zu haben, nicht wahr, Torin?“

 

~Dafür dass er eben fragen musste ob er ihn Torin nennen darf, scheint er aber plötzlich sehr vertraut.~ verwirrt hob sie eine Braue und beschloss, sich das Spiel einfach weiter anzusehen.

„Elizabeth wird in den Mannschaftsunterkünften einquartiert und Torin erhält ein Studio hier im Firmenhauptsitz. Stand ja aber alles so im Vertrag.“

 

~Vertrag?  ~ erbost blickte sie zu Torin, der sie jedoch keines Blickes würdigte.

 

„Jawohl Sir, Col…“

Tzkend schüttelte der Colonel den erhobenen Zeigefinger „William. Oder einfach Will.

Wir sind hier schließlich eine große Familie und ich freue mich, dass wir heute so prominenten Zuwachs bekommen dürfen.

 

~Prominent? Naja, so gesehen dürfte mein Hintergrund es auf jeden Fall in irgendwelche Medien geschafft haben. <Familie durch Pilotenfehler ausgelöscht> ist genau die Schlagzeile die man gerne von sich lesen möchte. Wenn mir nicht zuerst von dem virtuellen Geschaukel schlecht wird kotze ich ihm wegen seinen blöden Sprüchen vor die Füße. Blödmann.~

 

Es kam Elizabeth wie eine Ewigkeit vor, bis Hazzard sie endlich entließ und sie ihr sehr zweckmäßiges Appartement gezeigt bekommen hatte.

 

Alles hier duftete neu und sauber, als hätte man diese Wohnung gerade erst für sie gebaut.

~Na immerhin~ dachte sie, als sie auf das weiche Bett sank und ohne die Schuhe auszuziehen die Füße hochlegte.

 

Etwas knisterte als sie sich bewegte, und mit einem genervten Grummeln zog sie eine Notiz hervor, die sie mit ihrem Rücken zerknittert hatte.

 

„Bitte finden Sie sich umgehend in der Schneiderei ein, damit wir die Maße für ihre Uniform nehmen können.“

 

~Maßgefertigte Uniformen?~

 

ein Lächeln huschte über Elizabeths Gesicht.

 

~Geil!~

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Das Bier auf Torins kleinem Beistelltisch war schon lange nicht mehr kalt, und um die Dose herum hatte sich ein feuchter Rand aus Kondenswasser gebildet.

 

Die Bilder auf dem Display hatten auch nach der tausendsten Wiederholung nichts an Schrecken eingebüßt.

Immer wieder spulte er vor und zurück, um vielleicht ein Detail zu erkennen das er bisher übersehen hatte:

 

Die Freelancer wie sie von dem fremden Schiff gerammt und der Länge nach aufgeschlitzt wurde, das entsetzte Gesicht seiner Frau Bethany, deren beider Spitzname Betty er bis zu dem Unglücksflug für ein gutes Omen gehalten hatte und die abrupt verstummenden Schreie als der Sauerstoff explosionsartig ins Nichts gesogen wird.

 

Wieder und wieder ergab er sich dem Martyrium, ohne dem Rätsel woher das Schiff gekommen sein mochte auch nur ein Stück näher zu sein als damals.

 

Er war sich sicher dass es Piraten waren, die es auf die Waffentechnologie abgesehen hatten, und die Militärjustiz war seiner Theorie mit ihrem Urteil gefolgt.

Immerhin war die Waffe weg, und man hatte bisher keine Spur von der verbesserten Behring V82 die das Lebenswerk seiner Frau hätte werden sollen gefunden.

 

Erneut spulte er zu der Markierung zurück an der die Constellation direkt vor der Betty auftauchte, doch als er nach seinem Bier griff glitten seine Finger an der noch feuchten Oberfläche des Metalls ab. Fast hätte er es noch geschafft die Dose vor dem Kippen zu bewahren, doch dann rutschte sie über die Kante und schlug klappernd auf dem Kunststoffboden auf, wo sich der Rest des Bieres langsam auf dem Boden verteilte.

 

Fluchend bückte sich Torin um die Dose wieder aufzuheben, doch dabei vergaß er die Aufnahme an der üblichen Markierung zu stoppen. Als er sich mit der verschmierten Dose in der Hand wieder aufrichtete, zuckte es wie ein Stromschlag durch seine Eingeweide als sein Blick ganz zufällig auf die Zeit und die Koordinaten blickte, welche die Blackbox der Betty aufgezeichnet hatte.

 

~Eine Abweichung von fast drei Minuten?~

 

Systemfehler kamen vor, aber sie bewegten sich in der Regel bei wenigen Millisekunden. Sekunden waren die Ausnahme und Glitches im Bereich von Minuten seit vielen Jahren praktisch ausgeschlossen.

Torins Augen verengten sich und er spulte die Aufnahme  erneut zurück.

 

Nach dem vierten Durchlauf war er sicher: Es fehlten Zwei Komma sieben Minuten im internen Speicher der Blackbox. Das kuriose war nur: Es waren 2.7 Minuten die VOR dem Aufprall fehlten.

 

Wer konnte Interesse daran haben die Aufnahme zu manipulieren? Die vermeintlichen Piraten? Kaum. Wenn sie ihre Herkunft hätten verbergen müssen dann hätten sie auch den ganzen Unfall anders arrangieren können. Auf die Blackbox konnte  nur aus dem Innern des Schiffs zugegriffen werden und nur ein erfahrener Programmierer wäre überhaupt dazu in der Lage gewesen die Verschlüsselung zu knacken.

 

Als er die Box gefunden hatte waren die Bordsysteme der Freelancer tot. Der Ausfall war deutlich registriert worden und das konnte eigentlich nur bedeuten dass auch die Manipulation vor dem Aufprall durchgeführt worden sein musste.

 

Aber warum? Und von wem?

 

Lizzy war viel, aber sicher keine Programmiererin.

Seinem Sohn traute er dieses Geschick ebenfalls nicht zu.

Ein Schauer lief ihm über den Rücken, als ein Verdacht in ihm keimte:

 

~Scheiße Bethany. Was zum Teufel hast Du da nur angestellt?~

Bearbeitet von Skybark
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Einfach großartig!

Dein ungezwungener Schreibstil hat mich wirklich faszinert :thumbsup:

Es ist eine Freude deiner Geschichte zu folgen, nach und nach mehr Details zu erfahren und mit den Charakteren zu leiden!

Weiter so, ich freu mich schon tierisch auf die Fortsetzung :woot:

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ich muss dem Monkey da voll beipflichten.  Ich bin richtig neidisch auf deinen Schreibstiel. Ich verstricke mich ganz gerne in details und Formulierungen bis ich mich selber nichtmer auskenn, dein zeug ist so schön ungezwungen und wirkt richtig echt. beide daumen nach oben. ich lese Lizzys geschichte sehr gern, immer weiter so!

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Torin sah die Falten auf der Stirn seines Gesprächspartners trotz der schlechten Videoqualität die sein Mobiglass hier produzierte.

 

„Hast ganz schön abgenommen.“

 

Torin lächelte gezwungen und konterte

„Vielleicht solltest Du es auch mal in der Privatwirtschaft versuchen, Miles. Würde Deiner Wampe nicht schaden.“

 

„Ach leck mich. Was gibt’s denn?“

 

Torin fuhr sich mit der Hand über das unrasierte Kinn, dann sah er kurz zur Decke der Betty die in einem abgelegenen Teil des riesigen Hangars stand und deren Systeme im Standby nur ein mattes Licht auf seine Koje warfen.

„Du hast doch seinerzeit mit Bethany an der Behring gearbeitet.“

 

Miles hob nichtssagend die Schultern „Und?“

 

„Nun… ich weiß nicht so recht wo ich anfangen soll. Als die Waffe nach Odin II geschickt wurde um sie zu testen…“ er hielt inne und überlegte kurz wie er dem Waffentechniker die Informationen die er brauchte entlocken konnte ohne ihm auf die Füße zu treten.

 

„Ich meine – ihr testet die Waffensysteme doch bevor sie in den Live-Test gehen, oder?“

 

„Hier unten? Bist Du bescheuert? Wenn ich das Teil hier abgefeuert hätte wäre mir der Alte mit nacktem Arsch ins Gesicht gesprungen. Und glaub mir darauf verzichte ich lieber.“

 

„Und wie stellt ihr sicher dass die Dinger den Schützen auf Odin nicht um die Ohren fliegen wenn sie zum ersten Mal abgefeiert werden?“

 

Miles lachte und schüttelte den Kopf, was auf Torins Mobiglass von einem starken Ruckeln begleitet wurde.

„Was glaubst Du warum wir die Dinger nach Odin schaffen? Genau damit sie niemandem um die Ohren fliegen oder wenn, dann nur den armen Schweinen die für das Risiko bezahlt werden.“

 

Torin nickte „Das heißt die Waffen sind nicht einsatzbereit bevor sie Odin II erreichen?“

 

Miles´s Finger schoss nach oben und wackelte verneinend hin und her „Neee – DAS hab ich so nicht gesagt. Die Dinger sind fertig montiert und angeschlossen. Der Prototyp auf der Betty war zu einhundert Prozent einsatzfähig. Allerdings…“

 

Torin musste sich zurückhalten um den Techniker nicht anzubrüllen als er in seinen Ausführungen genau an der Stelle inne hielt, die Torin interessierte.“

„Ja?“

 

„Ach nichts.“

 

„Miles. Sei kein Arsch. Was ist allerdings?“

 

„Naja, die Behring war n Elefantenpimmel.“

 

„Äh – wie bitte?“

 

„Na Du weißt schon: Einfach ne Nummer zu dick. Wenn Du die auf der alten Betty gezündet hättest…“ er machte eine Geste mit den Händen die Torin aufgrund einer Bildstörung nicht richtig sehen konnte.

 

„Was wäre dann gewesen? Komm mach´s nicht so spannend, Miles.“

 

„Naja. Entweder hätte es die Energiebänke zerrissen, oder Du hättest zumindest einen Totalausfall gehabt.“

 

Torin schloss kurz die Augen als seine Befürchtungen sich bestätigten.

„Aber das hat Bethany gewusst. Oder?“

 

„Worauf willst Du hinaus, Torin? Beth ist tot. Lass sie in Frieden.“

 

„Miles. Bitte. Sie hat das gewusst. Sie hätte die Waffe nie abgefeuert. Richtig?“

 

Miles seufzte und hob in einer Geste der Ratlosigkeit die Hände „Offen gesagt habe ich keine Ahnung. Die Energieversorgung war mein Part, und ich ging ja immer davon aus dass wir die Betty auf Odin erst einmal neu verkabeln, bevor das Teil in die Live-Tests geschickt wird.“

 

Seine Augen wurden schmal.

„Torin – ich glaube ich ahne auf was Du hinaus willst. Vergiss es. Selbst wenn Bethany die Waffe einem inoffiziellen Test unterzogen hätte, müsste die Blackbox des Schiffes das aufzeichnen. DAS hätte sie auf jeden Fall gewusst und sie war zwar viel aber nicht bescheuert. Ihre Karriere hätte sie dafür sicher nicht riskiert.“

 

Torins Gedanken rasten.

 

~Energie – Überladung – Blackbox…~

 

Es dauerte einen Moment bis er bemerkte dass Miles etwas gesagt hatte.

„Danke Miles. Du hast mir sehr geholfen.“

 

Er beugte sich über das Mobiglass um die Verbindung zu trennen, doch Miles Stimme unterbrach ihn.

 

„Torin? Warte! Torin lass es. Lass sie ruhen. Sie hat nichts Unrechtes getan und selbst wenn sie es gewollt hätte wäre sie nicht dazu in der Lage gewesen die Waffe abzufeuern. Das System war für die Testrange auf dem Eisfeld geriggt. Eine Person bedient die Steuerung und die Waffe, der Rest wird remote gesteuert. Ohne den Piloten…“

 

Torin drückte die Verbindung weg und presste die Augenlider so fest zusammen dass sich Sterne vor seinem Sichtfeld bildeten.

 

~Scheiße…~

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  • 2 Wochen später...

„Hey Torin! Schau was ich gefunden habe!“

 

Stolz trug Elizabeth das kleine runde Glas mit den beiden Ribbon-Fischen vor sich her. Fast wäre es ihr herunter gefallen als sie mit einer Hand die Türe der Betty entriegelte, doch in letzter Sekunde hatte sie die beiden kleinen zukünftigen Haustierchen vor einem zappelnden Ende auf einem ölverschmierten Hangarboden bewahrt.

Sie hörte Torins schwere Schritte, als er aus dem Bad auf sie zukam.

 

„Ich dachte wir können…“

 

Der Schlag traf sie so unerwartet und brutal ins Gesicht, dass sie nicht einmal die Chance hatte zu reagieren. Mit einem Schrei stolperte sie rückwärts, während das Glas ihren Händen diesmal endgültig entglitt, und wie in Zeitlupe in einem großen Bogen an ihr vorbeiflog. Torins kräftige Hand hielt sie jedoch davon ab, das Schicksal des Aquariums zu teilen und hart auf dem Boden aufzuschlagen.

 

Während das Gefäß in tausend Scherben zerbrach und sich die Flüssigkeit die Rampe der Betty hinab ergoss, schnappte Torin sie am Kragen und riss sie so hart zu sich heran dass ihr Genick protestierend knackte.

Erst als sich ihr Gesicht kaum eine Handbreit von seinem befand, setzten der Schmerz und die Realisation dass er sie eben mit voller Wucht ins Gesicht geschlagen hatte ein.

 

„Au?“

 

Doch kaum hatte sie den Mund geöffnet warf er sie auch schon mit einem Wutschrei durch die halbe Kabine. Die Kante des Stockbettes stoppte ihren Sturz unsanft, und kurze Zeit rang Elizabeth darum ihre Besinnung nicht zu verlieren, bevor sich das Bild vor ihren Augen schwankend wieder klärte.

 

„Torin! Was…?“ sie zog schützend die Beine an den Körper als er erneut auf sie zukam, die Hände zu Fäusten geballt und mit einem Gesichtsausdruck der Mord verhieß.

 

„Torin!“ verzweifelt griff sie nach ihrer Waffe, und riss sie aus dem Halfter bevor der ihr körperlich weit überlegene Major a.D. sie erneut in die Mangel nehmen konnte.

 

„Gut. Bring es zu Ende.“ seine Stimme klang völlig fremd in ihren Ohren.

 

Elizabeths Gedanken rasten.

 

~Was ist in ihn gefahren? Ist mein Kiefer gebrochen? Was meint er mit zu Ende?~

 

„Torin! Beruhig Dich verdammt noch mal!“

 

Sie hatte die Waffe auf seine Brust gerichtet, und schob sich nun langsam an der Seitenwand der Koje nach oben, ohne ihn jedoch aus den Augen zu lassen.

 

„Los hinsetzen.“

 

Einen Moment zögerte er, und seine Fäuste öffneten uns schlossen sich immer wieder mit einer Kraft, die die Fingerknöchel laut hörbar knacken ließ.

 

~Wenn er die jetzt um meinen Hals geschlossen hätte wäre ich so tot wie die beiden armen Fische. Scheisse!~

 

Dann jedoch schien urplötzlich alle Luft aus ihm zu entweichen, und wie ein nasser Sack sank er auf die untere Koje.

 

„Warum, Lizzy?“

 

„Was warum?!“ so langsam wurde es ihr zu bunt, und so wurde ihre Stimme auch deutlich lauter als sie sich nun vom Bett wegbewegte, ohne jedoch die Waffe zu senken.

„Spinnst Du eigentlich?!“

 

Mit der linken Hand fühlte sie ihren Kiefer, und zuckte schmerzerfüllt zusammen als ihre Finger die Stelle berührten an der er sie erwischt hatte.

 

„Was hast Du getan?“

 

„WAS?! Ich… Die Fische… Torin! Du tickst aus weil ich weg war?!“

 

Der nun völlig ins Leere starrende Torin winkte kopfschüttelnd ab. Seine Schultern hingen kraftlos nach unten und sein Blick sank auf seine Füße, als hätte er nicht einmal mehr die Kraft den Kopf zu heben.

 

„Nein. Was hast Du getan als Du den Prototypen abgefeuert hast? Warum Lizzy? Hat Bethany Dich überredet? Du warst die Pilotin, Liz. Du hattest die Verantwortung. Warum hast DU mich belogen?“

 

Eine Gänsehaut ließ sich die feinen Härchen an ihren Unterarmen aufrichten und trieb ihr einen Schauer über den Rücken.

„Was… ich verstehe nicht.“

 

Jetzt hob sich sein Blick, und seine Augen funkelten voll abgrundtiefem Hass.

„Doch, Lizzy. Du weisst genau wovon ich spreche. Ihr habt die Behring abgefeuert. Und Bethany hat die Blackbox manipuliert.“

 

Seine ohnehin schon kalte Stimme wurde noch eine Nuance kühler.

 „Du hast meinen Sohn getötet.“

 

Elizabeths Hand sank langsam hinab, während sie versuchte zu begreifen was Torin ihr da eben vorgeworfen hatte.

„So ein Unsinn Torin!“ doch ihre Worte wollten sie selbst nicht wirklich überzeugen.

War es so gewesen?

 

Bis heute war ihre Erinnerung nicht vollständig zurückgekehrt, doch auf seltsame Art schienen Torins Worte eine bekannte Glocke zu läuten.

„Ich… nein. Warum sollten wir…“ sie brach mitten im Satz ab und sank nun an der dem Bett gegenüberliegenden Wand in die Hocke.

„Ich kann mich nicht erinnern, Torin.“ Sie kniff die Augen zusammen und presste die Handballen an die Schläfe, den kalten Griff der Waffe und ihren schmerzenden Kiefer ignorieren.

 

„Das behauptest Du seit dem Unfall, Elizabeth.“

 

~Bethany hat davon gesprochen. Ich erinnere mich dass sie davon gesprochen hat! Aber wir hätten doch nie wirklich… Oder doch?

Mein Gott habe ich tatsächlich seine Familie auf dem Gewissen? Ich dachte der Alptraum wäre vorüber und nun beginnt der ganze Mist von Vorne? ~

 

Erschrocken fuhr sie zusammen als es laut klapperte, doch es war nur die Waffe die ihr aus der zitternden Hand geglitten war.

 

„Du konntest das andere Schiff nicht sehen Lizzy. Du konntest es nicht sehen weil es nicht auf dem Radar war.“ Seine Stimme wurde schärfer als er fortfuhr

„Und weißt Du WARUM? Weil der beschissene Radar AUSSER BETRIEB WAR! WEIL IHR MIT EUREN SCHEISS EXPERIMENTEN FAST DAS GANZE SCHIFF IN DIE LUFT GEJAGT HABT! Und als die System wieder hochfuhren sprang dieser Unglückspilot mitten in Eure Bahn.

Ja Lizzy! Denk mal drüber nach! DER konnte Euch nämlich AUCH nicht sehen, weil auch Eure Ortungs- und Kommunikationssysteme im Arsch waren und erst langsam wieder hochfuhren!“

 

„Nein!“ Elizabeth schüttelte heftig den Kopf, und presste die Hände noch fester vors Gesicht.

„NEIN!“

 

Sie hörte wie Torin sich von der gegenüberliegenden Koje erhob und auf sie zuging.

 

Durch die Tränen und die Finger erkannte sie die Kuppen seiner schweren Stiefel, und rechnete damit dass er sie nun damit treten würde um ihr den Rest zu geben.

 

Dann erschien kurz seine Hand in ihrem Blickfeld und einen Moment hoffte sie dass er ihr wie damals im Krankenhaus über die Wange streicheln würde, doch er griff an ihr vorbei und hob die Waffe auf die sie hatte fallen lassen.

 

Ihre Gedanken beruhigten sie plötzlich, und nur das gelegentliche Aufbäumen ihres Körpers unter einem unkontrollierten Schluchzen zeugte von der Gefühlsflut, die in ihr tobte.

 

~Bitte lass ihn abdrücken. Ich will nicht mehr! Ich KANN nicht mehr. Lass es zu Ende sein.~

 

Sie konnte förmlich spüren wie Torin innerlich mit sich rang, dann hörte sie wie seine schweren Schritte sich von ihr abwandten, knirschend das zerbrochene Glas des Aquariums unter sich begruben und sich die Rampe hinunter von ihr entfernten.

 

Leise weinend kippte sie zur Seite, die Beine noch immer in Fötushaltung an den Körper gezogen und Torin dafür verfluchend dass er die Waffe mitgenommen hatte.

Bearbeitet von Skybark
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  • 5 Monate später...

Ziellos und mit der Waffe noch in der Hand wanderte Torin über Cathcart, die verwunderten Blicke gar nicht bemerkend die ihm folgten.

So konnte es nicht weitergehen. Bethanys Geist schien bei allem was er tat gegenwärtig zu sein, und Lizzy ging es ganz offensichtlich keinen Deut besser.

 

<Fuck!>

 

Er donnerte die Handfeuerwaffe hart gegen die Wand eines Geschäfts welches er gerade passierte, und hätte sich fast von dem empörten „Hey!“  des Ladenbesitzers dem das Etablissement gehörte zu einem Streit provozieren lassen.

Doch das hätte nur zu weiteren Problemen geführt, und davon hatte er schon mehr als genug.

Entschuldigend hob er die Hand und steckte die Waffe weg, was dem Besitzer offenbar genügte, denn er wandte sich brummend ab und widmete sich wieder seinen Tätigkeiten.

 

<Ich hätte Lizzy nie mitnehmen dürfen! Hätte nie nachgeben dürfen, doch irgendwie dachte ich sie würde mir helfen über Betty hinwegzukommen. Ha! Ich Idiot! Nicht nur dass sie mich jeden Tag daran erinnert was passiert ist, nein – es scheint sie selbst mehr zu quälen als mich!>

 

Er blieb einen Moment stehen, holte tief Luft und strich sich mit der Hand über das Gesicht, als würde ihm diese Geste helfen wieder klarer zu sehen.

 

„Auf der Suche nach Gesellschaft, Süßer?“

 

Verwirrt fuhr Torin herum, als sich eine Hand auf seine Hüfte legte. Er blickte in das Gesicht einer nicht mehr ganz jungen Frau, die schnell ihre Hand zurückzog und unsicher einen Schritt zurück wich, als sie Torins düstere Miene sah.

„Schon gut, schon gut. Entschuldige!“ schnell wandte sie sich um und verschwand in der Menge.

Torin blickte ihr noch einige Sekunden hinterher, dann schüttelte er langsam den Kopf. Nicht über die plumpe Anmache der Straßenhure sondern über sich, über Lizzy, die Situation im Speziellen und die Welt im Allgemeinen.

 

<Verfickte Scheiße. So geht das nicht weiter. Sie hat mich angesehen als hätte sie bereits mit allem abgeschlossen. Warum habe ich die Waffe mitgenommen? Weil ich Angst hatte sie würde sich damit den Rest geben! Doch hatte ich dazu das Recht?>

 

Seine Finger ertasteten das kalte Metall des Blasters, und einige Momente spielte er selbst mit dem Gedanken, sich hier mitten unter al diesen Fremden Menschen einfach die Birne wegzupusten.

<Würde aber auch nichts helfen. Lizzy würde es noch beschissener gehen  und außer dem armen Kerl der meine Blutlache wegputzen müsste hätte morgen jeder vergessen was hier passiert wäre.>

 

Er drehte sich langsam im Kreis, und wurde dabei einige Male von Passanten angerempelt die murrend an dem menschlichen Hindernis vorbeiströmten.

 

<Vergänglich. Jeder von denen meint er wäre ach so wichtig, doch was sie alle vergessen ist dass die Welt sich weiterdreht wenn sie den Löffel abgeben. Am Tag danach stehen alle anderen auf, gehen zur Arbeit, und versuchen die Angst davor dass sie der nächste sein könnten zu verdrängen.

Scheiße vielleicht bin ich total im Arsch, vielleicht schaffe ich es nie über Betty hinweg zu kommen, aber Lizzy hat etwas Besseres verdient.>

 

Erneut saugte er die Abendluft in seine Lungen, genoss die verschiedenen Düfte nach gebratenem Fleisch, Gewürzen, Öl Schweiß und – Gott weiß woher – irgendwelchen ihm unbekannten Blumen.

Er straffte die Schultern, schob die Waffe wieder etwas tiefer in die Tasche und zog den Mantel enger um sich. Dann machte er sich auf den Weg zurück zur Freelancer, in der Hoffnung dass sich Elizabeth zwischenzeitlich wieder etwas in den Griff kommen hätte.

 

Es dauerte länger als erwartet bis er den Hangar erreichte, die auf Cathcart recht laxe Kontrolle hinter sich hatte und sich seinem Schiff näherte.

 

<Das Mindeste was ich für sie tun kann: Ihr helfen zu vergessen und nicht ein noch größerer Arsch zu sein als ich es früher war.

Sie versucht es ja auch! Herrje sie hat sogar einen verfluchten Fisch angeschleppt! Was bin ich nur für ein böder Wichser, dass ich ihr jede Hoffnung nehme?

Was sie getan hat war falsch.

Leichtsinnig, draufgängerisch und falsch.

Doch genau diese Eigenschaft habe ich am Meisten an ihr bewundert. Lebe den Tag als wäre es Dein letzter!

Wenn es stimmt dass sie die Waffe abgefeuert haben, dann war ich es der Bethany dazu gebracht hat es zu versuchen.

Wie oft lag ich ihr in den Ohren und habe ihr vorgehalten wie konservativ und steif sie ist?

Und dann, als sie anfing sich zu ändern... war es bereits zu spät für uns.

Sie wusste es. Hat es akzeptiert. Irgendwie hat sie es geschafft zu mir zu halten obwohl sie WUSSTE dass sie mich bereits verloren hatte.

Sie mochte Lizzy und Lizzy mochte sie. Betty hätte nie gewollt dass es so endet.>

 

"Mach sie glücklich." hatte sie einmal gesagt, als sie ahnte dass Torin sie betrogen hatte, und auch wenn sie nicht wusste mit wem - es hätte nichts geändert.

 

Kurzzeitig spielte ein Lächeln um seine Lippen, als unerwartet Hoffnung in ihm keimte.

 

<Sie hätte gewollt dass wir glücklich sind. Natürlich hätte sie das gewollt.

Und selbst wenn ich es nicht schaffe - vielleicht gelingt es mir wenigstens Lizzy zu helfen, und sie eine Spur glücklicher zu machen.>

 

Zwischenzeitlich hatte er die Freelancer erreicht und berührte den biometrischen Scanner, woraufhin sich die Fronttüre zischend  zur Seite schob.

 

Sein Lächeln gefror auf seinen Lippen als er die Rampe hinaufblickte und direkt über sich Lizzys frei pendelnde Füße bemerkte, die durch den Luftzug einen sanften Halbkreis nach links beschrieben und sich dann ebenso langsam wieder zurück drehten.

Mit einem Schrei des Entsetzens stürzte er die wenigen Stufen hinauf, immer gleich drei auf einmal nehmend, und stemmte seinen Körper unter den seiner Partnerin, um das Seil das sich bereits fest um ihren zarten Hals gezogen hatte zu lockern.

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