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Cypher

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Blogbeiträge von Cypher

  1. Cypher
    XII.



    Planet Aratea

    Petrov zuckte leicht zusammen und schlug die Augen wieder auf. Er musste für einige Minuten weggenickt sein.
    Zu seiner Überraschung war alles um ihn herum von einer weißen Schicht bedeckt, er selbst ebenso. Was er im ersten Augenblick noch für Schnee hielt, stellte sich jedoch schnell als Ascheregen heraus.
    Dennoch kam er nicht umhin, dem treiben gebannt zu zuschauen. Fast wie Schneeflocken, dachte er sich und streckte ein wenig die Hand aus. Alex hatte Schnee geliebt.
    Hart ließ er seine Faust auf die Tischplatte krachen, als er für einen kurzen Moment erneut vom aufbrandenden Zorn erfüllt wurde. Wäre ich doch nur eher bei ihr gewesen...
    Bevor er den Gedanken weiterspinnen konnte, hörte er auf einmal Stimmen. Menschliche Stimmen.
    Stumm starrte er in die ungefähre Richtung, glaubte er zuerst noch daran sie sich einzubilden. Als jedoch eine Gestalt aus dem Schatten trat, stockte ihm der Atem.
    "...sag doch, ich hab was gehört."
    "Mich wunderts dass du überhaupt noch was hören kannst, nachdem der Panzer neben dir in die Luft geflogen ist.", sagte jemand heiser.
    "Was?" - "Tz... Vergiss es."
    "Labert gefälligst nicht so viel rum und schaut euch lieber um.", wurden sie unterbrochen und danach wurde kein Wort mehr gewechselt.
    Ingesamt waren es also drei, dachte Petrov sich. Woher auch immer sie kamen, sie waren bewaffnet wie er im spärlichen Licht sehen konnte. Aber er sah kein UEE Abzeichen, was ihn hoffen ließ.
    "Hey, wer-", wollte er schon anfangen, das stellte sich jedoch schnell als absolute Scheißidee heraus.
    Einer von denen hob erschrocken seine Waffe und ballerte blindlings los. Das Petrov nicht sofort niedergemäht wurde lag wohl an einer gehörigen Portion Glück, als auch daran, dass der Schütze von dem Rückstoß selbst zu Boden geworfen wurde. Eins der Stuhlbeine wurde dennoch abgesprengt, so dass rücklings im Dreck landete und schmerzhaft mit dem Hinterkopf aufschlug.
    "Verflucht nocheins, Junge hör auf zu schießen!"
    Abrupt endete der Krach und bis auch das letzte Echo verklang.
    "Was ist in dich gefahren?" - "Ich... Ich dachte er wäre einer von denen." - "Achja? Wann hat das letzte mal einer mit dir gesprochen, hm?"
    Petrov versuchte sich gerade wieder aufzurichten, als er hörte wie sich Schritte näherten. Jemand griff nach seinem Arm und zog ihn wieder hoch.
    "Scheint ja noch alles an dir dran zu sein... Ich wusste gleich dass das schief geht, aber auf mich wollt ja wieder mal keiner hören."
    Nachdem Petrov sich den Schmutz aus dem Gesicht gewischt hatte, sah er vor sich einen alten Mann stehen. Mit all den Falten und grauen Haaren erinnerte er ihn sofort an seinen eigenen Großvater.
    Sein Blick glitt zu den beiden anderen hinnüber, einer mir aschfahlen Gesicht auf dem Boden sitzend, der andere hielt zitternd sein Gewehr fest, wagte es jedoch nicht ihm direkt in die Augen zu sehen. Keiner der beiden war älter als sechzehn.
    "Soll das ein Witz sein?", rutschte es ihm raus. Nach allem was passiert war, wäre er fast von einem Kind erschossen worden. Absurd.
    "Glaub es oder nicht, kein Respekt vor dem Alter heute. Naja, mit wem habe ich die Ehre?"
    "Hm..? Achso, Petrov."
    "Freut mich Petrov, also ich bin Jakob und das sind-"
    "Warte, warte! Wo zum Teufel kommt ihr überhaupt her? Wie kann es sein das du mit diesen beiden Stümpern hier, überhaupt noch am Leben bist? Ich dachte ich wäre der letzte hier..."
    Die freundlich Miene bekam einen Bruch und Jakobs Lippen verwandelten sich zu einem winzigen Strich.
    "Wir sind von Ilios hergekommen, nachdem sie angegriffen hatten. Wir dachte hier wäre es vielleicht besser..."
    "Ilios? Das ist zwei Tage entfernt, mindestens. Wie lange ist der Angriff her?" Verdammt, wie lange hab ich da gesessen?
    "Drei Tage, glaube ich. Wir sind seit gestern in der Stadt... und du bist einer der wenigen die wir in diesem Schlachthaus lebendig gefunden haben."
    Petrov schluckte. Also doch, dachte er sich. Kalter Schmerz zog sich in seiner Brust zusammen.
    "Frag ihn ob er weiß, ob sie gelandet sind.", traute sich nun einer der Jungen zu sagen.
    "Ja, ja, immer mit der Ruhe.", wies Jakob ihn zurecht.
    "Sag schon, wovon redet er da?"
    "Vor ein paar Stunden haben wir ein Schiff von der UEE am Himmel gesehen..."
    "Und von denen erhofft ihr euch nun Hilfe?", er konnte ein trockenes Lachen nicht verhindern. "Die werden keine deut besser sein, dass könnt ihr mir glauben..."
    "Du hast welche getroffen? Wo sind sie?"
    Petrov schwieg einen Moment, bevor er bitter weiterredete.
    "Tot... wenn es nach mir ginge. Haben sich aber aus dem Staub gemacht, nachdem sie einen riesigen Haufen Scheiße hinterlassen haben."
    Das war eindeutig etwas, was die beiden Jungen nicht hören wollten. Verblendete Bengel... Jakob sah ihn ebenfalls zweifelnd an, stand er wohl mit seiner Meinung allein da.
    "Mag sein, wir waren nicht dabei... aber wir könnten trotzdem deine Hilfe gebrauchen."
    "Meine Hilfe? Wenn dir jemand beim gehen helfen soll, frag einen der beiden da."
    Verärgert blinzelte Jakob ihn an. "Wir sind nicht alleine hergekommen. Vor der Stadt sammeln sich langsam immer mehr, es sind inzwischen bestimmt ein paar Hundert. Jede helfende Hand ist gern gesehen."
    "Hundert, was?", Petrov grinste ironisch. "Um dann zurück in die Geborgenheit der UEE zu flüchten, ja? Ich sehs schon vor mir wie das ganze System zu kreuze kriecht und seine Unabhängigkeit einfach im Dreck zum verrecken zurücklässt. Wirklich ein toller Plan."
    Er bemerkte, dass er sich immer unbeliebter bei dem Alterchen machte, doch scherrte ihn das nicht. Er hatte genug von solchen Leuten, die sich immer den einfachsten Weg aussuchten.
    "Wie siehts in Ilios aus, steht da noch was um vom Planeten zu kommen?"
    Für einen Moment glaubte er, man würde ihm gar nicht mehr antworten.
    "Möglich. Als wir von dort weg sind, standen noch einige Maschinen unbeschädigt an ihren Plätzen."
    Mit nicht mehr als einem Nicken, bedankte er sich stumm und stapfte auf die beiden Jungen zu. Neugierig schaute sie ihm zu, wie er anfing zwischen dem Schutt herumzuwühlen und etwas hervorzog. Einen kleinen Gegenstand in der Hand haltend, wischte er ihn vorsichtig an seiner Hose ab.
    "Was hast du jetzt vor?", ließ sich einer der beiden hinreißen.
    Was ich jetzt vor habe? Oh, eine gute Frage...eine sehr gute Frage...
    "Weißt du, die letzten Tage hat der Tod versucht mich unzählige Male zuholen. Doch er ist gescheitert und hat dabei einen entscheidenen Fehler gemacht..."
    Seine Augen wanderten zwischen den Ruinen hin und her, bis sein Blick an dem Jungen hängen blieb.
    "Er hat sein wahres Gesicht zur Schau gestellt. Etwas das man bekämpfen kann."
    Ungefragt griff er sich das am Boden liegende Gewehr und machte sich auf in Richtung Ilios.
    Noch bevor einer der Jungs ihm nachrief, wurden sie von Jakob zurückgepfiffen.
    "Lasst ihn gehen, es würde nichts nützen."
    "Was... was genau hat er damit gemeint, etwas das man bekämpfen kann?"
    Jakob wusste genau was er gemeint hatte. Und es gefiel ihm ganz und gar nicht.
    "Das würdet ihr nicht verstehen, Jungs."
  2. Cypher
    V.

    Begleitet von immer wieder aufbrandeten Gefechtslärm schlug Petrov sich durch die Stadt, oder das was davon noch übrig war. Unablässig kratzten Schutt und Rauch in seiner Lunge und ließen ihn kaum zu Atem kommen. Selbst das notdürftig angelegte Tuch half nur wenig.
    Etliche Häuser brannten unkontrolliert nieder, da niemand mehr da war um sie zu löschen. Einige waren auch schon unter der Last der Angriffe zusammengebrochen.
    Wer konnte war geflohen, der Rest hatte sich in kleine Löcher verkrochen in der Hoffnung auf baldige Rettung. Doch die ausgebrannten Raumschiffwracks, die ab und zu seinen Weg kreuzten ließen ihn beträchtlich daran zweifeln. Alles was fliegen konnte, wurde vom Himmel geholt.
    Als Petrov um eine Ecke bog, flog er plötzlich der Länge nach hin. Angewidert spuckte er den Dreck aus seinen Mund und rappelte sich wieder auf. Er brauchte sich gar nicht erst umzudrehen, um zu wissen worüber er gestolpert war.
    Überall fanden sich Leichen, hatten die Vanduul doch vor kurzem damit begonnen Jagd auf die Menschen zu machen, als wären sie nichts weiter als Vieh. Ihre Miliz war dabei nur ein Tropfen auf den heißen Stein gewesen, hatten sie die Verteidigung doch innerhalb von Minuten überrannt. Einige versprengte Einheiten irrten zwar noch durch die Straßen, wurden aber nach und nach aufgerieben. Ungehindert wütenden die Vanduul nun in der Stadt.
    Ihm war schnell klar geworden, dass dies nicht einfach nur ein kleines Überfallkommando war. In dieser Größenordnung kam es schon eher einer Invasion gleich.
    Bisher war es ihm jedoch erspart geblieben zwischen die Fronten zu geraten oder von den Vanduuls aufgespürt zu werden. Nicht mehr lang und er würde seinen Truck erreichen, dann konnte er endlich seine Schwester hier rausholen. Niemals würde er sie in dieser Hölle zurücklassen.
    Vor sich hörte er auf einmal leise Schritte und Getuschel. Kurzerhand entschied er sich durch einen Vorgarten abzukürzen. Schnell sprang er über den Zaun und schlug herumhängende Wäsche aus dem Weg, als er auf einmal mitten im Lauf gegen eine Wand knallte. Stöhnend landete er auf dem Rücken.
    Nur das es sich leider nicht um eine Wand handelte, vielmehr um ein Bein. Von einem Vanduul.
    "Fuck...", langsam kroch er rückwärts, in der Hoffnung nicht bemerkt worden zu sein.
    Vergeblich. Der Kopf ruckte zu ihm herum und die Augen glitzerten ihn mordlüstern an.
    Petrov zog eine Pistole hervor, die er zuvor einem toten Soldaten abgenommen hatte und zielte. Zwar hatte er noch nie eine Waffe abgefeuert, aber aus dieser Entfernung konnte er unmöglich verfehlen. Unter lautem Getöse gab er mehrere Schüsse ab.
    Der gepanzerte Riese ließ sich dadurch aber nicht einen Moment aus der Ruhe bringen. "Verreck endlich, du Mistvieh!" Zu seinem entsetzten musste er aber mit ansehen, wie jede Kugel wirkungslos an der Rüstung abprallte. Höhnisches Lachen erklang unterdessen hinter dem Gesichtsschutz hervor, sofern man das Grunzen denn als solches identifizieren konnte. Verzweifelt suchte er nach einem Weg seinem Schicksal zu entgehen, während der Vanduul sein rituelles Messer zückte und immer näher kam.
    Verdammt, ich kann hier noch nicht abkratzen, nicht ohne-
    Eine grelle Explosion stach ihm in die Augen, geblendet musste er sich abwenden. Enorme Hitze flutete über ihn hinweg, während er nur noch ein ohrenbetäubendes piepen hören konnte. Als es jedoch kurz darauf abebbte, brach ein wahres Chaos an Geräuschen über ihn herein.
    Wütende Schreie von Vanduuls, bruchhaftes Gewehrfeuer und menschliche Flüche vermischten sich miteinander und waren das letzte was er mitbekam, bevor er auch schon von irgendetwas schweren getroffen wurde. Ohne es verhindern zu können, wurde er auch seiner letzten Sinne beraubt.
    In hohem Bogen segelte die Granate zwischen die überraschten Vanduuls, welche sofort wie ein aufgeschreckter Vogelschwarm auseinander stoben. Dumpf krachte es.
    "Zwei weniger!", rief Roke spottend und schickte noch ein paar ungezielte Salven hinterher.
    Logen hatte sich bei einem stehengelassenen Auto in Deckung begeben und blickte über die Karosserie zu ihrem Gegner.
    Dies war jetzt der letzte Sammelpunkt den sie passierten, in der Hoffnung noch jemanden aus ihrer Einheit zu begegnen. Doch die Rotte Vanduuls die sich dort festgesetzt hatte, ließ nicht viel Raum für Spekulationen. Wären da nicht plötzlich Schüsse aus deren Reihen erklungen, hätten sie wohl einen großen Bogen um diese gemacht. Vielleicht waren sie ja doch nicht die letzten.
    Klagend sprang die Alarmanlage eines Autos an, als die Geschosse nur knapp an Roke vorbeizogen.
    "Daneben!", brüllte Roke über den kleinen Platz, "War das etwa schon alles, ihr verdammten Viecher?!"
    Schon machten sich die ersten daran, wütend aus ihrer Deckung zu stürmen, wurden aber schnell eines besseren belehrt. Mündungsfeuer blitzte über die ungeschützte Flanke auf und riss zwei der Vanduuls ins Verderben. Unordnung brach aus, als Lucy und Roke ihr Feuer verstärkten. Ein animalischer Schrei ausstoßend ging ein weiterer Vanduul zu Boden.
    Logen nutzte sofort den Moment der Ablenkung um sich ungesehen über die Deckung zu schwingen. Stück für Stück kam er seinem Ziel näher.
    Sich freiwillig auf einen Nahkampf mit einem Vanduul einlassen? Für die meisten glatter Selbstmord, für ihn jedoch schon eine längst bekannte Herausforderung. Wenn auch nicht ohne Risiken.
    Wirklich eine große Wahl hatte er aber ohnehin nicht, neigte sich ihre Munition doch langsam aber sicher dem Ende zu. Auf einen einzelnen Attentäter oder eine kleine Gruppe von Angreifern wären sie vorbereitet gewesen, aber das? Hätte er jeden Vanduul erschossen der ihnen bisher begegnet war, hätte er schon nach zehn Minuten keine Kugeln mehr gehabt.
    Als er nah genug war, stieß sich kraftvoll ab und schlitterte über eine Motorhaube hinweg, den Finger am Abzug. Der erste Vanduul war tot, noch bevor er den Boden berührte.
    Sein plötzliches auftauchen ließ die übrigen zwei nur für einen Augenblick zögern, doch das reichte bereits aus. Dem nahestehendsten fuhr das Bajonett zwischen die Panzerplatten, bis es zur Gänze darin verschwand.
    Wutentbrannt brüllte der ihn an, sodass ihm stinkender Speichel entgegen flog. Anscheinend hatte er genau die richtige Stelle getroffen.
    Als er sah wie der Vanduul sich anschickte seine Waffe zu heben, drehte er das Gewehr leicht gegen den Uhrzeigersinn und drückte ab. Er ließ sich vom Rückstoß tragen und setzte sich mit einer Drehung vor den Vanduul, sodass der zweite Schütze kein freies Schussfeld mehr hatte. Begleitet von einem hässlichen knacken, traf der Kolben seines Gewehrs auf den Unterkiefer. Benommen durch die Wucht des Aufpralls, ließ er seine Deckung sinken.
    Es dauerte keinen Atemzug, bis Logens Klinge durch die Kehle ins Gehirn eintrat. Ein letztes zucken durchfuhr ihn noch, dann brach er leblos zusammen.
    "Du tötest niemanden mehr...", sagte Logen leise, während er beobachtete wie langsam das Leben aus seinen Augen wich.
    Einem inneren Reflex folgend, warf er sich hinter einen Müllcontainer. Zwar verlor er seine Waffe aus den Händen, machte so aber dem Tod erneut einen Strich durch die Rechnung. Logen konnte hören wie die Geschosse hinter ihm an einer der Häuser zerbarsten, bis er das unverkennbare klicken eines leeren Magazins vernahm. Deutlich vernahm er das fluchen des Vanduuls.
    Ohne lange zu überlegen, stürzte er zu seiner Waffe. So leicht wollte es ihm sein Widersacher jedoch nicht machen und zog blitzschnell sein rituelles Messer hervor.
    Mit mehr Glück als Verstand riss er im letzten Augenblick noch sein Gewehr hoch um den tödlichen Stoß abzufangen, wurde aber von der rohen Kraft des Vanduuls in die Knie gezwungen.
    Das Maul zu einem grässlichen Zähnefletschen verzogen, kam dessen Messerspitze immer näher. Lange würde er das nicht durchhalten.
    Fieberhaft überschlugen sich seine Gedanken, als ihn plötzlich ein Tritt vor die Brust traf. Die Wucht dahinter war enorm und so wurde er über die ganze Straße geschleudert, wo er schließlich in dem kleinen Abwasserkanal landete.
    Statt aber auf harten Beton zu treffen, war der Grund weich und uneben. Für einen Moment dachte er schon er wäre gestorben, das schmerzhafte Brennen auf seiner Brust trieb ihm den Gedanken aber schnell wieder aus. Vorsichtig setzte er sich auf, doch ließ sich in der Dunkelheit des Lochs nichts erkennen. Vom Vanduul fehlte auch jede Spur.
    Stattdessen hörte er Schüsse und heisere Befehle durch die Nacht hallen, was hieß das Lucy und die anderen noch in Kämpfe verstrickt waren. Immerhin.
    Mühsam versuchte er sich wieder hochzustemmen, tastete blind nach dem erstbesten Halt. Seine Hand zuckte aber umgehend zurück, als er merkte nach was er da gegriffen hatte. Irgendein armes Schwein war wohl schon vor ihm hier hineingerutscht und er hatte ihm ausgerechnet ins Gesicht fassen müssen. Angewidert wischte er sich die Hand an der Hose ab.
    In der Ferne flammte plötzlich eine Explosion auf und erhellte für einige Sekunden die Szenerie. Logen erstarrte.
    Leichen. Überall. Der ganze Kanal war voll von ihnen. Soldaten, wie Zivilisten in tödlicher Umarmung vereint. Einige hatten unaussprechliche Verstümmelungen, andere wirkten als wären sie erst vor kurzem dem Tod übergeben worden. Es sah aus als wären sie wie Vieh zur Schlachtbank getrieben worden. Ihm wurde speiübel.
    Er musste hier raus. Sofort. Die toten Körper versperrten ihm den Weg, es gab keine andere Möglichkeit als über sie hinwegzuklettern. Männer, Frauen... und Kinder.
    Als er sich schließlich auf die Straße geschleppt hatte, konnte er wieder einigermaßen durchatmen. Doch sobald er die Augen schloss, sah er sie erneut vor sich. Keuchend kamen ihm die Tränen, diese maßlose Gewalt war zuviel.
    Erst als Logen spürte wie er angestarrt wurde, erhob er sich wieder. Es war der Vanduul, welcher immer noch an derselben Stelle stand wie zuvor. Emotionslos und verständnislos blickten ihn die Augen an, so als wären sie sich keiner Schuld bewusst. War es wirklich Hass der die Vanduuls so handeln ließ?
    Seine eigene Frage, wurde jedoch sogleich wieder von den Bildern aus dem Kanal überschattet. "Verdammte Monster..." Er würde ihnen zeigen was Hass war.
    Entschlossen richtete er sich wieder auf, das Bajonett in der Rechten.
    "Na los.... komm schon!"
    Schon setzte sich die massige Gestalt in Bewegung, schneller als er gedacht hatte. Logen suchte sich einen festen Stand, um ihn gebührend zu empfangen. Doch kurz bevor er in Reichweite war, durchzog plötzlich ein Knall die Luft. Taumelnd wurde sein Gegner immer langsamer, bis er vor seinen Füßen wie ein nasser Sack auf den Boden klatschte.
    "Nein..."
    Ratlos schaute er auf den Toten, dessen Hinterkopf nun ein klaffenden Loch zierte. Ein perfekter Kopfschuss. Woher..?
    Im selben Moment schälte sich Lucys Gestalt aus der Dunkelheit und kam auf ihn zu.
    "Wolltest du dich umbringen?", sprach sie ihn verwurfsvoll an.
    "Ich hätte-"
    "Ich weiß was du kannst!", schnitt sie ihm das Wort ab, bevor sie etwas ruhiger fortfuhr, "....wieso hast du die nicht gezogen?"
    Sein Blick wanderte zu seinem Gürtel, an dem seine entsicherte und voll aufgeladene Pistole hing.
    "Dazu war keine Zeit mehr.", gab er grummelnd zur Antwort.
    Sie lächelte ihn an während sie näher kam, aber es lag keinerlei Freude darin.
    "Du machst mir nichts vor...du hättest ihn erwischen können, du bist schnell genug. Was sollte das? Was, wenn er dich erwischt hätte?"
    Beide standen sie sich nun gegenüber, nur noch die Leiche zwischen ihnen.
    "Du hast mir was versprochen, schon vergessen?"
    Das Leder seines Handschuhs knarrte protestierend, als sein Griff um das Bajonett immer fester wurde.
    "Du hast es nichts gesehen...", brachte er nur mühsam hervor.
    "Erzähl mir kein Scheiß, ich weiß was ich gesehen hab!", machte Lucy ihren Zorn Luft.
    "Nicht das! Da unten war-"
    Etwas schlug plötzlich in der Häuserreihe keine hundert Meter entfernt von ihnen ein und ließ einen wahren Trümmerregen entstehen. Einem Reflex folgend warfen sie sich sofort zu Boden. Schon zischten die ersten Schüsse aus mehreren Richtungen heran.
    Logen sah sich um, während er aufsprang und mit Lucy zu den anderen rannte. Der Panzer eines Miliztrupps war um eine Häuserecke gebogen und deckte die Straße mit Feuer ein. Vom anderen Ende der Straße, folgte kurz darauf die brachiale Antwort. Vanduuls kamen aus der immer noch anhaltenden Schuttwolke hervor, dahinter konnte er noch die schemenhaften Umrisse eines ihrer Panzer ausmachen.
    Dessen nächster Schuss ließ den Panzer der Miliz wie eine überreife Frucht platzen. Die armen Schweine hatten keine Chance.
    Als sie bei Roke ankamen, hatte der sich irgendjemanden über die Schulter gehängt. Einen Moment befürchtete Logen schon, es wäre Viktor, der stand jedoch einige Schritte daneben.
    "Wer ist das?!", rief er über den Gefechtslärm hinweg.
    "Keine Ahnung! Lag unter dem toten-"
    "Schnauze! Wir können auch noch später klären wer das ist. Wir hauen hier erstmal ab!"
    Keiner beschwerte sich, wollte doch niemand mit den Soldaten eingekesselt werden. Für die war es hoffnungslos.
    Nicht das sie es nicht versucht hätten. Zuerst hatten sie sogar noch versucht sich den Truppen der Miliz anzuschließen und den Rest ihrer Einheiten wiederzufinden. Aber überall herrschte totales Chaos. Die schiere Größe des Angriffs hatte die ganze Kommandostruktur praktisch kollabieren lassen. Als keine Befehle mehr durchkamen, griff Verwirrung und Panik um sich, die sowieso schon ihren Höhepunkt erreicht hatte. Und so fing jeder nach und nach an, nur noch für sich selbst zu kämpfen.


    VI.

    Mit brummendem Schädel erlangte Petrov wieder das Bewusstsein. Er blinzelte ein paar Mal bevor er sich an das schummrige Licht gewöhnt hatte.
    Ein Plakat vom Murray Cup war das erste was ihm auffiel. Passenderweise musste er an Fred denken, war der doch früher mal dort mitgeflogen, wenn er sich nicht irrte. Ob der es vielleicht rausgeschafft hat? Auch wenn sein Essen der letzte Dreck war, hoffte er es.
    Als er sich genauer umsah, bemerkte er das er sich in einen kleinen Feinkostladen befand. Während er dort so am Verkaufstresen gelehnt saß, besah er sich des Durcheinanders. Nur wenige Regale standen noch und überall lag Essen auf dem Boden verteilt. Wie war er hier nur hingekommen?
    Mit schmerzenden Knochen richtete er sich schließlich auf. Ihm war es egal, immerhin konnte er nun weiter nach seiner Schwester suchen.
    Als Petrov sich in Richtung Ausgang aufmachte, bemerkte er das er nicht alleine war. Vier abgehalfterte Kerle in voller Kampfmontur lungerten genau auf seinem Weg nach draußen herum. Die Abzeichen fielen ihm kurz darauf ins Auge.
    "Das hatte mir noch gefehlt...", brachte er es halblaut heraus.
    Einer von denen drehte sich neugierig zu ihm um, ein ruppiger Kraftprotz der ihn aber freundlich anlächelte.
    "Hey, ich hab doch gesagt der Typ rappelt sich wieder auf.", meinte er gut gelaunt und kam auf ihn zu.
    Zwar hielten sie die Läufe die ihrer Waffen auf den Boden gerichtet, aber Petrov konnte das Misstrauen der anderen spüren. Verdammte UEE!
    "Und was jetzt, Roke? Wir können ihn nicht die ganze Zeit mitschleppen. Der verlangsamt uns nur.", murrte einer von denen und bedachte ihn mit feindseligen Blick.
    "Sollen wir etwa ewig durch die Straßen hier irren, Logen? Mal können wir einen Straßenzug weit sehen, dann wieder nur zehn Meter. Ohne einen der sich hier auskennt sind wir früher oder später Vanduulfutter. Sergeant?"
    "Vik hat recht, wir kommen so nicht weiter. Der Kerl ist unsere beste Chance."
    Erst an der Stimme erkannte Petrov das es sich bei dem Sergeant um eine Frau handelte. Das konnte an seiner Meinung aber auch nicht viel ändern. Er würde einen Teufel tun und diesen Idioten helfen.
    Die diskutierten frohen Mutes weiter, also quatschte er im nächsten Moment auch einfach dazwischen.
    "Hey Sergeant Wie-auch-immer, ich weiß zwar nicht was euer Problem ist, aber ich will mit eurer UEE Scheiße nichts zutun haben, klar?"
    Schon steckte er sich einen von den verstreuten Stims an und wollte an den Soldaten vorbeigehen, der Kerl namens Logen versperrte ihm aber den Weg.
    "Nicht so schnell Kumpel, wir-"
    "Ich bin nicht dein beschissener Kumpel, Arschloch."
    Der schaute ihn einen Moment grimmig an, überging jedoch die Beleidigung.
    "Wir haben dich immerhin gerade davor bewahrt zwischen den Kämpfen zerrissen zu werden, da könnte es nicht schaden wenn du uns..."
    Er warf ihm aber nur ein trockenes Lachen entgegen.
    "Oh, die kleinen UEE-Marionetten stecken in der Klemme? Einen feuchten Dreck werd ich tun, wegen euch ist Alex vielleicht schon..."
    Stumm presste er die Lippen zusammen. An so etwas sollte er gar nicht denken.
    "Wegen uns? Was willst du damit sagen?"
    "Na wie erklärt ihr euch wohl, dass die hier nur ein paar Tage nach euch hier einfallen? Zufall?"
    Logen konnte zuerst nicht glauben was er da von dem zotteligen Penner zu hören bekam. Schmerzhaft musste er wieder an die Bilder aus dem Abwasserkanal zurückdenken.
    "Wir haben nicht...", grob packte er dessen Kragen und schlug ihn gegen das Regal.
    "Nicht wir sind auf die blöde Idee gekommen, sich im Vorgarten der Vanduuls breitzumachen! Also gib wem immer du willst die Schuld, aber nicht uns!"
    Sein Griff spannte sich und er stand kurz davor dem Kerl sein spöttisches Grinsen aus dem Gesicht zu prügeln. Lucy war es die ihn geradeso noch daran hindern konnte.
    "Lass ihn los Logen, dass bringt uns jetzt auch nicht weiter."
    "Es ist nicht unsere Schuld..", sagte er noch leise, dann stieß er Petrov von sich und stellte sich etwas abseits in den Schatten. Besorgt schaute Lucy ihm hinterher.
    "Ich verschwinde, macht ihr doch was ihr wollt."
    Noch während die Glassplitter der Schiebetür unter seinen Stiefeln zu knirschen begann, legte er sich eine neue Route zurecht. Er kannte diese Straßen wie seine Westentasche, vielleicht müsste er ein paar Umwege machen, aber...
    "Warte.", vernahm er dann doch noch die Stimme des Sergeants hinter sich.
    "Hm..?", zwar wusste er nicht wieso er stehen blieb, aber er tat es dennoch.
    "Du kennst dich hier bestens aus, richtig? Wie wäre es dann mit einem Deal?"
    Kurz hielt er inne, als würde er es ernsthaft in Erwägung ziehen.
    "Vergiss es Püppchen... mit euch will ich nichts zutun haben."
    Als er sah wie sie wütend die Augenbraue verzog, musste er breit grinsen.
    "Was ist mit Alex?", Petrovs Lächeln gefror umgehend, er wusste er hätte sie nicht erwähnen dürfen, "Mit uns stehen die Chancen wesentlich besser, sie lebendig zu finden."
    Auch wenn er es sich zuerst nicht eingestehen wollte, sie hatte recht. Es waren zwar nur ein paar Blocks, aber bei den ganzen Vanduuls...
    "Und was wollt ihr im Gegenzug von mir?"
    "Einen Weg aus der Stadt, nach Norden."
    "Nach Norden? Wieso ausgerechnet..." - "Die Details gehen nur mein Team was an, klar? Entweder ja oder nein."
    Wie bei jedem Male wenn er gezwungenermaßen mit der UEE zusammenarbeiten musste, fuhr ihm ein eiskalter Schauer über den Rücken. Petrov wusste er würde es bereuen, aber hatte er eine Wahl?
    "Na schön... aber ich fahre."
    "Fahren?", fragte Roke verwirrt.
    Über Ihnen in der Dunkelheit hörte Logen wie die Jäger der Vanduuls vorbeizogen. Ein beunruhigendes Gefühl, wenn er daran dachte das die nächste Staffel Hornets Lichtjahre entfernt war.
    "Wie siehts aus?", durchbrach Lucy die anhaltende Stille.
    Ein riesiges Lagertor erhob sich einige Schritte hinter Logen aus dem Boden, welches laut diesem Petrov noch aus der ersten Besiedlungsphase des Planeten stammte. Er konnte nur hoffen das dass gleiche nicht auch für dessen Truck galt.
    Zurzeit hatten sie jedoch noch ein ganz anderes Problem, wurde das Ganze doch von einem einzigen winzigen Schaltpult aus kontrolliert. Ratlos standen Petrov und Viktor davor, der eine suchte händeringend nach einem Sicherheitscode in seiner Hose, der andere fand keine Möglichkeit das altmodische Modell zu überbrücken.
    "Ich sags ja nur ungern, aber wenn ihr euch nicht beeilt, sind wir gleich am Arsch."
    Logen hatte sich mit Lucy und Roke über den Platz verteilt, um nach Ärger ausschau zuhalten, während die beiden an der Öffnung der Tore arbeiteten. Hatte ihr Glück bis eben noch angehalten, kam nun eine ganze Kampftruppe Vanduuls in ihre Richtung marschiert.
    "Kommt mit wir haben keine Zeit mehr.", gab er den beiden zu verstehen und lief zurück zum Tor.
    "Vik, geh mal zur Seite." - "Wieso? Bist du auf einmal zum Meistertechniker geworden?" - "Ha, das werden wir gleich sehen."
    Bevor auch nur jemand Einwände erheben konnte, knatterten mehrere Schüsse mitten in das Schaltpult. Außer einigen Funken die hervorsprühten tat sich zuerst gar nichts, man hörte nur wie die Vanduuls begeistert aufbrüllten, da sich doch noch was zum kämpfen in den Ruinen finden ließ.
    "Hast du sie nicht mehr alle?!", entfuhr es Viktor.
    Ohne auf Viktors Worte zu achten, verpasste er dem Schaltpult noch einen Tritt. "Komm schon!"
    Nach einer gefühlten Ewigkeit setzte sich der Mechanismus dann doch noch quietschend in Bewegung. Als er sich umdrehte, schauten ihn alle nur an, als wären sie in einem schlechten Film geraten.
    "Was? Es hat doch geklappt. Also wollen wir hier jetzt verschwinden oder nicht?"
    Ungläubig schüttelte Lucy den Kopf, konnte sich ein Lächeln aber nicht verkneifen. "Alle aufsitzen! Wir hauen ab!"
    Es dauerte nicht lange, dann konnte Logen hören wie sich die Vanduuls langsam vor der in Dunkelheit gehüllten Öffnung einfanden und sich in ihrer eigenen Sprache unterhielten. Begierig wie sie waren, vernachlässigten sie alle Vorsicht. Ein Fehler wie sich im nächsten Augenblick herausstellen sollte.
    Der Motor von Petrovs Truck röhrte auf und setzte sich mit einem Ruck in Fahrt. Als er aus dem Durchgang geschossen kam, konnten nur noch wenige Vanduuls rechtzeitig ausweichen. Mit einem reißenden Geräusch verschwanden sie unter den schweren Reifen und verschmolzen mit dem Straßenbelag, oder wurden durch die schiere Wucht weggeschleudert. Zusammen wurden Roke und Logen in der Fahrerkabine umhergewirbelt und fingen lauthals an zu lachen.
    "Was ist verdammt noch mal so lustig?!", wollte Petrov wissen. Er verstand beim besten Willen nicht, wie man in ihrer aktuellen Situation Witze reißen konnte.
    "Na, wir schicken grad dutzende Vanduuls zu ihren Göttern und müssen dabei keine einzige Kugel abgeben. Und unser Lachen ist dabei das letzte was sie hören werden!", gab Roke zum besten und grinste ihn an.
    Petrov schnaubte nur abfällig. Dreckskerle! Es war als würden sich alle seine Vorurteile gegenüber der UEE an einem einzigen Tag manifestieren.
    Er versuchte die beiden Soldaten neben sich zu ignorieren und konzentrierte sich wieder auf die Straße vor ihm.
    Wo er normalerweise stundenlang im Stau stand, konnte er jetzt einfach spielend leicht mit seinem Truck die verlassenen Autos zur Seite drücken. Ausweichen musste er nur selten. Währenddessen zuckten in der ganzen Stadt Flammen umher und breiteten sich ungehindert aus. Auch wenn er es ungern sah, aber der Todeskampf der Stadt war zugleich die perfekte Tarnung für ihre Flucht.
    Eine Explosion rechts neben seinem Truck holte ihn wieder zurück ins hier und jetzt. Wild riss er an dem Lenkrad herum, um den nachfolgenden Geschossen auszuweichen.
    "Nach rechts! Rechts!", schrie deren Sergeant hinter ihm, während alles um sie herum in die Luft zu gehen schien. Gewehrfeuer raubte ihm kurzerhand das Gehör. Ein Splitter schrammte über sein Gesicht, ehe sie dem Beschuss ausweichen konnten.
    Sofort trat er das Gaspedal wieder durch, auch wenn der Motor kurz von einem stottern geplagt wurde. Ihm lief die Zeit davon.


    VII.

    Logen war gerade dabei seine Weste bequemer zurecht zu zupfen, als der Truck plötzlich eine Vollbremsung hinlegte. Schmerzhaft stieß er sich den Kopf, als er nach vorn geworfen wurde. Brummend wollte er sich sogleich an Petrov wenden.
    "Was soll der Mist? Wieso halten- Hey!"
    Der Kerl schien ihm gar nicht zuzuhören, sondern war bereits aus der Tür gestürzt.
    "Was glaubst du wohl wo wir sind?", meinte Lucy verärgert, "Hier wohnt seine Schwester. Also aussteigen, los."
    Da fiel es ihm wieder ein, der alberne Deal den sie gemacht hatten. Zwangsläufig griff er nach seiner Waffe und schwang sich raus.
    Als er den demolierten Wohnblock zu Gesicht bekam, bezweifelte er stark das sie hier noch irgendjemanden lebend finden würden. Ein Schiff der planetaren Sicherheit war mitten in die oberen Geschosse abgestürzt und drohte jeden Moment in sich zusammenzufallen.
    Ein Stück voraus fing Petrov an nach Alex zurufen und verschwand durch die zerstörte Eingangstür.
    "Logen du bleibst mit Roke hier. Vik und ich schauen nach ob wir noch was tun können. Gebt uns bescheid, falls sich was tut."
    Er nickte ihr zu, dass er verstanden hatte und schaute ihnen noch kurz hinterher. Dann drehte er sich zur Straße und ging ein Stück hinunter, um sich umzusehen.
    War es vor ein paar Stunden noch eine belebte Straße voller Menschen gewesen, zeichnete sich jetzt nur noch das Bild purer Zerstörung ab. Nichts schien verschont geblieben zu sein, der Gestank des Todes überlagerte alles andere. Er wollte sich schon abwenden, da der Rauch in seinen Augen zu brennen begann, doch hielt er inne, als er zwischen den Schwaden etwas ausmachte.
    Ihm stockte der Atem, als er einen roten Schaal im Wind wehen sah. Fassungslos machte zwei Schritte nach vorn, ehe er auf die Knie sank.
    Roke kam sofort angelaufen, da er dachte Logen würde einer verheimlichten Verletzung leiden.
    "Warum hast du nichts-"
    Den Griff nach seiner Schulter schüttelte Logen jedoch ab und schlug mit der Faust in den Dreck.
    "Ich... Ich weiß nicht mal mehr ihren Namen...", krächzte er und schaute in den Schatten vor sich.
    Zusammen mit ihrer Mutter lag dort das kleine Mädchen vom Morgen auf der Straße. Die Augen leer und voller Unverständnis aufgerissen schienen sie ihn direkt anzustarren. Je länger er dem Blick standhielt, desto mehr glaubte er ihren stummen Todesschrei hören zu können. Nur mit größter Mühe konnte er sich abwenden.
    Hinter ihm schluckte Roke betroffen, versuchte ihn aber sogleich wieder hochzuziehen. Er brauchte nichts zu sagen.
    Während Roke ein Stück vor ihm ging, bemerkte er wie seine rechte Hand anfing unkontrolliert zu zittern. Schnell legte er sie wieder an die Waffe, damit niemand es mitbekam.
    "Raus! Los beeilt euch!", hörte er plötzlich Lucy vom Haus aus rufen.
    Keine zwei Sekunden später trugen Vik und Petrov hastig eine dritte Person zum Truck. Lucy kam gerade herausgestürmt, als das Schiffswrack langsam runterrutschte und die ganze Fassade in Schutt und Asche verwandelte.
    Doch darauf achtete sie gar nicht weiter sondern, kniete sich sofort zu der schwer verletzten Frau. Notdürftig versuchte sie das Beste für Alex zutun.
    Voller Verzweiflung saß Petrov daneben und hielt ihren Kopf aufrecht.
    "Alex, hörst du mich?! Ich werd dich hier rausschaffen, klar? Also bleib gefälligst wach. Halt bitte durch..."
    Logen und Roke konnten dem ganzen nur schweigend zusehen, während Alex immer mehr an Blut verlor.
    Egal was Lucy versuchte es führte zu nichts. Die Verletzungen waren zu stark. Alex war nach wenigen Minuten tot.
    "Shit!", fluchte sie und ließ ihren Frust am Truck aus.
    Petrov dagegen hatte sich keinen Millimeter gerührt und redete immer noch leise auf seine Schwester ein. Zu ihnen hatte er bisher kein Wort gesagt.
    Nach einer Weile entschied Logen sich das Schweigen zu durchbrechen.
    "Hört mal, mir tut es zwar auch leid um seine Schwester, aber hier ist es nicht sicher. Wir sollten besser-"
    "Ihr wollt verschwinden? Einfach so?", langsam erhob sich Petrov wieder und ging voller Zorn auf Logen zu. "Oh ja, das passt zu euch. Überall wo ihr auftaucht zerstört ihr nur! Und wegen euch ist Alex jetzt tot!"
    "Nicht wir haben sie umgebracht..." - "Aber wegen euch sind sie doch erst überhaupt hier!", schrie er, während seine Faust heransauste.
    Doch damit hatte Logen bereits gerechnet und so ließ er den Schlag im Nichts verlaufen. Sein Knie rammte er ihm mitten in die Magengrube.
    Keuchend ging Petrov zu Boden.
    "Bastarde...alles...", murmelte er vor sich hin und rappelte sich wieder auf. Logen erkannte zuspät, was er in seiner Rechten hielt.
    "Wärt ihr nicht gewesen, wäre das alles nicht passiert!", brüllte er sie an und richtete Logens eigene Pistole auf ihn. Verdammt, wie...
    "Sie wäre noch am leben!" Tränen liefen ihm erneut übers Gesicht, als er zu seiner Schwester deutete. "Das alles nur wegen euch!"
    Wild schwenkte Petrov mit der Waffe zwischen ihnen hin und her.
    "Hör auf das Ding auf mich zurichten, wenn du dich nicht zu ihr gesellen möchtest.", knurrte Roke warnend.
    "Ich frag mich bloß, wie du das mit einem Loch im Kopf anstellen wirst!"
    "Was er meint, ist das für heute schon genug Menschen gestorben sind.", versuchte Lucy es zu retten. "Also-"
    "Ach ja? Ich finde für vier weitere ist hier durchaus noch Platz!"
    Als er wieder auf Lucy zielen wollte, machte Logen einen Satz nach vorn. Petrov bekam es noch mit, aber er konnte seinen Arm zur Seite schlagen. Ob gewollt oder nicht, löste sich ein Schuss und machte ihn für eine kurze Zeit auf dem linken Ohr taub. Das hinderte ihn jedoch nicht daran Petrov mit einem Fausthieb niederzuschlagen. Die Pistole nahm er schnell wieder an sich.
    "Das reicht jetzt.", gab Logen genervt von sich und drückte ihm sein Knie in den Rücken. "Beweg dich und es wird das letzte sein was du tust."
    "Achja?", brachte Petrov angestrengt hervor. "Ihr werdet mich doch so oder so abknallen."
    "Genau das sollten wir verdammt nochmal tun!", sprach Roke es aus, als wäre es schon beschlossene Sache.
    Lucy reagierte sofort und stellte sich ihm in den Weg.
    "Das werden wir ganz sicher nicht tun!" - "Was?! Der Scheißkerl hat versucht dich abzuknallen! Wir sollten..." - "Hat er aber nicht! Und ich werde bestimmt nicht zulassen, dass du unter meinem Kommando einen Zivilisten erschießt! Ist das klar, Soldat?!"
    Ihre letzten Worte waren eiskalt und mit einem Warnton unterlegt, der keinerlei Zweifel daran ließ was sie im Falle des Falles tun würde. Logen sah zwischen den beiden hin und her, spürte wie sich ein Unglück anbahnte. Er sah nur noch eine Möglichkeit es zu verhindern.
    "Steh auf los!", zischte er und zerrte Petrov hoch.
    Leicht wankend richtete er sich vor ihm auf und spie einen Blutklumpen in den Schmutz. Die Waffe auf Petrov gerichtet, bemerkten jetzt auch die anderen was vor sich ging.
    "Logen, ich hab gesagt-"
    "Beruhig dich, ich werde ihn nicht erschießen."
    Nur ein kurzes zucken ihrer Wangenmuskeln ließ erkennen, dass sie sich selbst strafte überhaupt auf diesen Gedanken gekommen zu sein. Roke jedoch schien nicht so begeistert.
    "Du willst ihn doch nicht etwa mitschleppen? Sobald wir ihm den Rücken zuwenden, sticht der uns doch glatt nieder."
    "Nein, das genauso wenig.", sagte er, die Waffe immer noch auf Petrov gerichtet.
    "Verstehe... Die Drecksarbeit überlasst ihr lieber euren neuen Freunden, was?", grinste Petrov sie hämisch an.
    Logen erwiderte nichts darauf, sondern deutete ihm mit seiner Waffe nur sich endlich in Bewegung zu setzen.
    "Ich hoffe bloß sie finden euch und lassen euch leiden, für das was ihr über uns gebracht habt."
    Damit mit drehte Petrov sich um und ging humpelnd zurück in Ruinen der toten Stadt. Irgendwie hatte Logen das unangenehme Gefühl, dass das nicht ihre letzte Begegnung bleiben würde.
    Aber wie sollte er allein aus dieser lebendig gewordenen Hölle herauskommen? Er war so gut wie tot.


    VIII.

    Stille... das war das einzigste was sie an den Ausläufern der Stadt empfing.
    Wo normalerweise hunderte von Menschen ihrem Leben nachgingen, war jetzt nur noch Staub und Asche übrig. Nichts rührte sich.
    Ihm waren früher einmal Aufzeichnungen aus dem Orion System gezeigt worden, doch hatte er damals den Schrecken nicht richtig begreifen können. Nun fand er sich mitten in der grausamen Realität wieder.
    Es war schon Nacht, doch sie alle konnten sehen das es nicht nur auf der Straße war, die aus der Stadt führte. Alles schien übersät von schwelenden Fahrzeugwracks, die es nicht geschafft hatten der Zerstörungswut der Vanduuls zu entkommen. Verkohlte Leichen vervollständigten das Bild. Es musste ein wahres Massaker gewesen sein.
    "Seht...seht ihr das auch?", fragte Roke in einem Flüsterton, "...das...das kann doch nicht... oh fuck, fuck, fuck!"
    Logens Hand begann wieder zu zittern, doch bekam es keiner mit, da alle nur auf die Ebene vor ihnen starrten. Diesmal wollte es jedoch nicht so schnell verschwinden und seine Gedanken machten sich selbständig.
    Das soll unsere Schuld sein? ... Nein, das ist einfach absurd. Aber... diese Welt ist vollkommen unbedeutend, wieso sollten sie also-
    "Hey Logen, ich rede mit dir.", rüttelte Lucy ihn wach. "Wie viele Granaten hast du noch?"
    Er brauchte einen Moment um den Sinn der Frage zu verstehen, dann murmelte er eine Antwort vor sich hin.
    "Zwei...nein, drei. Glaube ich."
    "Gut, dann gib sie Vik."
    Nickend stimmte er zu und stieg wie in Trance aus.
    Was wenn es doch unsere Schuld war...
    Eine Detonation zerriss die Dunkelheit und verschlang sowohl den Truck, als auch die Hälfte eines Wohnhauses.
    Es dauerte nur Sekunden, dann flog bereits ein Truppentransporter über ihre Köpfe hinweg, gefolgt von einem Scythe Duo. Sie hatten den Köder geschluckt.
    "Jetzt los, Beeilung!", zischte Lucy und trieb sie voran.
    Schnellstens verließen sie die trügerische Sicherheit der Häuser und liefen auf die offene Ebene zu. Angesichts der Masse an Vanduuls die sich innerhalb der Atmosphäre rumtrieben, glatter Selbstmord. Sollten sie entdeckt werden, waren sie sowas von am Arsch. Aber es war der einzigste Weg.
    Neben Logen rannte Roke schnaufend her und schien jeden Teil seiner Ausrüstung gleichzeitig zu verfluchen. Eine, wenn auch ungewöhnliche, Methode nichts von all dem an sich heranzulassen.
    Ein paar Schritte vor ihm wiederholte Viktor währenddessen immer und immer wieder irgendwelche unverständlichen Phrasen. Es klang fast wie ein Gebet, doch konnte er nichts damit anfangen. So Technik versessen und dann ein Mann des Glaubens? Er musste halluzinieren.
    Plötzlich kam Logen ins stolpern, als sein Stiefel hängen blieb. "Mist!"
    Roke war sofort zu Stelle und reichte ihm die Hand. "Alles klar?" - "Ja, ja."
    Lucy schaute sich kurz um und vergewisserte sich das alles in Ordnung ist, dann ging es auch schon weiter. Nach außen schien sie vollkommen ruhig, als hätte sie alles im Griff. Aber etwas stimmte mit ihr nicht, irgendetwas das sie ihm nicht sagen wollte. Das spürte er einfach.
    Und er selbst?
    Der Gestank des Todes war nun überall, er schmeckte es sogar auf der Zunge. Seine Hand zitterte schon seid er aus dem Truck gestiegen war und es war noch nicht besser geworden. Bisher hatte es niemand bemerkt, aber früher oder später würde es auffallen. Dabei kam er sich vor wie ein verdammter Frischling.
    Nach all der Zeit in der Army hatte er eigentlich gelernt sowas auszublenden. Aber auf einmal...Petrovs Worte fraßen an ihm.
    Er war nur wütend das wir seine Schwester nicht retten konnten...Wir sind dafür nicht verantwortlich.


    IX.

    Im Schatten der ausgebrannten Ruinen tat Petrov einen Schritt vor den anderen, den Blick starr auf den Weg vor sich gerichtet. Zurückzublicken wagte er nicht.
    Seine Wut war einer verstörenden Leere gewichen, welche ihn an sich selbst zweifeln ließ. Als hätte der Tod persönlich sein Leben an nur einem einzigen Tag in ein blutiges Chaos verwandelt und nur ihn zurückgelassen um sein grausiges Werk zu bewundern. Es kam ihn vor wie ein schlechter Scherz, dass ausgerechnet er all das überlebt hatte.
    Mit diesen Gedanken gestraft, stapfte Petrov ziellos vor sich hin, bis sich vor ihm ein kleiner Platz zu öffnen begann. Zum ersten Mal blickte er sich richtig um.
    In der Mitte schmorrte ein zertrümmerter Flieger vor sich hin, welche eine Schneise der Verwüstung hinter sich her gezogen hatte. Der Geruch von verbrannten Menschen hing überall dem, etwas was er nie wieder vergessen würde.
    Zu seiner rechten war eine ganze Häuserwand weggesprengt worden, doch wundersamerweise waren einige Tische und Stühle zwischen dem Schutt fast unversehrt geblieben. Als wäre all dies nie geschehen.
    Lange überlegte er nicht, seine Beine schmerzten von der ganzen Tortur und müde war er auch. Dieser Ort wäre genauso gut wie jeder andere.
    Ein letzter Stim war ihm noch geblieben, stellte er befriedigend fest und kramte sogleich nach seinem Feuerzeug. Die Flamme leuchtete nur schwach auf, doch reichte es um ihn in der Bewegung inne halten zu lassen.
    Das Feuerzeug war blutverschmiert, und er wusste sofort das es nicht seins war.
    "Fuck!", schrie er in die Nacht hinaus und schleuderte es angewidert weg. Klappernd landete es mitten auf der Straße.
    "Wo bleibt ihr?! Ich dachte ihr habt Spaß daran uns abzuschlachten!"
    Erwartungsvoll schaute er zu den nahen Häusern und Straßen, seine Atmung beschleunigte sich wie von selbst. "Na los, worauf wartet ihr?!"
    Sekunden verstrichen, dann Minuten, doch es blieb still.
    "Scheiße!", fluchte er noch ein letztes Mal, dann ließ er sich kraftlos auf einen der Stühle fallen.
    Es musste Stunden her sein, dass er die letzten Kampfgeräusche oder Schreie gehört hatte. Waren die Vanduuls vielleicht schon längst wieder abgezogen?
    Ein trauriges Lächeln legte sich auf sein Gesicht.
    Wenn er es nüchtern betrachtete, war er auf diesem elendigen Haufen Dreck das sich Planeten schimpfte, vielleicht der letzte lebendige Einwohner.


    X.

    Als die vier Soldaten endlich den abgeschiedenen Landeplatz des Shuttles näher kamen, brach bereits ein neuer Morgen an. Angenehm tasteten die Sonnestrahlen über die Haut, war es in der Nacht doch kaum mehr als über 0 Grad gewesen.
    Zweimal waren sie fast entdeckt worden. Zweimal dem Tod von der Schippe gesprungen. Hauptsächlich mit mehr Glück als Verstand, aber sie hatten es geschafft.
    "Es ist immer noch hier.", Lucy blickte vom ihrem MobiGlas auf, "Hinter der Kuppe dort."
    "Der Pilot muss doch total bescheuert sein. Bleibt hier einfach seelenruhig sitzen, während in der Stadt die Hölle losbricht...", murrte Roke.
    "Wärst du etwa glücklicher, wenn er schon längst weg wäre und wir hier festsitzen würden?"
    "Was? Nein, so war das nicht gemeint...ich fands halt nur... merkwürdig."
    "Ach? Glaubst du ich renn dort mit offenen Armen hin?", fragte sie spitz, "Vielleicht ist was faul, vielleicht auch nicht. Passt einfach auf."
    Langsam krochen sie auf die Anhöhung um sich einen Überblick zu verschaffen.
    Auf den ersten Blick sah alles gut aus. Keine Vanduuls, keine Jäger. Dort stand nur das Shuttle, provisorisch durch ein Tarnnetz geschützt.
    "Wie siehts aus?"
    Logen ging jedoch nicht auf ihre Frage ein. Leise klickte das Fernglas, als er den Zoom veränderte.
    "Vom Piloten keine Spur... aber da steht ein Speeder aus der Stadt."
    "Ein Speeder? Hier?", fragte sie zweifelnd, "Zeig her."
    Schon riss sie ihm das Fernglas aus der Hand, der Trageriemen zog ihn würgend hinterher.
    "Hey, das..." - "Halt die Klappe... Hm, du hast recht." - "Sag ich doch!"
    Abrupt ließ sie los und es flog ihm an den Kopf. "Aua!"
    "Stell dich nicht so an... Wir gehen da jetzt rüber."
    "Ohne Munition?", fragte Viktor zweifelnd und hielt ihnen sein leeres Magazin hin.
    Lucy biss sich verärgert auf die Unterlippe, ehe sie zu einer Antwort ansetzte. "Roke gib ihm dein Ersatzmagazin."
    "Was? Wieso ich?" - "Na, weil du der einzige bist der überhaupt noch zwei Magazine hat..."
    Ein bedrücktes Schweigen setzte ein, als Lucy dies aussprach. Schließlich reichte er Viktor das Magazin.
    "Aber verballer nicht alles auf einmal, ja? ... Also, wie geht’s weiter Sergeant?"
    "Ich sag dir, der Plan ist scheiße.", grummelte Roke neben ihm her. - "Als wäre dir was besseres eingefallen."
    Beide rückten langsam aber bestimmt mit ihren Waffen im Anschlag auf das Shuttle vor. Man würde sie schon von weitem kommen sehen, gab es doch ringsum nichts mehr als vertrocknete Erde. Währenddessen konnte Logen beobachten wie sich Viktor und Lucy über die toten Winkel anschlichen.
    "Grmpf...trotzdem, warum mussten wir schon wieder die Arschkarte ziehen?"
    Eine Antwort darauf sparte er sich, kamen sie dem Shuttle doch jetzt immer näher. Die Sonne stand noch schräg am Himmel und hüllte den Innenraum in Dunkelheit. Wenn jemand dort drinnen saß wäre es ihm ein leichtes sie nun aufs Korn zu nehmen. Die Stille war erdrückend.
    Als Logen auf Höhe des Speeders ankam, fand er schließlich den Piloten. Leider mit zwei Kugeln in der Brust.
    "Jetzt haben wir ein Problem.", meinte er an Roke gewandt und suchte nach Anzeichen für den Verbleib des Mörders.
    Der riskierte einen kurzen Blick zur Leiche. "Ich habs doch gesagt...Hey, was hält der da in der Hand?"
    Erst jetzt bemerkte Logen den unscheinbaren Gegenstand der aus dessen Umklammerung hervorlugte. Als plötzlich ein rotes blinken einsetzte, wurde ihm klar was gleich passieren würde. "Verdammt, weg hier!"
    Beide spurteten sie unvermittelt los, als wenige Sekunden später Pilot und Speeder von einer flammenden Explosion verschluckt wurden. Er spürte die Hitze in seinem Nacken, als sie auch schon der Druckwelle erfasst wurden. Hart wurden sie zu Boden geschleudert.
    Unter größter Anstrengung versuchte er sich auf den Rücken zu drehen, jeder Muskel schien zu brennen. Benommen blickte er zurück.
    Er sah noch wie Lucy und Viktor von unsichtbaren Schüssen niedergestreckt wurden, dann versperrte ihm ein breiter Schatten die Sicht. Ein dunkles Lachen war des letzte was er hörte, als ihn ein wuchtiger Schlag gegen die Schläfe ins Traumland schickte.


    XI.

    "...versteckt habt. Wem habt ihr noch davon erzählt?", forderte eine ungeduldige Stimme.
    Nur langsam besann Logen sich wieder seiner Umwelt, sein Schädel dröhnte schlimmer als nach einer Sauftour mit Roke. Und das sollte schon was bedeuten.
    Der Geruch von verbranntem Fleisch stieg ihm in die Nase und ließ ihn aufblicken. Kleine Flammen zuckten immer noch auf den Überresten des Piloten umher, es konnte also nicht viel Zeit vergangen sein. Weitere Tote sah er zum Glück nicht.
    "Red gefälligst Süße, oder ich werde ungemütlich!", kam es diesmal eindringlicher. Er meinte die Stimme zu kennen.
    Neugierig drehte er den Kopf zu Seite und erschrak. Keine fünf Schritte von ihm saß Lucy gegen die Außenhülle des Shuttles gelehnt, während ihr eine Klinge an die Kehle gehalten wurde. Seine Klinge!
    Vor ihr hockte ein Mann in der Uniform des Navy-Personals. Die Kleidung war ihm jedoch etwas zu klein und seine Statur glich eher einem grimmigen Soldaten, denn einem harmlosen Techniker. Es war offensichtlich das sie gestohlen war.
    Lucy blickte ihren Gegenüber stur an und weigerte sich auch nur irgendetwas zu sagen. Auf einmal spannten sich jedoch ihre Züge und sie schien einen Hauch blasser zu werden. "Was ist? Spucks endlich aus." Sicherlich hatte er es nicht wortwörtlich gemeint, dennoch ließ es sich nicht mehr verhindern. Mit einem Mal erbrach sie sich und versaute ihm Hose und Hemd. Sie grinste noch, doch eine Reaktion ließ nicht lange auf sich warten.
    "Fuck, verdammte Schlampe!", brüllte er und schlug ihr gleichzeitig den Knauf ins Gesicht. Hustend blieb sie im Staub liegen.
    Logen hatte genug gesehen. Einen abscheulichen Fluch auf den Lippen wollte er aufspringen und sich auf ihn stürzen. Dass er noch gefesselt war interessierte ihn nicht.
    Doch soweit kam es gar nicht, kaum hatte er sich aufgerichtet, wurde er auch schon wieder mit einem Schlag in die Seite zu Boden geschickt. Ein weiterer unbekannter Widersacher hatte sich die ganze Zeit hinter ihm befunden.
    "Oh, sieh an wer da genau rechtzeitig aufgewacht ist.", meinte der mit dem Messer sarkastisch und versuchte sich etwas ungeschickt von dem Erbrochenen zu befreien.
    Als er noch zwei Schritte näher kam, wusste Logen wo er die Stimme schon einmal gehört hatte.
    "Überrascht? Oh, wenn du dein Gesicht jetzt sehen könntest!", lachte Colonel Calendorn ihn an.
    "Aber...aber...das ist nicht möglich. Der Frachter..."
    Logen traute seinen Augen nicht mehr, war es wirklich der Colonel der da vor ihm stand oder litt er unter Wahnvorstellungen?
    "Glaubst du ich wäre so blöd mich mitten in meine eigene Falle zu setzen?", sagte er abfällig, während sich in sein Gesicht zu unbekannter Härte verzog. "Aber genug davon, sag mir lieber mit wem ihr noch über die Daten gesprochen habt oder ob es noch mehr Kopien gibt. Dann werde ich vielleicht davon absehen deine Kleine," er richtete die Messerspitze auf Lucy, " vor deinen Augen in Scheibchen zu schneiden..."
    Schwer schluckte Logen. Das konnte alles nicht stimmen, nichts von dem ergab einen Sinn. "Warum...?"
    Der Colonel folgte seinem Blick zu der rauchenden Stadt. Immer noch blitzen hin und wieder kleinere Explosionen auf.
    "Ach das?", sagte er schon fast gelangweilt. "Sagen wir es bot sich einen passende Gelegenheit einen Schlussstrich zu ziehen. Schließlich würde niemand etwas hinter meinen oder eurem Verschwinden vermuten. Wahrscheinlich würde man uns sogar auszeichnen. Post Mortem versteht sich."
    Das teuflische Grinsen das er ihm zuwarf, war das krasse Gegenteil zu dem Colonel den er kennengelernt hatte. Es musste ein Alptraum sein aus den er jeden Moment aufwachen würde, dachte Logen. Ganz sicher.
    Doch nichts geschah und insgeheim wusste er bereits, dass dies niemals geschehen würde. Er versuchte seine Gedanken neu zuordnen und überlegte sich seine nächste Frage genauer. Je länger Calendorn redete, desto mehr Zeit hatten sie einen Ausweg zufinden. Auch wenn er noch nicht so recht wusste wie.
    "Arbeitet ihr mit den Vanduuls zusammen? Ist es das? Seid ihr irgendwelche kranken Vanduulanbeter?!" Logen glaubte seinen eigenen Worten nicht, aber seine List ging auf.
    "Mit diesem Abschaum? Niemals.", verärgert schaute er Richtung Himmel. "Wir haben ihnen lediglich einen kleinen... Anreiz gegeben, woraufhin sie sich wie die Motten auf das Licht stürzten. Besser hätte es wirklich nicht laufen können."
    Mit einer Drehung wandte er sich ihnen wieder zu. Seine Augen funkelten belustigt.
    "Wegen euch wurde eine ganze Stadt dem Untergang übergeben und ihr habt nicht einmal den leisesten Schimmer wieso.", er grinste verschlagen. "Wie fühlt sich das an?"
    Keine Antwort drang aus Logens Mund, stattdessen starrte auf den Boden unter sich. Kleine Blutstropfen versickerten in der ausgedörrten Erde.
    All diese Menschen...ist das alles meine Schuld? Wenn ich die anderen nicht dazu überredet hätte die Daten zu behalten, wäre es vielleicht nie dazu gekommen!
    "Ich seh schon, es war Zeitverschwendung sich mit euch aufzuhalten."
    Während er sich wieder erhob, ließ er das Bajonett achtlos fallen und zog stattdessen seinen schweren Revolver aus dem Holster. Klickend fuhr das Magazin heraus, er prüfte es kurz und ließ es dann wieder einrasten.
    "Warte.", unterbrach ihn plötzlich sein Kamerad, der bisher nur stillschweigend daneben gestanden hatte. "Was ist mit der Frau? Wäre sie nicht ideal?"
    "Vielleicht...", nachdenklich kratzte er sich am Kinn. "Nein, sie würde die Prozedur wahrscheinlich nicht überleben. Das Risiko ist es nicht wert."
    "Zu Schade...", sagte er fast schon wehleidig. Ideal wofür?
    Doch um noch weiter darüber nachzudenken war es zu spät. Den Lauf auf Logens Stirn gerichtet, würde Calendorn jeden Augenblick abdrücken.
    Er wartete auf den Knall und auf das Ende, in welcher Form auch immer.
    Aber ob nun Zufall oder Fügung, es sollte nie dazu kommen. Das verräterische Summen kündigte den Scythe-Aufklärer an, noch bevor er in Sicht kam. Verstecken war sinnlos, sie saßen wie auf dem Präsentierteller.
    "Verflucht, ihr habt sie hergeführt!", zischte Calendorn und schaute dem Jäger nach, als er im Tiefflug vorbeizog.
    Dieser kurze Moment der Unachtsamkeit genügte Lucy. Mit einem Satz sprang sie auf den Colonel zu, in der rechten ein scharfes Stück Metall haltend.
    Zwar bemerkte er die nahende Gefahr noch, doch da war es schon zu spät. Knirschend drang die Spitze zwischen Hals und Schulterblatt ein.
    Schreiend riss er den Revolver hoch, während sich sein Finger um den Abzug verkrampfte. Die Kugel die Logen gelten sollte, ging fehl und verteilte stattdessen das Gehirn seines Kameraden über den Boden.
    Logen zögerte nicht länger, schnell griff er nach dem herrenlosen Bajonett und befreite sich von seinen Fesseln. Mit einem Tritt beförderte er es schnell zu Roke und Viktor hinüber, damit sie sich selbst befreien konnten. Notgedrungen nahm er die Waffe des Toten an sich.
    Inzwischen hatte Calendorn es geschafft Lucy von seinem Rücken abzuwerfen und versuchte sich den Splitter aus seinem Fleisch zuziehen. Die Wunde war tief und Blut lief in rauhen Mengen herunter, aber er schien sich nicht groß daran zu stören. Den Revolver hatte er bereits wieder auf Lucy gerichtet.
    "Habt ihr wirklich geglaubt mich so einfach töten zu können?!", warf er ihnen spöttisch entgegen.
    Das Visier auf des Colonels Körpermitte gerichtet, wollte Logen abdrücken. Aber nichts tat sich. Auf der Munitionsanzeige flammte lediglich das Wort "Gesperrt" auf.
    Calendorn hatte ihn inzwischen bemerkt und schwenkte höhnisch grinsend zu ihm herum.
    "Erbärmlich."
    Logen starrte in die Mündung, unfähig sich zu bewegen. Versagt...
    Doch statt eines lauten Knalls, erfolgte nur ein dumpfes klatschen. Erst dann hallte ein entfernter Schuss nach.
    Calendorn senkte den Revolver und schaute überrascht an sich herab. Wo eigentlich mehrere Orden an seiner Brust steckten, klaffte jetzt ein faustgroßes Loch.
    Er wollte lachen, aber es kam nur ein Schwall Blut heraus. Dann brach er auch schon tot zusammen.
    Ein, zwei Sekunden schaute Logen noch ungläubig zu der Leiche, ehe er realisierte was gerade passiert war und sich nach dem Schützen umschaute. Schnell war er gefunden.
    Auf dem gleichen Weg den sie genommen hatten, stapfte nun eine Truppe Vanduuls heran. Einer von ihnen war stehen geblieben und zielte mit einem übergroßen Scharfschützengewehr auf sie. Ein Schauder erfasste ihn. Er lädt nach!
    "Ins Shuttle, sofort!", sprach Lucy aus was er dachte. Keiner widersprach.
    Logen hatte sich in den Pilotensitz geschwungen und warf die Maschinen ohne Rücksicht auf die Checkliste an. Jetzt zählte nur schnellstmöglich abzuheben.
    Der Antrieb kreischte auf und mit einem Ruck setzten sie sich in Bewegung. Der Vanduul Jäger war bereits dabei umzudrehen und würde sich jederzeit hinter sie setzen.
    Mehrmals wurden sie durchgeschüttelt, als die Schilde erste Treffer abbekamen. Hastig wich Logen mit einer Seitwärtsrolle weiteren Beschuss aus und ging zu einem Zickzackkurs über.
    "Verdamm, der ist zäh!" Warnend blinkte die Schildanzeige auf, nur noch dreißig Prozent. Lange würde es nicht mehr halten. "Ich hätte da vielleicht eine Idee, aber ich glaub das wird euch nicht gefallen."
    Hinter ihm hatten Viktor und Lucy alle Mühe sich festzuhalten, während Roke sich auf den Copilotensitz gerettet hatte.
    "Völlig egal, machs einfach!", rief Lucy ihm zu.
    "Also gut... Roke, wenn ichs sage ziehst du den Hebel dort runter."
    Skeptisch sah Roke zu dem roten Hebel direkt über seinen Kopf auf. Etliche Warnungen prangten um dessen Rand.
    "Nur im äußersten Notfall betätigen.", las er den Text laut vor.
    "Damit sprengst du unser Triebwerk ab."
    "Das...was?! Spinnst du?!", schaute er ihn verdattert an. "Ohne sitzen wir hier doch fest!"
    "Entweder das, oder das hier war unser letzter Landgang."
    Zweifelnd sah Roke ihn an. Doch dann zerbröckelte seine ernste Miene.
    "Wegen dir gehen wir noch eines Tages drauf, weißt du das?", scherzte er und griff nach dem Hebel. "Scheiß drauf, lass es uns durchziehen!"
    Logen widmete sich wieder den Instrumenten, sie standen kurz davor die Atmosphäre zu verlassen. Schnell begann er alle übrige Energie in die Triebwerke umzuleiten.
    Zwar gewannen sie ein wenig an Geschwindigkeit, doch mit dem Scythe Jäger konnten sie es nicht aufnehmen. Unerbittlich kam er näher.
    Langsam aber sicher erreichten die Triebwerke ihre Grenze der Belastbarkeit.
    "Komm schon, noch ein bisschen...", murmelte er vor sich hin. Im gleichen Moment flammte die Warnleuchte für Raketen auf. Sie waren erfasst worden!
    "Jetzt!", brüllte er und Roke tat wie ihm aufgetragen.
    Auf halber Strecke zum Shuttle traf die Rakete auf das heißgelaufene Triebwerk, der Aufschlag erfolgte unmittelbar. Hell wie tausend Sonnen breitete sich die Explosion rasant aus und fraß sich über den Himmel. Der Vanduulpilot versuchte zwar noch auszuweichen, aber da war es bereits zuspät. Verschluckt von der Explosion, blieben nur rauchende Trümmer übrig.
    Von all dem bekam ihr Squad nichts mehr mit. Von der Druckwelle aus der Anziehungskraft des Planeten geschleudert, trudelte das Shuttle durch das All.


    XII.

    Das Innere des Shuttles war nur noch spärlich beleuchtet, viel mehr als das Lebenserhaltungssystem war nicht aktiv. Zwischen den Instrumenten blinkte nur noch eine kleine Lampe auf. Ihr Notsignal.
    Die Nachwirkung der Explosion hatte für einige Sekunden alle Sensoren in der Umgebung gestört. Logen hatte die Zeit dafür genutzt um alles herunterzufahren, damit es so wirkte als wären sie ebenfalls dabei umgekommen. Nur ein weiteres Wrackstück, welches langsam vom Planeten wegtrieb.
    Keinen Mucks hatten sie von sich gegeben, da sie nicht wussten welche Reichweite oder wie stark die Scanner der Vanduuls waren. Mithilfe der verbliebenen Steuerdüsen hatte Logen sie schließlich auf einen entfernten Sprungpunkt zugelotst. Niemand hatte ihre Flucht verhindert.
    Sie trieben jetzt schon eine ganze Weile durch die Gegend und warteten auf Hilfe. Von alleine würden sie nirgendswo mehr hinfliegen können.
    Während die anderen vor Erschöpfung im Schlaf versunken waren, hatte Logen sich in seinem Sitz zurückgelehnt und starrte grübelnd auf die Projektion seines MobiGlas. Rot leuchtete die verschlüsselte Datei auf. So nah und doch so fern.
    "Ob es stimmt?", sagte Logen nach einiger Zeit, da er es in der Stille nicht mehr aushielt.
    "Eine ganze Stadt... zerissen von Vanduuls, nur wegen dem hier...?", flüsterte er und hielt sein MobiGlas hoch. "Und das alles nur weil ich-"
    "Red nicht so einen Unsinn.", unterbrach ihn die warme Stimme Lucys.
    Leise war sie an ihn herangetreten, ihre Arme von hinten um seinen Hals geschlungen. Allein ihre Nähe verjagte für einen Moment die dunklen Gedanken.
    "Nicht wir haben sie auf die Stadt gehetzt, oder?" - "Nein...aber trotzdem, hätte ich euch nicht-"
    Schnell hüpfte sie auf seinen Schoß und legte ihm einen Finger auf die Lippen.
    "Es ist nicht deine Schuld, von keinem von uns, kapiert? Ich will davon also nichts mehr hören. Und diskutier bloß nicht mit mir, verstanden?"
    Ihre Augen beobachteten ihn wachsam, ohne eine Zustimmung würde sie ihn nicht gehen lassen. Niemals. Lucy..
    Er sah es immer noch vor sich... wie er zwischen all den Toten lag... das kleine Mädchen... aber sie hatte recht, dass sah er jetzt ein. Auch wenn er das Gesehene nie wieder loswerden würde, dafür war er nicht verantwortlich. Mit einem Nicken gab er ihr zu verstehen, dass er es nun verstand.
    Erleichtert neigte sie den Kopf etwas und lächelte.
    "Was ist mit dir?"
    "Wieso? Was soll mit mir sein?", fragte sie unsicher.
    "Gehts dir wieder besser? Da draußen hast du..."
    "Das war nichts, mir... mir gehts prima.", sagte sie abweisend. Was ist denn jetzt los?
    Sie stand bereits wieder auf und fuhr sich unruhig durch die Haare.
    "Wir sollten uns überlegen was wir als nächstes tun. Hey Roke, Vik, aufwachen."
    Mit leichten Tritten riss sie die beiden aus dem Schlaf. Kurz darauf gesellten sie sich dazu.
    "Was wir jetzt machen? Ganz einfach, wir...", Roke schnippste mit den Fingern, "...lösen uns in Luft auf.", meinte er als wäre es schon beschlossene Sache.
    "Kommt nicht in Frage. Wir müssen der Flotte bescheid geben.", hielt Lucy dagegen.
    "Was? Dann können wir uns doch auch gleich selbst erschießen. Noch weiß keiner das wir überlebt haben, oder? Außerdem werden wir wohl nicht die einzigen sein, die-"
    "Ach, und das weißt du mit Gewissheit?", mischte sich nun auch Logen ein.
    "Natürlich nicht, aber-"
    "Dann wird das morden weitergehen, bis sie jeden getötet haben. Willst du das?", herrschte er ihn an.
    "Ja, ja, ist gut. Hast mich überredet.", winkte er ab. "Ich habs nicht so gemeint, sorry..."
    "Und was machen wir dann?", wollte Viktor wissen. "Ich mein, allzu lange werden die uns bestimmt nicht in Ruhe lassen. Auch wenn uns das 83. Rückendeckung gibt."
    "Ich weiß, ich weiß... Wenn selbst Calendorn da mit drin hing...Scheiße!", fluchte ihr Sergeant. "Wir setzen uns ab sobald es geht, was anderes bleibt uns nicht übrig."
    "Und was ist mit den Daten? Denn ich glaub als Druckmittel hat sich das erledigt.", sagte Roke.
    "Wir haben erstmal ganz andere Probleme und zurzeit kommen wir da sowieso nicht ran, oder Vik?" - "Sehr unwahrscheinlich, ja", gestand er reumütig.
    "Da hörst du es. Wir kümmern uns drum, wenn wir die Möglichkeit haben. Vik, wie siehts aktuell mit dem Kom aus, kannst du irgendwie das Signal verstärken? Vik?"
    "Ich glaub, dass wird nicht mehr nötig sein.", murmelte er als Antwort und schaute durch die Cockpitscheiben nach draußen.
    Vor dem Shuttle zog eine Hornet vorbei, eine zweite war gerade im Begriff ihre Lichtkegel ins innere zu lenken.
    Logen erkannte noch das Banner United Empire of Earth, bevor er auch schon geblendet die Augen zukneifen musste.
    Hier gehts weiter --> http://www.star-citizens.de/blog/48/entry-258-teil-5-eine-frage-der-schuld-3/
  3. Cypher
    Kapitel 1

    Vollkommende Dunkelheit umfasste Logen. Lauschend blieb er stehen, konnte aber nichts Verdächtiges ausmachen. Langsam taste er sich vorwärts und setzte so leise wie möglich einen Fuß vor den anderen, bevor er sich an einem schemenhaft zu erkennenden Tisch vorbei schob.
    Er wähnte sich schon in Sicherheit, als er ein Geräusch schräg hinter sich vernahm.
    Halb herumgedreht bekam er mit einem Mal einen Schlag in die Seite und wurde umgeworfen. Sehen konnte Logen nicht das Geringste, spürte jedoch wie jemand auf ihm landete und versuchte ihn zu Boden zu drücken.
    Mit einer Drehung nach Rechts versuchte er sich zu befreien und stieß sein Gegenüber von sich weg.
    Als er wieder aufrecht stand, schaute er sich um, konnte aber nichts erkennen. Unerwartet traf ihn eine Faust im Gesicht, den zweiten Hieb konterte er jedoch noch rechtzeitig. Das rettete ihn aber nicht vor dem darauf folgenden Bauchtritt.
    Luft entwich ihm, als er gegen die Wand schlug. Kaum das er sich wieder berappelt hatte, wurde er bei seiner Uniform gepackt und durch den Raum gewirbelt. Schließlich landete er mit dem Rücken auf einem Bett, das unter ihm ächzte.
    Schon im nächsten Moment war sein Angreifer über ihm. Kaltes Metall berührte Logens Kehle und ließ ihn sofort inne halten.
    "Du bist tot.", flüsterte eine vertraute Stimme neben seinem Ohr.
    Ein schadenfrohes Kichern erklang, während der Griff sich lockerte und er mit seiner rechten Hand nach dem Lichtschalter greifen konnte.
    Logen fand sich in seiner verwüsteten Kabine wieder und über ihm hockte niemand geringeres als - Lucy.
    Das Kampfmesser immer noch in der Rechten, hinterließ einen kleinen roten Kratzer auf seinem Hals zurück, bevor sie es wieder in die Halterung ihrer Hose schob. Einige Haare waren ihr im Laufe des Gerangels vor die Augen gerutscht, die sie nun vergeblich versuchte aus dem Blickfeld zu pusten. Eine kleine Schramme bildete sich auf ihrer Stirn, welche wohl von dem zerbrochenen Tisch herrührte.
    "Lucy...das wäre doch nicht nötig gewesen."
    "Nicht..? Als ich bemerkte wie sich ein gewisser Private in die Kabine schlich, dachte ich, dass es sich geradezu anbietet ihm eine kleine Lektion in Sachen Nahkampf zu erteilen...", neckte Lucy ihn.
    "Nun falls es nur darum ging mich ins Bett zu bekommen, hätte eine Frage ausgereicht."
    "Wie bitte? Ich würde mich doch nie mit einem niederen Dienstgrad einlas..."
    Logen ließ sie nicht ausreden und zog ihr linkes Bein zur Seite. Gekünstelt schrie Lucy auf, als sie plötzlich die Plätze tauschten.
    "Und wie sieht es aus, habe ich bestanden...Sergeant?", Logen wusste sie konnte es nicht ausstehen wenn er sie so außer Dienst nannte, konnte aber nicht widerstehen.
    "Oh, du..."
    Durch ihn wieder angestachelt, vollführte sie einen ihm unbekannten Handgriff und saß nach einem kurzen hin und her wieder oben auf.
    Dabei hatte sich ihr sonst zum Zopf gebundenes Haar gelöst und hing nun bis auf ihre Schultern herab. Leicht schnaufend schaute sie ihn noch einen Moment an, bevor sie sich zu ihm hinunter beugte.
    "Die Lektion war noch nicht vorbei..."
    Sie küsste ihn voller Leidenschaft, während Logen mit einer Hand durch ihre blonden Haare fuhr und die andere langsam von der Taille aufwärts wandern ließ. Begierde spiegelte sich in Lucys Augen wider, als sie spielerisch die Verschlüsse ihrer Jacke öffnete und von sich warf. Das die Lampe klirrend mit zu Boden gerissen wurde, schenkten die ineinander verschlungenen Gestalten jedoch keinerlei Aufmerksamkeit mehr.
    Zurück blieben nur verräterische Geräusche, während die Kabine wieder in Dunkelheit versank.


    Kapitel 2

    Sechs Monate waren nun schon vergangen, seit sie die Vanduul verseuchte Station betreten hatten und selbst nur knapp entkamen. Manchmal hatte Logen immer noch Alpträume von den unzähligen Leichen. Wie der Vanduul mit einer unbändigen Wut und Rachelust in den Augen auf ihn zugeprescht war. Jedes Mal wenn er danach schweißgebadet und mit rasenden Herzen aufwachte, schwor er sich, nie wieder in eine derartig Lage zu kommen.
    Doch meist kam er gar nicht dazu, länger über solch trübselige Dinge nachzudenken, denn nun hatte er jemanden gefunden der ihm wirklich etwas bedeutete. Seine vorherigen Beziehungen hatten nie lange angehalten, was hauptsächlich an seinem Dienst bei der UEE lag, aber mit Lucy war das etwas anderes. Sie war die ganze Zeit um ihn herum, sah und erlebte genau dasselbe wie er.
    Die gemeinsamen Missionen auf welche sie in den letzten Monaten geschickt wurden, schweißten sie nur noch mehr zusammen und machten sie zu einem unschlagbaren Gespann. Außerhalb des Dienstes verbrachten sie soviel Zeit wie möglich miteinander, auch wenn sie dabei nicht gerade zimperlich miteinander umgingen, wie es gestern Nacht wieder einmal der Fall gewesen war. Doch wahrscheinlich liebte er genau das so sehr an ihr.
    "Ich hoffe sie haben alle ausgeschlafen?!", schallte die Stimme von Sergeant Major King durch das Trainingsdeck.
    Noch dabei die hastig angezogenen Trainingsanzüge zurecht zurücken, kam ihm nur ein undeutliches Gemurmel als Antwort entgegen.
    Mehrere Squads standen ihm in Reih und Glied gegenüber, darunter auch ihres. Logen und Lucy waren zwar nicht ganz topfit, sahen aber nicht im Geringsten so fertig aus wie Viktor und Roke.
    Zuletzt hatte er die beiden mit einigen Technikern Karten spielen sehen, was wohl daraus geworden war?
    "Ich konnte sie nicht hören! Wie war das?!", rief er nochmals mit aller Kraft und ließ alle Anwesenden aufschrecken.
    Breitbeinig und die Arme in die Hüften gestemmt, stand King vor ihnen, streifte dabei jeden mit seinem eiskalten Blick. Obwohl er schon in Fünfzigern war, flößte er doch jedem mit seiner kräftgen Statur Respekt ein. Seine Verärgerung wurde durch die Falten in seinem Gesicht noch deutlicher, während er versuchte seine ergrauenden Haare unter einem Barett zu verstecken.
    "Sir, Ja, Sir!"
    "Was war das denn?! Das konnte ja sogar meine tote Großmutter besser als ihr! Also was wolltet ihr sagen?!", brüllte King sie an und lief an ihren Reihen auf und ab.
    "Sir! Ja! Sir!", grölten alle noch einmal umso lauter.
    "Wunderbar! Dann werden wir heute eine Menge Spaß haben, also setzt euch in Bewegung! Los, Los!"
    Von King angetrieben, fingen sie an ihre Runden zu drehen. Jeder der drohte schlapp zu machen wurde gnadenlos von ihm nieder gebrüllt. Das ging jetzt schon eine Woche so, da ihr letzter Sergeant Major in seinem Quartier beim Essen erstickt war. Hätte er stattdessen bei ihnen in der Messe gegessen, wären jetzt wahrscheinlich alle glücklicher.
    "Was für ein riesen Arschloch.", japsend setzte Roke sich neben Logen.
    "Das lass ihn mal bloß nicht hören, sonst kannst du noch den ganzen Hangar schruppen."
    "Den Spinner lass ich do..", bevor er den Satz beenden konnte, war plötzlich King auf ihrer Höhe.
    "Wollen Sie etwa schon aufgeben, Private?! Muss ich ihnen erst Beine machen?!", schrie er ihm förmlich ins Ohr.
    "Sir, Nein, Sir!"
    Roke raffte sich wieder auf und King suchte sich den nächsten Trödler heraus.
    "Was habt ihr beiden den gestern noch getrieben? Ich dachte ihr habt nur Karten gespielt.", fragte Logen da nun seine Neugier geweckt war.
    "Nun du kannst dir sicher sein, dass wir kein Zusatztraining wie du und Lucy eingelegt hatten.", gab er grummelnd wieder.
    Roke wusste schon von Anfang an über sie Bescheid und war immer noch der Meinung, dass er ebenso gut an Logens Stelle sein könnte, ließ es aber inzwischen auf sich beruhen. Viktor dagegen hatte es erst gemerkt, als Roke ihn darauf aufmerksam machte. Den Blick von Viktor, als er es zugab, wird er nie vergessen können.
    "Sagen wir, Viktor hatte eine tolle Idee unser Glück zu steigern.", meinte er vage.
    "Lass mich raten, eure tolle Idee hatte etwas mit Betrügen zutun?"
    "Was, nein überhaupt nicht...bloß waren unsere Mitspieler anderer Ansicht. Wir hatten das natürlich sofort abgestritten, aber die ließen sich nicht überzeugen. Also sind wir...abgehauen.", gab er ungern zu.
    "Ihr seid durch das ganze Schiff gewetzt? Ha! Hat sich das wenigstens gelohnt?"
    Etwas Unverständliches Murmelnd beschleunigte Roke und ließ ihn zurück. Einige Köpfe drehten sich neugierig zu Logen, als er anfangen musste zu lachen.
    Die täglichen Übungen hatten sie eigentlich beendet, aber King hatte für sie noch eine "Überraschung" vorbereit. Er verschwand kurz und tauchte wieder mit einer Tasche und zwei Gewehren unter dem Arm auf.
    "Wissen Sie, es gibt in meiner Familie eine alte Tradition..."
    Das eine Gewehr legte er auf den Boden und öffnete die Tasche.
    "...und ich wüsste keinen Grund, wieso sie nicht auch davon profitieren sollten."
    Er holte eine Klinge hervor und befestigte die unter dem Gewehrlauf.
    "Ich präsentiere ihnen - Das Bajonett.", fast hätte man meinen können King versuche zu lächeln, doch sah es mehr wie eine Grimasse aus.
    Alle wussten zwar was ein Bajonett war, doch war ihnen keine Einheit in der UEE Army bekannt die diese auch einsetzte.
    Es war eigentlich schon vorhersehbar, dass Roke wieder einmal als erster seine Klappe aufreißen musste.
    "Ein Bajonett? Das soll ein Scherz sein, oder?"
    Als würde ein Raubtier seine Beute erfassen, hefteten sich Kings Augen auf Roke.
    "Private...Hanks, richtig? Wieso erklären Sie uns nicht genauer was Sie meinen?", erwiderte King mit gesenkter Stimme, dass Logen ein eiskalter Schauer über den Rücken lief.
    Jeder schien die Luft anzuhalten, da alle spüren konnten dass King einen Hintergedanken hatte. Alle außer Roke. Er legte sich regelrecht die Schlinge selbst um den Hals.
    "Sicher. Ich mein wozu soll ich mir so ein unnötiges Gewicht aufladen. Wenn ich meinen Gegner sehe erschieße ich ihn und warte nicht darauf das er näher kommt. Selbst wenn es mal eng wird habe ich immer noch mein Kampfmesser."
    "Sie glauben also derjenige mit Bajonett besitzt keinerlei Vorteil?", hakte King nach.
    "Genau.", sagte er ohne Bedenken.
    King hob das am Boden liegende Gewehr auf und hielt es Roke hin.
    "Na dann zeigen sie doch mal wie sie das anstellen würden."
    Jetzt mit einem doch etwas mulmigen Gefühl, stellte er sich dem Sergeant Major fünf oder sechs Meter gegenüber. Der Rest der Soldaten formte einen Halbkreis um die beiden, mit einem gewissen Abstand versteht sich.
    "Folgende Situation: In Schwierigen Gelände taucht unerwartet ein Feind direkt vor ihnen auf, Sie wollen schießen doch ihr Magazin ist leer. Was tun Sie?", während er das sagte brachte King sich in Position, dass Bajonett auf Roke gerichtet.
    "Ich...", nur einen Moment zögerte Roke, doch das reichte schon.
    Einem eindrucksvollen Kampfschrei ausstoßend, überbrückte King ihren Abstand in wenigen Augenblicken. Logen erinnerte es frappierend an den Vanduul aus seinen Alpträumen und verfolgte gebannt jeden Handgriff.
    Roke reagierte viel zu langsam, da ihn der Schrei irritiert hatte. Die Klinge konnte er noch zur Seite ableiten, bekam jedoch als nächstes einen Schlag mit dem Kolben in die Magengrube und ließ die Waffe fallen. Hektisch glitten seine Finger bei der Suche nach seinem Kampfmesser über den Gürtel.
    Aber King hatte bereits einem lang gezogenen Streich ausgeholt und wäre es nicht nur ein Übungsbajonett gewesen, hätte er ihn wohl von der Schulter bis zur Hüfte aufgeschlitzt. Krachend landete er auf dem Boden.
    Logen konnte nicht umhin, Roke diese Abreibung mal so richtig zu gönnen. Obwohl er es ein paar Tage später bestimmt schon wieder so klingen lassen würde, dass er King absichtlich gewinnen ließ, um ihn nicht vor der Truppe zu blamieren.
    Sergeant Major King reichte Roke die Hand und half ihm aufzustehen, bevor er sich an die Umstehenden wandte.
    "Wir sind bei der Army ihr Pfeifen, bekommt ihr das in euren Kopf?! Nicht bei der verweichlichten Navy, die sich in ihre Sitze kuscheln können, während ihnen ein paar bunte Anzeigen verraten worauf sie schießen müssen! Wir haben auch keinen Rettungskapseln die uns aus dem Kampf befördern, wenn wir Schiss kriegen! Für die Drecksarbeit, dafür sind wir da! Von Angesicht zu Angesicht stehen wir dem Abschaum dieser Welt gegenüber und können uns nicht hinter eine paar Tonnen Stahl und Schilden verstecken! Wir nutzen jeden Vorteil aus der sich uns bietet!", redete er sich in Rage.
    Einige in der Nähe stehende Angehörige der Navy hatten anscheinend die nicht zu überhörenden Ansprache mitgehört und fluchten nun leise vor sich hin oder spuckten verächtlich aus. Mehr wagten sie jedoch nicht aufgrund der versammelten Army Truppe.
    Bisher hatte Logen immer nur in der Theorie von Bajonettangriffen und deren psychologische Wirkung auf den Feind gehört. Geübt hatten sie so etwas aber nie. Doch jetzt wo er es in Aktion erlebt hatte, sicher es war nur Roke und nicht ein blutrünstiger Vanduul, reizte es ihn dennoch diese Art des Kampfes zu beherrschen.
    Entschlossen trat er einen Schritt nach vorn.
    "Sir, wann können wir mit dem Training beginnen?"
    "Ha! Der erste hats verstanden, das Lob ich mir! Schnappen sie sich alle ein Gewehr und gehen sie in Position, wir beginnen umgehend!"
    Ab da an gehörte das Training mit dem Bajonett zu ihren täglichen Übungen und mit der Zeit entwickelte sich bei ihnen sogar eine regelrechte Hingabe zu der eigentlich schon ausgestorbenen Kampfart der Army. Der Rest des Regiments machte sich zuerst nicht viel aus der Spielerei ihres Sergeant Majors, doch kamen immer wieder vereinzelt neugierige Soldaten oder ganze Squads vorbei, um sich ihre Fähigkeiten abzuschauen. Schließlich wurde sogar Colonel Calendorn darauf aufmerksam. Es bedurfte jedoch einer Menge Überzeugungsarbeit, da sich einigen Offizieren der Sinn und Zweck dahinter entzog. Aber letztendlich ließ der Colonel sich doch erweichen. Systematisch wurde es daraufhin durchgesetzt. Das Regiment machte dadurch eine bemerkenswerte Veränderung durch. War es bisher nur ein loser Haufen Soldaten aus allen Ecken der Galaxie gewesen, ohne jedwede Identität, hatte es sich innerhalb eines Jahres in eine tief verbundene und schlagkräftige Truppe verwandelt. Sicher sie sahen eine Menge Gräuel, doch ihre gemeinsames Vorgehen gegen Piraten und Vanduul stählten sie, sowohl Körperlich als auch Geistlich. Sie waren zudem das einzige Regiment in der UEE Army, welches sich auf Nah- und Bajonettkampf spezialisiert hatte. Einige mutmaßten sogar, das Regiment würde soweit gehen und die Bajonette als Hauptwaffe nutzen. Doch Gerüchte gab es viele und die wenigsten waren wahr, aber eins ging in letzter Zeit mehrfach unter den Soldaten des 83.Infanterie Regiments um. Angeblich war demnächst ein größerer Einsatz geplant bei dessen Ausführung sie eine Schlüsselfunktion inne hatten. Von einigen ihrer Taktik wegen immer noch belächelt, brannte jeder darauf auch die letzten Zweifler verstummen zu lassen.


    Kapitel 3

    Einen trainingsreichen Vormittag hinter sich, schlenderte Logen zur Messe und nahm absichtlich einen Umweg, da er dem ersten Ansturm auf das Essen gerne aus dem Weg ging.
    Zwischendurch traf er immer wieder einige Kameraden aus anderen Trupps und grüßte freundlich zurück. Beschäftigt aussehende Schiffsingenieure kamen ihm entgegen, hoben aber meist gar nicht den Kopf, viel zu sehr auf die technischen Daten ihres MobiGlases fixiert. Piloten und einige andere Navy Mitglieder warfen ihm jedoch Blicke zu, als würden sie ihn am liebsten auf den nächsten Planeten aussetzen. Die Landung mit der Freelancer war immer noch nicht von allen vergessen, schließlich hatte er ein regelrechtes Chaos angerichtet. Es gab auch immer wieder Streitigkeiten zwischen Soldaten der Army und Navy, was wohl an der langen Zeit im All lag. Denn während sich Soldaten der Army immer besser miteinander verstanden, war das Verhältnis zu den Abteilungen der Navy empfindlich abgekühlt. Einen absurden Versuch des Colonels und Admirals, welche sich selbst nicht ausstehen konnten, Verbundenheit zu zeigen setzte dem ganzen die Krone auf. Ein gemeinsames Essen in der Messe, das im Endeffekt aber so wirkte als säßen sich zwei verfeindete Clanführer der Vanduul gegenüber.
    Vor sich bemerkte Logen zwei Techniker mit genervten Blicken, die an einer Konsole rumfummelten. Das Schott ein Stück hinter ihnen schien sich unkontrolliert immer wieder zu schließen. Da er nicht solange warten wollte bis das Problem gelöst war, knickte er in den Gang zu seiner Rechten ein und fragte sich den Rest des Weges durch.
    Irgendwo schien er falsch abgebogen zu sein, denn plötzlich waren die Gänge vor ihm wie leergefegt. Er nahm sogar das Wummern des Schiffsreaktors unter seinen Füßen wahr.
    "Das kann doch nicht so schwer sein...", redete er mit sich selbst.
    Im nächsten Moment kam einer der Adjutanten vom Admiral um die Ecke, Lukos glaubte er, begleitet von vier Kraftprotzen in Uniform der Navy. Logen wollte es auf einen Versuch ankommen lassen und ihn nach der Richtung fragen.
    "Hey, Lukos Sie wissen nicht..."
    Ansatzlos wurde er von einem der Begleiter brutal aus dem Weg geschoben.
    "Verpiss dich, Kanonenfutter."
    Freundliche Kerle. Ein Nein hätte auch gereicht.
    Verärgert schaute er ihnen hinterher, als ihm plötzlich die umgeschnallten Pistolen auffielen. Das war kein Standard der Navy oder Army, aber irgendwie kamen sie ihm bekannt vor.
    Er versuchte sich noch einen Reim darauf zu machen, als jemand schmerzhaft nach seiner Schulter griff.
    "Verdammt..."
    "Sorry, das Ding hat immer noch seine Macken."
    Viktor kam in sein Blickfeld, der seine Prothese genervt anschaute.
    Sein Körper hatte die Elektronik gut angenommen, dennoch war es eine enorme Umstellung gewesen. Es hatte schon ewig gedauert bis er wieder ein Glas greifen konnte, ohne das es zersplitterte. Die Stärke dahinter war einfach immens.
    Gepeinigt rieb Logen sich die Schulter.
    "Wenn du mir sagen kannst wo wir die Messe finden, verzeih ichs dir vielleicht."
    "Klar, komm mit. Ich muss dir sowieso noch was erzählen."
    Einige Minuten später waren sie in ein hitziges Gespräch verwickelt.
    "Ein Konzern? Was für ein beschissener Konzern?", verlangte Logen mit Nachdruck zu wissen.
    "Keine Ahnung, hat er nicht gesagt. Nur das ihm die Daten zu heiß wären und er sich aus dem Staub machen wollte. Und seit letzter Woche hab ich gar nichts mehr von ihm gehört."
    Mit einem Konzern war nicht zu spaßen, erst recht nicht wenn es um geheime Forschungsdaten ging. Hätte er bloß die Finger davon gelassen.
    "Scheiße...wollen wir bloß hoffen, dass die deinen Freund nicht gerade ausquetschen. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass die uns ohne ihn ausfindig machen?"
    "Wenn sie die Verbindung zurückverfolgen wissen sie auf jeden Fall, dass das Signal von diesem Träger kam. Aber bei den ganzen Leuten die hier rumlaufen werden die nie..."
    "Lösch die Daten. Ich hab keine Lust mich mit einen Konzern anzulegen."
    "Bist du sicher? So wie das aussieht müssen die ja ganz schön was wert sein."
    "Ich würd mich auch über schnelles Geld freuen, aber wenn die uns finden können wir froh sein, wenn wir nur vors Gericht kommen."
    Das schien Viktor zu überzeugen. Resigniert öffnete er die Daten mit dem MobiGlas, verharrte jedoch einen Moment mit seinem Finger über dem Feld Löschen.
    "Hoffen wir du hast Recht...", murmelte er und bestätigte den Löschvorgang.


    Kapitel 4

    Einigermaßen satt und die Sache mit Viktor schon wieder vergessen, lief er am Hangarbereich vorbei, auf dem Weg zum Trainingsdeck. Durch die Glasscheibe sah er wie gerade eine Hornet im Boden verschwand, wo schon das Wartungspersonal bereitstand. Zwei weitere wurden ebenfalls in Position gebracht, doch mussten sie sich noch gedulden, denn ein Shuttle der Navy drängte sich vor. Die Techniker wolten schon lautstark protestieren, doch als der Chefingenieur schrie, sie sollten sofort weitermachen, fügten sie sich den Befehlen.
    Logen dachte sich nichts weiter dabei und setzte seinen Weg zum Trainingsdeck fort.
    Als er eintrat, waren schon mehrere Squads mitten im Bajonetttraining und übten neue Schritte ein. Er entdeckte Lucy, die dabei war Anweisungen zu geben. Noch ein bisschen größer und sie wäre die weibliche Version von King.
    Logen griff sich ein Gewehr vom Waffenschrank, befestigte das Übungsbajonett und gesellte sich zu Lucy.
    "Dürfte ich Sie wohl um einen Tanz bitten, Sergeant?", flüsterte er ihr zu.
    Sie drehte sich um und schaute ihn misstrauisch an.
    "Du und Tanzen? Das glaub ich erst wenn ich es sehe."
    "Das ließe sich einrichten...doch eigentlich hatte ich etwas anderes im Sinn.", sagte er und hielt sein Gewehr hoch.
    "Na wenn das so ist, wie könnte ich solch ein verlockendes Angebot nur abschlagen? Aber machen wir es doch ein wenig spannender..."
    Sie entfernte die Attrappe und zog ein scharfes Bajonett hervor. Abwartend schaute sie Logen an.
    "Ist das dein Ernst?"
    Es hatte schon andere gegeben die auf die gleiche Idee gekommen waren. Bis zum ersten Blutstropfen wurde gekämpft. Doch nicht selten ging dabei auch mehr verloren.
    Lautlos formten ihre Lippen ein Wort. Angsthase.
    Sie wollte es mal wieder auf die Spitze treiben, den Nervenkitzel spüren. Aber auch er konnte sich dem nicht entziehen, nach Wochen elendigen Rumsitzens verstand er sie nur zu gut.
    Die Attrappe landete klappernd auf dem Fußboden und er brachte sein Bajonett an. Ein letzter Blick in ihre Augen verriet ihm, dass sie nicht eine Sekunde daran gezweifelt hatte.
    Sie nahmen den normalen Abstand ein und nickten sich zu sobald sie bereit waren.
    Kurz darauf stürmten sie aufeinander zu, die blanken Bajonette zum Duell erhoben.
    Lucy täuschte zuerst einen Stich auf seine Schulter an, lenkte dann aber die Klinge seinem Knie entgegen.
    Doch damit hatte er schon gerechnet, zog sein Bein zurück und trat im nächsten Moment gegen ihren Gewehrlauf. Gleichzeitig versuchte er ihren Ellbogen zu treffen.
    Aber so einfach war sie nicht zu überlisten. Sie sprang beiseite und ließ ihr Bajonett wieder hervorschnellen.
    Ein Schritt zur Seite und er entging der Spitze, nur seine Kleidung wurde durchbohrt.
    Was beide nicht bemerkten, war wie die anderen Soldaten in ihren Übungen inne hielten. Alle wussten wie gefährlich es werden konnte und beobachten gespannt Logen und Lucys Darbietung. Die nächste ganz natürliche Reaktion für Soldaten kam nur wenige Augenblicke danach. Sie wetteten.
    Aber darauf achteten die beiden gar nicht, viel zu sehr auf den Kampf konzentriert.
    Kreischend trafen sich ihre Bajonette zwischen ihnen, wobei sie sich mit einem Lächeln begegneten.
    Lauernd umkreisten sie sich, darauf bedacht sich keine Blöße zu geben.
    Er versuchte es mit einer Finte, allerdings fiel sie nicht darauf herein.
    Beide suchten eine Schwachstelle und starteten schließlich fast gleichzeitig ihren Angriff.
    Logens Bajonett verpasste ihr einen blutigen Schnitt am Oberarm und er wollte schon den Sieg auskosten, spürte aber wie sich etwas unmittelbar danach durch seinen Oberschenkel bohrte.
    Überrascht sahen sie sich an, keiner hatte mit einem Unentschieden gerechnet.
    Kaum hatten die Schaulustigen gesehen was passiert war, beschwerten sie sich auch schon lautstark. Einige versuchten Logen oder Lucy als Gewinner dastehen zu lassen, andere forderten sogar eine Wiederholung. Alle redeten wild durcheinander.
    Besorgt schaute Lucy ihn an, nachdem sie die Bajonetthalterung vorsichtig gelöst hatte. Ihren Schnitt am Arm ignorierte sie einfach, während sie ihm einen provisorischen Verband anlegte.
    "Tut mir leid, ich..."
    "Lass gut sein, schließlich hab ich es doch auch herausgefordert.", versuchte er sie zu beschwichtigen.
    "Nein, ich habs übertrieben, dass..."
    Logen wollte nicht das sie sich jetzt auch noch unnötige Vorwürfe machte, also tat er das einzige womit er sie aus dem Konzept bringen konnte. Er drückte ihr sanft einen Kuss auf die Lippen, was nach einem kurzen Moment der Verwirrung wieder ein Lächeln bei ihr hervorzauberte.
    "Ich bin genauso schuld, also lass uns einfach die Krankenstation suchen, einverstanden?"
    Sie nickte nur und legte seinen Arm um ihren Nacken.
    So verließen sie zwar humpelnd und blutend den Hangar, konnten sich jedoch ein Grinsen aufgrund ihrer gemeinsamen Dummheit nicht verkneifen.


    Fortsetzung folgt...

  4. Cypher
    // Am 24.01 noch einmal leicht verändert



    Prolog

    Eine Woche verging, während sie auf der Jagd nach den Piratenschiffen waren. Unerwarteterweise waren es die Piraten selbst die sie zu ihnen führten. Ein Notrufsignal wurde aufgefangen, zwar nicht für ihr Geschwader bestimmt, aber wen störte das schon. Als sie an den Koordinaten ankamen, orteten die Scanner eine Station welche zwischen Asteroiden versteckt war.
    Das Gebiet sah aus als hätte hier ein kleiner Krieg geherrscht und offensichtlich hatten die Piraten verloren. Mehrere Wracks, begleitet von einigen erkalteten Leichen schwebten durch das All. Der Funk war Tot und die Station sah auch nicht mehr allzu stabil aus. Jegliches Anzeichen dafür wer das verübt hatte fehlte, ebenso konnten die großen Schiffe nicht dicht genug für eindeutigen visuellen Kontakt heran fliegen um die Lage aufzuklären. So wurde beschlossen einige Trupps an Bord der Station zu schicken, um auszukundschaften was sich ereignet hatte und ob sich dort eventuell noch Überlebende von der Forschungsstation befinden könnten.


    Kapitel 1

    Die Einzelteile seiner Waffe vor sich ausgebreitet, saß Logen in seiner Kabine. Mit bestmöglichster Sorgfalt hatte er seine Waffe gereinigt und wollte sie gerade wieder zusammenschrauben, als er bemerkte das jemand ihn anschaute.
    Ein belustigtes schmunzeln auf den Lippen, stand Lucy in voller Montur in der Tür, ihren Helm unter den Arm geklemmt.
    Logen wusste was Sie so amüsant fand. Seit geraumer Zeit saßen sie auf diesem Schiff fest und sonderlich viel gab es nicht zutun. Bisher hatte er es nur als unglaublich nervtötend und zeitraubend empfunden, die Waffe zu zerlegen, zu reinigen und dann wieder zusammen zusetzen. Doch mittlerweile entspannte es ihn sogar und hatte ihn dazu gebracht dies mehrmals am Tag zu wiederholen. Um genau zu sein, dachte Logen sich, war es für ihn schon zu einer Art der Meditation geworden.
    „Luc…ähm Sergeant, was kann ich für sie tun?“, sagte er nicht ganz sicher wie er sie ansprechen sollte.
    „Basteln Sie ihr Gewehr wieder zusammen und packen sie ihre Ausrüstung zusammen. Wir müssen in einer halben Stunde im Hangar sein.“, entgegnete sie knapp.
    Unverzüglich machte er sich daran den Rest seiner Waffe zu verbauen und schnappte sich seine Ausrüstung. So wie sich das anhörte hatten sie eine Chance bekommen, diesen beengenden Träger zu verlassen und darauf wollte er auf keinen Fall verzichten.
    Auf den Weg zum Hangar fing Lucy an zu erklären worum es sich bei den Einsatz eigentlich handelte, Logen hörte aber gar nicht richtig hin, da er
    viel zu sehr von ihren anmutig hin und her schwingenden Hüften abgelenkt war. Als sie das bemerkte, drehte sie sich abrupt um und drückte ihn gegen die Rohre, welche an der Wand entlangliefen.
    „Wenn ich mit ihnen rede hören sie gefälligst zu und starren nicht auf meinen Arsch, haben sie mich verstanden?“, flüsterte sie wenige Zentimeter von seinem Gesicht entfernt.
    „Ja, Mam.“, hauchte er leise als Antwort, während ihn ein Ventil schmerzhaft in den Rücken stach.
    Jetzt war es um ihn geschehen, er wusste nicht warum, doch sie hatte ihn nun vollkommen in ihren Bann gesogen.
    Sie setzte sich wieder in Bewegung, wobei Logen diesmal wirklich versuchte seine Augen geradeaus zu richten, und erläuterte den Rest des Ablaufs. Dann blieb sie wieder stehen und Logen dachte schon sie wollte ihn schon wieder anfahren. Doch dann schaute sie nur über die Schulter und lächelte ihn verführerisch an.
    „Jetzt dürfen sie mir auf den Arsch glotzen, Private.“
    Logen blieb der Mund offen stehen und wäre fast gegen eine offene Kabinentür gelaufen. Hatte er sich gerade verhört? Schnell fasste er sich wieder und beeilte sich hinterherzukommen.
    Im Hangar angekommen, warteten Roke und Viktor schon auf sie. Ein weiterer Trupp machte sich ebenfalls Einsatzbereit.
    Ihr Begleitschutz, sechs Hornets, waren schon dabei aufgetankt und aufmunitioniert zu werden. Roke hantierte mit einem Raketenwerfer, als er die beiden kommen sah und begrüßte sie scherzend.
    „Da seid ihr ja und ich hatte mich schon gefreut, dass ich mit unserem Technikfreak allein auf die tote Station darf.“
    „Sie werden drüber hinwegkommen. Und was haben Sie mit dem Werfer vor? Bestenfalls verschaffen der uns einen Freiflug im All, wenn Sie damit rumballern.“
    Missmutig blickte er den Raketenwerfer an, schnallte ihn sich dann doch über. Lucy fing indessen an mit dem Piloten zu sprechen.
    Logen ging in der Zeit zu Viktor, um sich zu erkundigen was aus den Forschungsdaten geworden war.
    „Die Daten? Achja, ich hab sie an einen Kumpel von mir weitergeleitet der wird mir demnächst sagen können was sie wert sind. Und dann…“
    Viktor hielt inne, als er Lucy rüberkommen sah.
    „Seid ihr fertig mit plaudern? Wir müssen los.“
    „Lass uns das nach der Mission besprechen.“
    Logen bestätigte das mit einem Nicken und folgte ihm in den Transporter.
    Nachdem sie sich festgeschnallt hatten, ertönte über Funk die überschwängliche Stimme des Piloten.
    „Willkommen beim Militärischen Taxidienst, bitte achten sie darauf, dass ihre Waffen jederzeit gesichert sind und versuchen sie offenes Feuer zu vermeiden. Der Ausstieg befindet sich an der Rückseite des Fahrzeugs, der Notausstieg ist derselbe. Möglicherweise könnten Turbulenzen auftreten, durch Laser- oder Raketenbeschuss. Ansonsten wünsche ich ihnen einen angenehmen Flug.“
    Logen musste lachen, während Roke gar nicht begeistert schien.
    „Verrückte Piloten…“, murmelte er.
    Im nächsten Moment erhob sich der Transporter und trug die Besatzung durch Unendlichkeit des Raumes auf die Station zu.
    Hätte nun jemand in dessen Observationsdeck gestanden, welches sich ein gutes Stück über den runden Hauptbereich der Konstruktion befand, könnte er die militärische Präzision der Acht Flugobjekte begutachten. Der Haupthangar war versiegelt, deshalb wichen die beiden Transporter zu den beiden Nebenhangars aus, jeweils begleitet von zwei Hornets. Die beiden übrigen Abfangjäger kontrollierten in einem größeren Radius die Umgebung. Der Transporter kam langsam an einer der kleineren Andockschleusen zum stehen. Mit einem letzten Funkspruch drehten die beiden Hornets bei, um in Lauerstellung auf ihren Einsatz zu warten.
    "Viel Glück da drinnen, jetzt seid ihr auf euch gestellt."
    Ihr Squad machte sich bereit zum Eingriff und positionierte sich hinter der Schleuse.
    "Alle bereit?", vergewisserte Lucy sich, bevor sie dem Piloten ein Zeichen gab.
    Zischend öffnete sich die Schleuse und Logen stürmte als erster hinein. Zunächst Schutz suchend hinter einer Kiste, sicherte er sein Team ab. Dabei konnte er einen ersten Blick auf das Chaos im Inneren der Station werfen.
    Von seiner Position aus ging eine Treppe an der Wand entlang zum eigentlichen Verladebereich. Eine veraltete Freelancer mit geöffneter Laderampe, nahm den größten Platz des Hangars ein und mehrere Vorratskisten waren an der gegenüberliegenden Wand gestapelt. Dazwischen lag ein umgekippter Mech, mit einem toten Piraten an Bord. Eine Spur aus Munition führte zu einem weiteren Piraten, zumindest von der Hüfte aufwärts, der neben einer Steuerkonsole für das Hangartor lag. Anscheinend hatte sich auch noch ein dritter in der Freelancer aufgehalten, doch anhand der großen Blutmenge an den Cockpitscheiben, konnte man wohl daraus schließen, dass er das gleiche Schicksal erlitten hatte. Der Rest seines Squads war inzwischen dazugekommen und sah dieses Blutbad ebenso angewidert an wie Logen.
    "Was war denn...", begann Roke, Lucy schnitt ihm jedoch das Wort mit einem Handzeichen ab.
    Roke und Logen deutete sie an die verbogene Tür zu sichern, welche tiefer in den Bereich hineinführte, während sie und Viktor die Freelancer durchsuchen würden. Langsam vorrückend passierten sie die Leiche neben der Steuerkonsole und nahmen Position Rechts und Links von der Tür ein. Logen schaute mit angelegter Waffe in den Gang hinein. Doch außer einem Werkzeugwagen war der Gang leer.
    "Alles sauber.", gab er an Roke weiter.
    Lucy und Viktor kamen wieder aus dem Freelancer, mit sichtlich beunruhigten Gesichtern.
    "Regelrecht zerfetzt wurde der Kerl da drinnen.", sagte Viktor mit zittriger Stimme.
    "Reißen sie sich wieder zusammen Private und geben sie über Funk die aktuelle Lage weiter. Ach und ihre Visiere können sie öffnen, die Luftversorgung funktioniert noch.“
    Sobald er die Verschlüsse geöffnet hatte, kroch ein widerlicher Gestank in Logens Nase, es war kaum auszuhalten.
    "Wollen wir unsere Zeit wirklich mit dieser toten Station verschwenden?", wandte Roke ein.
    "Wir werden unseren Job erfüllen, die Lage aufklären und nach Überlebenden Ausschau halten, so wie es geplant war.“
    "Soll dass ein Scherz sein? Hier liegt eine halbe Leiche und dann glauben sie noch an Überlebende?", ungläubig deute er auf die Überreste des Piraten.
    " Solange wir nichts Bestimmtes wissen werden wir nicht umkehren, verstanden?“, sagte sie energisch und war mit einem Satz im stockdunklen Gang verschwunden. Verärgert schaute Roke ihr hinterher.
    "Jetzt werden wir den Raketenwerfer vielleicht doch noch brauchen..."
    Mit mulmigem Gefühl folgten sie ihrem Sergeant.
    Je weiter sie vorankamen, desto schlimmer wurde es. Immer häufiger waren die Toten entstellt oder ihnen fehlten gleich ganze Gliedmaßen. Doch noch schlimmer als die ganzen Toten war nur noch die absolute Stille. Die einzigen Laute die sie wahrnahmen, war ihr eigenes Atmen und das knarzen der Ausrüstung.
    "Meint ihr dass es vielleicht einen Streit zwischen den Piraten gegeben hat und sie sich gegenseitig umgebracht haben?", mutmaßte Roke, während er misstrauisch einige Spinde an der Wand musterte.
    "Sei nicht albern, selbst die würden sich nicht so zurichten.", tat Viktor die Vermutung ab.
    Auf einmal kam in einen der Spinde Bewegung und brach auf. Herausgestürzt kam ein Mann mit nervösen Blick und brüllte unvermittelt los.
    "Endlich, ihr seid da! Wenn wir nicht sofort verschwinden werden wir alle sterben!"
    Unverzüglich reagierte das Squad, Logen schlug ihn unverblümt nieder und richtete den Lauf seiner Waffe auf dessen Gesicht. Lucy ließ ihn ebenfalls nicht aus den Augen, während Roke und Viktor den Umkreis absicherten.
    "Schnauze! Wer bist du und was verdammt ist hier passiert?!", wollte Logen gereizt wissen.
    "Was? Scheiße, ihr seid ja gar nicht von Darlow."
    "Darlow? Sag uns gefälligst was hier los war!", sagte er und erhöhte den Druck ein wenig.
    "Haha...ihr habt keine Ahnung wer das hier veranstaltet hat oder? Dann seid ihr schon so gut wie tot, ihr wisst es nur noch nicht!", trotz seiner misslichen Lage fing der Typ ernsthaft an zu lachen.
    "Wichser.", kurzerhand schlug Logen ihn bewusstlos.
    "Elender Piratenabschaum, Ich würde ihn zu gerne aus der nächsten Luftschleuse werfen..."
    "Nein, er ist bis jetzt unsere einzige Inform..."
    Lucy brach ab, als sie plötzlich eine Explosion aus dem inneren der Station durchrüttelte.
    Kurz darauf sprang der Funk an. Zuerst war nur eine von rauschen verzerrte Stimme zu vernehmen, doch dann drang einiges durch.
    "...sind hier! Überall!...können nicht mehr stan.....", der Rest bestand nur noch aus Gewehrfeuer und Schreien.
    Entsetzt starrten sie sich gegenseitig an. Lucy bekam sich zuerst wieder in den Griff.
    "Na los worauf wartet ihr noch, wir müssen sofort dahin!", schrie sie die anderen an.
    "Und was ist mit dem?", fragend sah Viktor zum bewusstlosen Piraten.
    "Lassen wir den hier verrotten, wir haben jetzt andere Probleme.", meinte Logen.
    Er hatte nicht die geringste Lust, seine Zeit mit einem Sklavenhändler zu verschwenden, wenn ein anderer Trupp unter Beschuss war.
    „Logen hat Recht, um den können wir uns später noch kümmern. Sperrt ihn wieder in den Schrank und dann los.“
    Schneller, aber immer noch langsam genug um auf jede Gefahr reagieren zu können, liefen sie den Kampfgeräuschen entgegen. Kurze Zeit später kamen sie den Lärm sehr nah und rückten nur noch sehr vorsichtig vor.
    Ein Stück vor ihnen, preschte unerwartet einer ihrer Leute mit schreckensweiten Augen und blutbespritzter Kleidung aus einer der Seitentüren. Er feuerte noch sein ganzes Magazin in den Eingang, bis er zu ihnen aufschaute.
    "Wir müssen...", war er im Begriff zu sagen, doch im gleichen Moment flog etwas blitzschnell aus dem Eingang und nagelte ihn regelrecht an die gegenüberliegende Wand.
    "Verdammt, ich glaub den können wir abschreiben...", meinte Roke halblaut.
    Während langsam das Blut aus dem erschlafften Soldaten rang, ertönten fremdartige Laute aus dem Eingang. Schnell suchten sie sich notdürftig Deckung.
    Angespannt beobachteten sie wie zuerst ein Schatten in den Gang fiel und dann die Gestalt in ihr Sichtfeld kam.
    Es war ein Vanduul.


    Kapitel 2

    Natürlich hatte Logen schon Vanduuls gesehen, doch bisher nur auf Bildern und in Videos. Dies war seine erste echte Begegnung. Er hatte zwar damit gerechnet irgendwann auf diese widerwärtige Kreaturen zu treffen, doch nicht das es schon so früh passieren würde.
    Grausam lachend zog der Vanduul sein Messer und schritt auf den Toten zu. Zwei weitere seiner Art betraten durch die Tür den Flur.
    "Scheiße, wo kommen die auf einmal her?!", flüsterte Viktor mit schreckensweiten Augen.
    "Ich glaub das mit der Rettungsmission können wir vergessen..."
    "Seid gefälligst Still!", befahl Lucy.
    Doch es war bereits zu spät. Einer der Vanduul streckte seinen Kopf in ihre Richtung und stieß einen Kriegsschrei aus. Sofort wurden seine Artgenossen aufmerksam.
    "Mist! Roke, eine Handgranate los!"
    Unverzüglich ließ Roke eine Granate vor dessen Füße segeln. Mit einem Ohrenbetäubenden Krachen bohrten sich unzählige Granatensplitter in den Körper des Vanduuls. Zwar war sein Anzug gepanzert, doch die Explosion war einfach zu nah, er wurde buchstäblich auseinandergerissen.
    "Feuer!"
    Logen legte auf den Vanduul mit dem Messer an und schoss. Der störte sich jedoch wenig daran und stürmte unverblümt weiter auf ihn zu. Er wollte weiterschießen, doch das Magazin stellte sich als leer heraus. Starr blickte er der hässlichen Fratze des Vanduuls entgegen, wissend dass er nicht schnell genug nachladen könnte. Logen glaubte ein Lächeln auf seinen Mundwinkeln zu erkennen und schon musste er sich vorstellen, wie der Vanduul ihn bei lebendigem Leib zerreißen würde. Da traf plötzlich eine Salve in die ungeschützte Seite des Vanduuls, welcher voller Schmerz aufbrüllte und dann zusammenbrach.
    Voller Erleichterung nickte er Viktor dankbar zu, bevor er ein neues Magazin einlegte.
    Der letzte Vanduul hatte sich inzwischen hinter einer Säule in Deckung begeben und ließ nun ungezielte Schüsse auf sie herabregnen.
    Lucy deutete ihnen an auf ihr Zeichen Feuerschutz zu geben.
    Während der Vanduul von ihnen beharkt wurde, sprinte sie los, sprang über einen umgestürzten Aktenschrank und rollte sich ab.
    Logen hätte zu gern das verdutzte Gesicht des Vanduuls gesehen, als Lucy ihr ganzes Magazin in dessen Kopf entleerte.
    Der erschlaffte Körper glitt zu Boden und danach herrschte wieder Stille.
    „Fuck! Yeah! Wir haben’s diesen Vanduulärschen gegeben! Niemand legt sich mit der Army an ihr Wichser!“, fing Roke an und trat gegen eine der Leichen.
    „Halten sie gefälligst ihre dämliche Klappe, Private! Wir haben einen ganzen Trupp verloren, verdammt!“
    „Das ist doch nicht unsere Schuld! Was können wir dafür wenn die sich…“
    Logen hatte es schon geahnt, doch Roke schien nichts mitzubekommen. Lucys Faust traf ihn vollkommen unvorbereitet. Trotz des Helms flog er auf den Boden und schaute verdattert zu seinem Sergeant auf.
    „Haben sie es jetzt verstanden? Gut, dann behalten sie die Tür da vorn im Auge.“
    Ohne ein Wort zu sagen, folgte Roke ihrer Anweisung.
    Selbst in dieser ernsten Situation musste Logen sich ein Lachen verkneifen. Vielleicht sollte er das auch mal bei Roke versuchen, obwohl das dann wahrscheinlich zu dem gleichen Ergebnis wie im Hangar führen würde.
    „Was machen wir jetzt? Ich mein die Wahrscheinlichkeit, dass hier noch welche von der Forschungsstation leben ist nicht gerade hoch und so wie es hier aussieht…“, fragend sah Viktor ihren Sergeant an.
    „Und was wenn es doch so ist? Wollen sie die hier einfach zurücklassen?“
    Viktor hatte schon den Mund geöffnet um zu antworten, ließ es dann aber doch bleiben.
    „Schön, dann ist das geklärt.“
    Einen Fuß vor den anderen setzend, bewegte ihr Sergeant sich vorwärts.
    Logen zuckte kurz mit den Schultern und folgte ihr. Er verstand zwar wieso Viktor hier schnellsten wieder weg wollte, aber er würde einen Dreck tun und hier Zivilisten zurücklassen, wenn er die Möglichkeit hatte sie rauszuholen.
    Roke kam gehetzt um die Ecke und sah beunruhigend blass aus.
    „Ich störe ja nur ungern, aber...da kommen noch mehr!“
    Lucy gab ihnen ein Zeichen sich bei der Tür Stellung zu beziehen. Logen warf sich sogleich neben die Tür und spähte vorsichtig in den Raum.
    Was früher wohl einmal die Messe gewesen war, hatte sich in ein Chaos aus Tischen, Stühlen und Besteck verwandelt. Der Stationskoch wäre vollkommen ausgerastet. Wenn er denn noch gelebt hätte. Nur anhand seiner Kleidung konnte Logen ihn noch identifizieren, viel war nicht mehr von ihm übrig. Wahrscheinlich hatte ihn irgendeine Energiewaffe gebrutzelt.
    Schon wollte Logen Roke fragen wieso er neuerdings Angst vor Schatten hatte, als eine Bewegung im angrenzenden Raum seine Aufmerksamkeit erregte.
    Die Augen angestrengt in die Dunkelheit gerichtet, riss er sie sofort wieder auf, als er erkannte was da auf sie zukam.
    „Oh nein…“
    Noch gerade rechtzeitig zog er seinen Kopf zurück, bevor auch schon die ersten Geschosse auf die Wand trafen und durch die offene Tür flogen.
    Sofort erwiderten die anderen das Feuer, richteten aber herzlich wenig an.
    Eine Granate scharf gemacht, warf Logen sie dem anrennenden Feind entgegen. Er sah noch wie ein Vanduul gegen die Wand geschleudert wurde und sich nicht mehr rührte. Doch gleich darauf folgte der nächste.
    „Haltet drauf!“
    Während die Vanduul in Deckung sprangen, ließ Logen sich zurückfallen und griff nach einem neuen Magazin an seinem Gürtel.
    Er konnte immer noch nicht fassen, dass sie hier auf Vanduul gestoßen sind. Was hatten sie hier eigentlich zu suchen? Hatten die Piraten etwa versucht mit ihnen Geschäfte zu machen? Das konnte er sich nicht vorstellen. Aber das die Vanduul ausgerechnet jetzt hier auftauchten, war das Zufall?
    Logen schüttelte den Kopf und schalt sich selbst für den Unsinnigen Gedanken.
    Gerade wollte er sich wieder der Tür zuwenden, als er dieselbe unverständliche Sprache tiefer in der Richtung hörte, welche sie zuerst eingeschlagen hatten.
    Jäh zischten mehrere Schüsse gefährlich nahe an seinem Kopf vorbei, fanden aber ein anderes Ziel. Schreiend fiel Viktor um, als er in Schulter und Arm getroffen wurde.
    Logen zögerte keinen Moment und begann den Unsichtbaren Gegner zu beschießen. Lucy ließ sich von der Tür zurückfallen und gab ihm Feuerunterstützung. Roke gab unterdessen blindes Unterdrückungsfeuer in den Flur ab, um die Vanduul auf Abstand zu halten.
    „Wir müssen hier weg, sofort!“
    Mündungsfeuer blitzte auf und gab Logen einen Hinweis auf das Versteck des Gegners. Sein Gewehr knatterte los. Doch ob er wirklich was erwischt hatte, wusste er nicht.
    „Nein! Wenn hier noch welche am Leben sind können wir nicht einfach…“
    „Vergiss es Lucy, wir werden hier sonst bald eingekesselt! Und wenn wir hier nicht auch draufgehen wollen, müssen wir hier jetzt verdammt noch mal weg!"
    Einmal schoss er noch über die schon bröckelige Deckung, als ihm aufging das er sie gerade mit ihrem Vornamen angesprochen hatte.
    „Ähm…Ich meinte natürlich Sergeant!“
    Lucy schaute verärgert auf, ihr schienen beide Optionen nicht wirklich zu gefallen. Als sie den am Boden liegenden Viktor sah, schien sie sich jedoch entschieden zu haben.
    „Na schön, dann hör aber auch endlich auf mich mit Sergeant anzureden. Jetzt nimm Viktor, wir geben dir Feuerschutz! Roke, wir hauen ab!“
    Eindeutig erleichtert von dem Befehl, verpasste Roke einem Vanduul noch ein Abschiedsgeschenk in Form seiner letzten Granate und zog sich von der Tür zurück.
    Mit dem verwundeten Viktor auf dem Rücken, kämpfte Logen sich vorwärts. Hin und wieder spürte er ganz nah Einschläge, doch kurz darauf hörte er die Gewehre von Lucy und Roke losstottern und der Beschuss hielt für einen Moment inne.
    Auf keinen Fall umschauen, ging es ihm die ganze Zeit durch den Kopf, auf keinen Fall umschauen.
    Trotzdem kamen sie nicht schnell genug voran, langsam aber sicher holten ihre Verfolger auf. Als sie eine Schleusentür erreichten, zerstörte Roke das Türschloss und ließ sie einrasten. Im nächsten Moment krachten auch schon die ersten Vanduul dagegen.
    „Die Tür ist vielleicht nicht Vanduul sicher, aber hoffentlich hält sie das eine Zeit lang auf.“
    Vor sich konnten sie schon das verbogene Tor und die dahinter wartende Freelancer sehen. Eine intakte Schleusentür hielt sich noch zwischen ihnen auf.
    „Schneller!“
    Die blockierte Schleusentür gab langsam nach und sie konnten wieder die nervenaufreibenden Geräusche der Vanduul vernehmen. Logen ging auf, dass auch wenn sie diese Tür wieder blockierten ihnen nicht genug Zeit blieb um vom Shuttle abgeholt zu werden.
    Logen passierte die Schleusentür und setzte den ohnmächtigen Viktor ab.
    „Was hast du vor, Logen?“
    Nun blieb auch Lucy stehen und beide sahen ihn fragend an.
    „Roke gib mir mal deinen Raketenwerfer.“
    „Aber...“
    „Gib ihn mir einfach!“
    Roke verstand zwar immer noch nicht was genau er vorhatte, reichte ihm aber trotzdem den Werfer.
    „Du erwischt die niemals alle, wer weiß wie viele da noch sind.“
    Logen ignorierte ihn und ging schnell alle Checks durch. Ein paar Schritte vor der Schleuse positionierte er sich und zielte auf den gegenüberliegenden Eingang.
    Entweder sahen es die Vanduul nicht, dass er mit einem Raketenwerfer auf sie zielte oder sie kümmerte es einfach nicht. Logen wusste es nicht, es war ihm aber auch egal.
    „Sobald ich geschossen habe und durch die Schleuse bin, schließt du sie verstanden?“
    „Sollten wir nicht schießen sobald…“
    „Machen sie es einfach, Private.“
    Lucy nickte ihm vorausahnend zu, sie hatte wohl begriffen was er beabsichtigte.
    Inzwischen brachen die Vanduul langsam durch die Schleuse. Ein letzter Versuch und die Vanduul stürmten hindurch.
    „Noch ein bisschen weiter…“
    Schüsse kamen immer näher und einer streifte jetzt sogar seine Uniform. Mindestens eineinhalb dutzend Vanduul waren nun schon durch die zerstörte Schleuse gekommen.
    „Nun schieß doch endlich!“
    „Weißt du Roke, ich hatte nie die Absicht auf die Vanduul zu schießen…“
    „Wie?!“
    Als die Ersten die Hälfte der Strecke zurückgelegt hatten, schwenkte Logen den Werfer herum und zielte auf die nur leicht verkleidete Außenwand.
    „Flieg!“
    Alle schrien es gleichzeitig, damit der abrupte Druckunterschied in der Luft ihnen nicht das Trommelfeld zerfetzte. Die Rakete jagte über die Köpfe der vordersten Vanduul hinweg und steuerte direkt auf ihr Ziel zu.
    Das Triumphgefühl der Vanduul, verschwand umgehend als sie verstanden was im nächsten Moment passieren würde. Einige beschleunigten ihren Versuch zu Logen und den anderen zu gelangen, doch der war schon hinter der sich schließenden Schleusentür verschwunden.
    Die Station erschütterte leicht unter dem Einschlag. Es gab eine Explosion und todbringende Schrapnelle flogen durch die Luft.
    Erst dachte Logen sein Plan wäre nicht aufgegangen und holte schon zu einem Fluch aus, als er ein schreckliches Knarren vernahm. Es war Musik in seinen Ohren. Die Vanduul sahen hingegen weniger begeistert aus.
    Mit einem Ruck, als würde eine riesige unsichtbare Faust nach der Außenhülle greifen, löste sich eine der Schutzplatten und legte den Blick auf den Weltraum frei. Augenblicklich wurde alles in Sekundenschnelle in die tödliche Kälte des Weltraums gesogen. Von den Vanduuls blieb nichts übrig.
    „Weg…Sie sind einfach weg! Warum hast du nicht gleich gesagt was du vorhast?“
    „Und dir die ganze Überraschung verderben? Niemals!“
    Daraufhin mussten beide anfangen zu lachen. Es tat einfach gut nach der ganzen Anspannung.
    „Wir haben hier immer noch ein Problem.“
    Lucy zeigte auf den ziemlich mitgenommenen Viktor und sofort war ihre Stimmung wieder auf dem Tiefpunkt.
    „Er sieht nicht so aus als hält er noch lange durch. Wir müssen uns beeilen. Roke versuchen sie über Funk eine Abholung anzufordern, umgehend.“
    Während Lucy sich notdürftig um Viktor kümmerte und Roke am Funkgerät rumspielte, ließ Logen seinen Blick noch einmal über die verrostete Freelancer gleiten.
    Es sah immer noch flugtauglich aus, müsste aber mal einen neuen Anstrich verpasst bekommen. Früher als kleiner Junge hatte er sich immer gewünscht genau so einen Transporter zu besitzen und er hatte sogar mehrere Miniaturmodelle besessen. Doch es war alles etwas anders gekommen als er sich gewünscht hatte.
    „Ich bekomme keine Verbindung, irgendwas scheint mit dem Ding nicht zu stimmen…Moment mal…Nein, nicht schon wieder…“
    Resigniert hielt Roke sein demoliertes Funkgerät hoch, wieder einmal war es im Laufe des Feuergefechts draufgegangen.
    „Verdammt, wie kommen wir jetzt hier weg?“
    Logen lehnte sich gegen die ramponierte Freelancer und klopfte zweimal dagegen.
    „Wie es aussieht werden wir wohl selbst fliegen müssen.“
    „Was, mit dem Schrottteil?“
    Ungläubig schaute Roke zu dem alten Schiff hinauf.
    „Hey, immer mit der Ruhe, dass Schiff ist stabiler als es aussieht. Außerdem was für eine Wahl haben wir?“
    Unpassenderweise fiel in diesem Moment ein loses Metallteil von der Tragfläche.
    „Nunja…wir wollen ja nicht das System damit verlassen, oder?“
    Roke schien sich nur ungern mit den Gedanken anzufreunden, doch bevor er protestieren konnte, kam Lucy dazwischen.
    „Solange wir heil zum Träger kommen, aber…kannst du das Ding überhaupt fliegen?“
    „Klar.“
    „Du hast gesagt du kannst das Teil fliegen!“
    Über den dröhnenden Lärm der alten Maschine hinweg, versuchte Logen zu antworten, als das Schiff aus für ihn unerkenntlichem Grund einen enormen Schwenker abwärts machte.
    „Das war vielleicht etwas geflunkert…“
    Langsam bekam er das Schiff wieder in eine stabile Lage und begab sich auf Kurs zu dem Träger. Die Hornets welche sie zu Anfang begleitet hatten, waren inzwischen auch schon wieder aufgetaucht und brachten sie auf den neuesten Stand.
    In einem kleinen, aber sehr anstrengenden Gefecht, hatten sie sich gegen zwei Vanduul Jäger behauptet. Dabei haben sie jedoch auch zwei ihrer Kameraden verloren, sodass sich ihre Eskorte nun verkleinert hatte. Anscheinend hatten die Vanduul sich in dem Haupthangar befunden und nicht erwartet, dass sich jemand hier her verirren würde, schon gar nicht die UEE. Bis zu ihrem Eintreffen mit der Freelancer, hatte auch niemand gewusst, was eigentlich auf der Station geschehen war. Nachdem sie das Schiffskom wieder hinbekommen hatten, sendeten sie ihren Bericht. Sie bekamen unverzüglich den Befehl zurückzukehren, da es nach Ansicht des Oberkommandos keinen Bedarf für weitere Aufklärung gab. Vanduuls hinterlassen niemals Gefangene und ein Anzeichen von Überlebenden hatte es auch nicht gegeben, also wurde angenommen dass alle an Bord tot waren. Um zu verhindern dass die Station jemals wieder in Betrieb genommen wird, sollte nach Rückkehr aller Einheiten die Station aus dem Raum gefegt werden.
    Davon sollte Logen aber im späteren Verlauf nur noch am Rande erfahren, denn zurzeit hatte er andere Probleme.
    Kreischend streifte die Freelancer einen der Asteroidenbrocken, wobei Roke und Lucy angestrengt an die Decke starrten, als könnte sie die Flugbahn des Schiffs beeinflussen.
    „Wenn das so weiter geht bringst du uns noch alle um, Logen.“
    Roke hatte sich direkt neben ihn gesetzt und krallte seine Finger in das Sitzpolster.
    „Möchtest du vielleicht das Steuer übernehmen?“
    Mit schreckensweiten Augen sah Roke zu ihm, als hätte er es gerade tatsächlich ernst gemeint.
    „Wie geht es Viktor?“
    Über den notdürftig verbundenen Viktor gebeugt, erhob Lucy sich und kam zu ihnen rüber.
    „Eine Weile wird er es wohl noch überstehen, aber ewig wird er das nicht mitmachen. Wir müssen uns beeilen.“
    „Alles klar, dann schnallen sich jetzt wohl alle besser an.“
    Lucy schnallte Viktor provisorisch an das Bett fest und sank dann ebenfalls in einen der Sitze.
    „Oh Nein, bitte nicht“
    Doch Logen hörte Rokes Klagen nicht mehr. Er beschleunigte und wurde ebenso wie alle anderen in den Sitz gedrückt.
    Kleinere Asteroidenbröckchen prasselten auf die Frontscheiben und ließen hässliche Kratzer entstehen. Das linke Triebwerk fing plötzlich an zu stottern und ließ sie vom Kurs abkommen.
    „Logen!“
    „Ja, ich versuchs doch!
    Um ehrlich zu sein hatte er noch nie zuvor eine Freelancer geflogen und die paar Stunden Flugübung von früher, waren schließlich an einem ganz anderen Flieger vollzogen worden. Hastig drückte er einige Knöpfe, wovon er glaubte das sie die richtigen sein und zu seiner eigenen Verwunderung, begann das zweite Triebwerk wieder aufzuflackern.
    „War doch gar nicht so schwer.“
    Sie waren jetzt nicht mehr weit vom Träger entfernt und konnten schon die offenen Hangartore sehen, als eine Erschütterung ihr Schiff aus dem Takt brachte, aber dennoch auf den Hangar zuraste.
    „Was war das?!“
    Kaum hatte Roke es ausgesprochen bekam Logen eine Nachricht über Funk mitgeteilt.
    „Es sieht wohl so aus als….ähm hätte sich gerade eine unserer Tragflächen gelöst…“
    „Sie hat sich was?!“
    „Keine Sorge, dass wird schon schiefgehen.“
    Sie kamen schnell rein, viel zu schnell. Logen versuchte sein Möglichstes um das Schiff abzubremsen, da sie ansonsten beim Aufprall höchstwahrscheinlich auf dem ganzen Hangardeck verteilt würden. Alle Möglichen Warnlampen leuchteten, was ihm nicht unbedingt mehr Mut machte. Roke saß einfach nur mit zugekniffenen Augen neben ihm, während Lucy einigermaßen gefasst wirkte. Viktor war immer noch bewusstlos und bekam überhaupt nichts mit.
    „Wir kommen viel zu schnell rein!“
    „Ich weiß, Ich weiß. Aber daran lässt sich jetzt auch nicht mehr viel ändern.“
    Der Boden kam rasend schnell näher und Logen spürte den Aufschlag in allen Knochen.
    Sie rutschten den ganzen Hangar entlang, wobei sie an mehreren stehenden Jägern und Bombern haarscharf vorbeischlitterten. Einen rissen sie sogar fast frontal um, zum Glück war es aber nur ein unbewaffnetes Schulungsschiff. Logen wollte sich gar nicht vorstellen was passierte wenn sie einen mit voller Bewaffnung aus dem Weg rammten.
    Das Ende des Hangars kam immer näher, Logen konnte nicht hinsehen, er schloss die Augen und hoffte auf das Beste.
    Ein Krachen und Quietschen umgab sie lautstark, bis sie durch einen harten Schlag fast aus den Sitzen geworfen wurden. Zuerst ein Auge öffnend, dann jedoch beide, stieß Logen einen erleichterten Seufzer aus.
    „Eine Bilderbuchlandung, oder nicht?“


    Kapitel 3

    Nervös ging Lucy vor dem Operationssaal auf und ab. Logen und Roke saßen in einer kleinen Warteecke und hingen ihren eigenen Gedanken nach.
    Hätte er nur schneller reagiert, dachte Logen. Immerhin hatten die Schüsse ihm gegolten nicht Viktor. Nur Lucy schien sich noch mehr Vorwürfe zu machen, da sie ihr Squad zuerst gedrängt hatte weiter vorzurücken.
    Logen entschloss sich sie aufzumuntern und ging zu ihr rüber.
    „Viktor wird das schon schaffen, da bin ich mir sicher.“
    „Und was wenn nicht? Dann bin ich schuld, schließlich habe ich euch dort reingeführt.“
    „Aber mit einem guten Grund, wer konnte den ahnen das wir auf eine ganze Meute von Vanduuls stoßen? Wären wir nicht so unterlegen gewesen, hätte ich mit dir die ganze Station abgesucht. Verflucht, Ich würde sogar noch einmal zurückkehren, aber das Oberkommando hat anders entschieden. Wo sind die Marines, wenn man sie mal braucht..."
    Logen konnte es einfach nicht fassen, dass die Station ohne weiteres aus dem All gepustet werden sollte. Er hatte sich zwar beschwert, aber wen interessierte schon die Meinung eines einfachen Soldats?
    Da fiel ihm auf das Lucys blaue Augen immer noch auf ihm ruhten. Sie schien etwas antworten zu wollen. Doch wurden sie von einem hereinkommenden Arzt unterbrochen, der sofort die Aufmerksamkeit auf sich zog. Gespannt erwarteten sie eine Aussage zu Viktors Zustand.
    „Ich kann sie beruhigen, er wird durchkommen. Jedoch mussten wir ihm…seinen Arm abnehmen.
    Das schien Logen etwas radikal, er war aber trotzdem froh zu hören, dass Viktor noch lebte.
    „Heißt das er bekommt so einen Roboterarm angeschraubt?“, fragte Roke umgehend.
    Als würde er ein Kleinkind vor sich haben, schaute der Arzt Roke an.
    „Wir nennen so etwas Prothese, aber wenn sie so wollen...ja ein Roboterarm.“
    "Genial!"
    „Wann können wir zu ihm?“, brachte Logen sich ein.
    „In ein paar Tagen, doch Ruhe braucht er jetzt am meisten.“
    Ohne ein weiteres Wort verschwand der Arzt wieder, während Roke sich vor den beiden positionierte.
    „Wie wäre es wenn wir den heutigen Tag mit einer Flasche Sacra beenden? Viktor kann zwar nicht dabei sein, aber ich wette er wollte auch das wir den heutigen Tag feiern. Nach dem ganzen Schlamassel haben wir uns das doch verdient."
    „Sacra?“, Logen konnte nichts mit dem Begriff anfangen.
    „Stand zumindest auf den Flaschen drauf, die ich gefunden hatte. Wie wärs seid ihr dabei?“
    Fragend sah Logen zu Lucy rüber. Zu seiner Verwunderung nickte sie zustimmend.
    „Na dann, alle mir nach!“
    Schon leicht angeheitert, unterhielten sie sich lautstark in der Kabine von Logen und Roke. Sie hatten einen Stuhl dazugeholt, sodass alle am kleinen Tisch Platz hatten.
    „Woher hast du eigentlich gewusst dass die Außenwand nachgeben würde? Ich mein hätte das nicht geklappt wären wir jetzt Vanduulfutter.“, fragte Roke während er noch eine weitere Runde verteilte.
    „Ich hatte natürlich Durchschlagskraft mit der Dicke des Stahls berechnet und…“
    Roke blickte ihn verständnislos an und Logen musste grinsen.
    „Ernsthaft? Ich hab einfach nur geraten und das Glück war anscheinend mit uns.“
    Alle brachen daraufhin wieder in schallendes Gelächter aus. Roke wollte seinen Becher greifen, brauchte aber zwei Anläufe bis es klappte. Er hatte schon wesentlich mehr getrunken als die beiden.
    „Sobald Viktor aus dem Bett ist, muss er das Zeug unbedingt probieren. Das haut ihn gleich wieder aus den Latschen.“
    So wie Roke momentan aussah, würde es bei ihm wohl auch nicht mehr lange dauern, dachte sich Logen. Aber er konnte ihn schon verstehen, dieser Sacra war verdammt gut.
    Er wollte sich gerade selbst nachfüllen, als ihm auffiel das Lucy ihn schon eine Weile mit merkwürdigen Blicken musterte.
    Fast hätte er durch die Ablenkung, den Sacra auf dem Tisch verteilt, riss ihn aber noch rechtzeitig wieder hoch.
    Die Augen immer noch auf Logen gerichtet, stoppte sie Roke in seinem erneuten Redefluss darüber wie er sich als Held des Tages darstellte.
    „Private Hanks, wieso machen Sie nicht einen Kontrollgang durch die angrenzenden Ebenen?“
    „Was? Einen Kontrollgang? Hier?“, gab er leicht lallend wieder.
    „Das war ein Befehl, Private.“, mit gereizter Stimme erhob sie sich und packte Roke am Kragen.
    Der griff noch schnell nach der halb vollen Flasche, bevor sie ihn vor die Kabinentür geschoben hatte.
    „Moment Mal, und was macht ihr beide hier solange?“
    „Ich werde Private Konarskis…Ausrüstung überprüfen.“, deutete sie an.
    „Seine Ausrüstung? Aber die liegt doch gar nicht…Oh.“
    Das letzte was Roke sah, war das schelmische Grinsen was Logen ihm zuwarf, bevor die Tür vor ihm ins Schloss fiel.
    „Das passiert nicht gerade wirklich, oder?“, als wüsste die Flasche ein Antwort darauf schaute er sie an.
    „Das war das letzte Mal das Logen von mir Sacra bekommt. Das war echt nicht fair von ihm, ich war so nah dran den Sergeant rumzukriegen, so nah.“
    Bei dem Versuch den Unterschied seiner Flasche zu zeigen wäre er fast umgefallen.
    „Was sagst du, du weißt wo wir noch ein paar Verwandte von dir finden können? Worauf warten wir dann noch!“
    Berauscht durch den Alkohol fing er an ein altes Marschlied vor sich hinzusummen und schwankte den Flur hinunter.


    - Zur gleichen Zeit -

    Eine einzelne Rakete löste sich aus der Startplattform des Trägers, angetrieben durch das blau aufleuchtende Triebwerk und glitt in völliger Stille durch den Raum. Den Asteroidenbrocken wich sie gekonnt aus, ganz auf das Ziel konzentriert. Das Wrack einer vollständig demolierten Freelancer kreuzte ihre Flugbahn, doch die Rakete brachte sich durch einen Rechtsschwenk außer Gefahr. Einen kurzen Moment die Orientierung verloren, fand sie ihren Bestimmungsort wieder. Ein letztes Mal blitzte das blaue Licht auf, bevor die Rakete unterhalb des Observersationsdeck verschwand.
    Sekunden danach verging die Station in einer Geräuschlosen Explosion.


    Fortsetzung folgt...

  5. Cypher
    2939

    Das laute Rauschen des Windes kündigte an, dass das Landungsschiff in die Atmosphäre eingedrungen war. Das einzige andere Geräusch was man beunruhigenderweise hören konnte, war ein loses Teil was irgendwo in der Maschine ununterbrochen klapperte. Die beiden im Cockpit eingeengten Piloten hatten alle Mühe den Zielpunkt zu finden, da die Sicht gleich Null war.
    Im Laderaum saßen zwanzig Soldaten der UEE festgeschnallt in ihren Sitzen, welche es kaum erwarten konnten endlich den Einsatz zu beginnen. Einer von ihnen war Logen Konarski.
    Gerade prüfte er noch einmal seine Waffe, während er spürte wie das Schiff aufgrund von Turbulenzen leicht anfing zu rütteln.
    „Nervös? Hey Leute, Logen hat heute wohl einen nervösen Finger am Abzug, also steht ihm lieber nicht im Weg!“
    Roke, das wohl größte Arschloch der Truppe aber zugleich sein bester Freund, saß direkt neben ihm und ließ gleich den nächsten Scherz auf Kosten von Logen los. Ein Lächeln konnte er sich zwar auch nicht verkneifen, jedoch konterte er im nächsten Moment.
    „Wenigsten laufe ich nicht bei einer Nachtübung ohne Sicherheitsweste über den Schießstand und lasse mich fast abknallen!“
    Sofort drehte Roke sich wieder zu ihm um und wollte protestieren, als der Lieutenant aus dem Cockpit kam um die beiden Streithähne zu unterbrechen.
    „Jetzt ist aber Schluss mit dem Scheiß! Wir sind hier um ein paar verblendeten Einsiedlern etwas Erleuchtung einzubläuen und nicht auf Landurlaub! Verstanden?!“
    Wie im Chor brüllten die beiden los.
    „Jawohl, Sir!"
    Der Lieutenant stellte sich in die Mitte des Landungsschiffes und schaute sich zwischen seinen Soldaten noch einmal um.
    „In zwei Minuten sind wir da. Also überprüft eure Ausrüstung und stellt sicher dass ihr genug Munition mit habt. Habt ihr das soweit verstanden?!“
    „Ja, Sir!“
    Als der Lieutenant wieder im Cockpit war, lehnte sich Roke zu ihm rüber und ließ seinem losen Mundwerk freien Lauf.
    „Diese Penner haben uns doch eh nichts mehr entgegenzusetzen. Nach mehreren Tagen Beschuss aus dem All wird da kein Stein mehr auf dem anderen stehen. Wie kommen die überhaupt auf die Idee sich von uns loszusagen? Die sind bestimmt durchgedreht oder so was. Das einzige was wir da noch finden werden sind verstreute Körperteile und Schutt.“
    Lächelnd erwiderte Logen:
    „Wir sind also die interstellare Müllmänner, oder wie?“
    „Du bringst es auf den Punkt!“ Lachend drehte er sich zu Viktor um, dem Techniker in ihrem Squad und fing an ihm auf die Nerven zugehen.
    Logen wiederholte den Check seiner Ausrüstung und ließ seine Gedanken dabei abschweifen. Wie ist er bei diesem schrägen Haufen überhaupt gelandet? Logen schloss die Augen und versuchte sich noch einen Moment zu entspannen, während er daran zurückdenken musste wie alles angefangen hatte.


    Kapitel 1



    2 Jahre zuvor

    Die Laderampe schwang langsam auf und ließ frisch gefilterte Luft in den Transporter strömen. Logen griff nach seiner Tasche und wollte den Hangar betreten, doch als er das ganze Ausmaß des Hangars sehen konnte, blieb er staunend stehen. Er war noch nie zuvor auf so einem großen Träger gewesen. Eine Super Hornet die gegenüberstand wurde gewartet, während ein Team von Technikern dabei war neue Waffen zu montieren und ein anderes mit mehreren verschiedenen Diagnosegeräten an einem Gladiator arbeitete. Munition wurde von herbeigeschafft und verladen, Schweißbrenner ließen Funken fliegen, auf dem ganzen Deck herrschte rege Betriebsamkeit. Links und Rechts von ihm waren weitere Transporter, welche ebenfalls frisch ausgebildete Rekruten ausspuckten. Logen merkte dass die übrigen aus seiner Einheit sich bereits aufgestellt hatten. Schnell schloss er zu ihnen auf und nahm Haltung an.
    Eine kleine Gruppe, angeführt von einem Mann mit harten Gesichtszügen, schritt auf sie zu.
    „Das soll also die Verstärkung für das 83. Regiment sein? Wie erbärmlich…“, sagte er zu seinen Begleitern, welche gleich darauf anfingen wie einstudiert zulachen.
    An die verunsicherten Soldaten gerichtet, redete er mit ernster Mine weiter.
    „Ich bin Admiral Trajan, was sie ja bestimmt schon wussten. Auf diesem Träger ist mein Wort Gesetz und wenn von ihnen auch nur einer die Ehre meines Geschwaders oder der Navy beleidigt, stelle ich ihn höchstpersönlich vor ein Kriegsgericht. Ist das soweit klar?“
    „Das fällt dann wohl eher in meine Zuständigkeit denken sie nicht, Admiral Trajan?“, warf jemand hinter der Gruppe des Admirals ein.
    Während der Neuankömmling auf den Admiral zuschritt, wurde ihm von der Gruppe Platz gemacht, bis er direkt vor ihm stand.
    „Colonel Calendorn, freut mich dass sie auch noch zu uns gefunden haben. Diese Schiffe können durch ihre schiere Größe für alle die nicht der Navy angehören sehr verwirrend sein. Ich war gerade dabei ihren neuen Soldaten meine Aufwartung zu machen.“, ließ er mit einem verächtlichen Lächeln verlauten.
    Obwohl man Trajan ansehen konnte das ihm Calendorns Anwesenheit überhaupt nicht zusagte, reichte er ihm die Hand. Der Colonel erwiderte die Geste, aber auch nur mit Widerwillen, denn selbst er konnte sich so einen Affront gegen einen Admiral nicht leisten.
    „Ich hoffe ihr Weg von der Brücke zum Hangar war nicht zu anstrengend für sie, Admiral.“
    „Natürlich nicht, aber wo sie es gerade erwähnen ich sollte wohl wieder auf die Brücke zurückkehren, schließlich habe ich ein Geschwader zuführen. Sie entschuldigen mich, Colonel?“
    Ohne ein weiteres Wort wandte er sich ab und verließ den Hangar in Richtung der nächsten Luftschleuse. Colonel Calendorn schaute ihm kurz hinterher, lenkte seine Aufmerksamkeit aber wieder auf Logen und die anderen.
    „Wie sie sehen sind nicht alle über den Befehl glücklich, dass das 83.Infanterie Regiment Admiral Trajans Geschwader zugewiesen wurde. Ich erwarte aber trotzdem von ihnen, dass sie sich alle anständig hier benehmen während wir bei diesem Geschwader stationiert sind. Zu unserem Auftrag werde ich ihnen nur sagen, dass wir in nächster Zeit die Außenzonen kontrollieren werden. Alles weitere erfahren sie von ihren Vorgesetzen. Ach, und falls sie es noch nicht mitbekommen haben, ich bin Colonel Calendorn. Und jetzt suchen sie sich ein Platz zum schlafen, Verstanden?“
    „Ja, Sir“, rief Logen ebenso wie der Rest.
    „Wegtreten!“
    Logen folgte den anderen zum Ausgang des Hangars, als er plötzlich von jemanden unfreundlich angesprochen wurde.
    „Hey Kumpel, dass da ist meine Tasche!“
    Kaum das der Satz zu Ende gesagt war, griff ein grobschlächtiger Kerl nach seiner Tasche.
    „Was soll dass denn werden?“, gab Logen zurück und verpasste ihm erstmal einen Schlag in die Magengrube.
    Der ließ daraufhin wieder die Tasche fallen und erwiderte Logens Geste mit einer Kopfnuss.
    „Wolltest du meine Tasche klauen oder was? Na, warte…“
    Kurz darauf rauften sich die beiden auf dem Hangardeck, ohne dass sie bemerkten wie die meisten ihre Tätigkeit einstellten und sich neugierig ihnen zuwendeten. Unauffällig trat eine dritte Person dazu und begutachtete das Schauspiel.
    „Ihr beiden wisst schon, dass ihr eure Taschen nur vertauscht habt und nun zur Belustigung der ganzen Besatzung, euch mitten auf dem Hangardeck prügelt?“, rief ihnen eine Frauenstimme zu.
    Beide hielten inne als sie sich der ganzen Aufmerksamkeit bewusst wurden. Als sie sich wieder aufgerappelt hatten, drehten sich beide zu der Unbekannten um.
    Logens Gesichtszüge hellten sich sofort auf, als er sah dass eine gut aussehende Frau vor ihm stand. Ihre blonden Haare hatte sie zum Zopf zusammengebunden, während die Uniform ihre Figur nur noch umso mehr betonte.
    „Man merkt gleich dass sie hier neu sind.“
    „Und sie sind…?“
    „Sergeant Sordana, ihre Vorgesetzte.“
    Schnell nahmen beide Haltung an und salutierten vor ihr.
    „Entschuldigen Sie Mam, aber der Kerl…“, wollte der Fremde, mit dem er eben noch seine Meinungsverschiedenheit klären wollte, sagen, als Sgt. Sordana ihn unterbrach.
    „Sparen sie sich das, dass einzige was ich gesehen habe sind zwei Idioten die sich wegen einer Tasche prügelten.“, gab sie missgelaunt zurück.
    Enttäuscht dass der kleine Zwist zwischen den beiden schon vorbei war, wendeten sich die meisten Schaulustigen wieder ihrer Arbeit zu.
    „Also verraten sie mir jetzt wie sie heißen, oder muss ich mich deshalb auch mit ihnen prügeln?“
    „Ähh…Private Roke Hanks, Mam.“, sagte er unsicher. Sie schaute zu Logen rüber.
    „Private Logen Konarski, Mam.“
    „Na geht doch und jetzt schnappen sie sich ihre richtigen Taschen. Sie beide sind mir unterstellt, also will ich nicht noch mal so einen Mist sehen, alles klar?“
    „Ja, Mam.“, erwiderten sie und begaben sich in Richtung Ausgang.
    Die Kabine, welche er natürlich mit Roke teilen musste, war nicht viel größer als ein Schuhkarton. Zwei Betten übereinander, zwei Schränke und ein kleiner Tisch war das Beste an Komfort was sie bekommen konnten. Er stellte seine Tasche auf den Tisch und kramte seine Sachen in einen der Schränke, als Roke die Kabine betrat.
    „Jetzt stehen wir wohl erstmal ne Weile als Idioten dar, was?“, sagte er zu Logen.
    „Wenn du nicht so unaufmerksam gewesen wärst hättest du ja gemerkt dass du die falsche Tasche hattest.“
    „Das…Ach fangen wir nicht wieder davon an. Begraben wir das Kriegsbeil, schließlich müssen wir uns eine Kabine teilen. Wie wärs, Freunde?“, fragend hielt er ihm die rechte Hand hin.
    Kurz überlegte Logen, schlug dann aber ein.
    „Klar, warum eigentlich nicht.“
    „Großartig, aber ich bekomme das obere Bett.“, als müsste er es unterstreichen warf er seine Tasche aufs obere Bett.
    „Von mir aus...“
    Soeben wollte er den Rest seiner Sachen verstauen als Roke wieder anfing zu reden.
    „Was hälst du eigentlich von unserem Sergeant? Ich mein wäre sie nicht meine Vorgesetzte, würde ich mein Glück gerne mal bei dem heißen Feger versuchen. Mir konnten bis jetzt nur wenige widerstehen.“
    Da konnte Logen nicht anders als zu lachen.
    „Oh ja, bei deinem Charme wird es bestimmt kein Problem dabei geben.“
    „Hey, ich habe auch Gefühle.“, gab er brummelnd von sich und kletterte ins obere Bett.
    „Ich werde jetzt erstmal ein wenig schlafen, also weck mich bloß wenn etwas wirklich Wichtiges ansteht. Zum Beispiel wenn es in der Messe mal wieder anderes als den Einheitsbrei gibt.“
    „Natürlich, euer Hoheit.“, äußerte Logen belustigt und legte sich ebenfalls hin.


    Kapitel 2

    Die Zeit zog sich hin, einige Wochen gingen vorüber und obwohl sie in den Äußeren Systemen patrouillierten, hatten sie noch nicht einen Kampfeinsatz gehabt. Logen und die anderen Neuen lebten sich ein, während ihnen nicht viel zum Zeitvertreib blieb. Es kam zu einigen Handgreiflichkeiten zwischen den Soldaten der Army und Navy, woraufhin beide Parteien nur noch getrennt voneinander die gemeinsame Messe betreten durften.
    Logen machte gerade zufrieden ein Nickerchen, als plötzlich Roke aufgeregt in ihre Kabine gestürzt kam und anfing wild auf ihn einzureden. Verwirrt schreckte er aus dem Schlaf hoch und stieß sich seinen Kopf an dem oberen Bett.
    „Scheiße Mann, ganz ruhig was ist denn los?“, brachte er noch vom Schlaf benebelt hervor.
    „Hast du denn wieder gar nichts mitbekommen? Wir haben unseren ersten richtigen Einsatz! Endlich können wir den Typen von der Navy mal zeigen was wir draufhaben!“, rief Roke begeistert.
    „Was für ein Einsatz denn? Vanduul? Oder wieder nur ein falscher Alarm, weil irgendein besoffener Trottel den Notruf benutzt, um in seinem Leben unbedingt noch einmal ein Raumschiff der UEE zusehen?“
    Voll ausgerüstet waren sie auf dem Planeten gelandet nur um dann feststellen zu müssen, dass das einzig feindliche eine Braut war, die sich darüber aufregte das sie mit ihrem Landungsschiff den Hochzeitskuchen platt gemacht hatten.
    „Nein, Nein. Diesmal soll es wohl was ernstes sein. Soweit ich weiß hat es was mit Piraten zutun. In Zehn Minuten müssen wir im Hangar sein“, hielt er dagegen.
    „Na wenn du das sagst kann das ja nur stimmen. Dann schnapp dir deine Ausrüstung und lass uns hoffen das wir nicht zu spät kommen.“
    Auf dem Weg zum Hangar trafen Roke und Logen auf Viktor, ihr drittes Squad-Mitglied, mal wieder mit irgendeiner technischen Spielerei beschäftigt. Logen hätte ihn fast umgerannt.
    „Irgendwann erwischen die dich noch, wenn du weiterhin über das Komm für Prioritäts-Mitteilungen missbrauchst.“
    Viktor drehte sich erschrocken um, nur um im nächsten Moment aufzuatmen.
    „Ihr sollt mich nicht immer so erschrecken. Wo wart ihr eigentlich so lange?“
    „Logen brauchte noch seinen Schönheitsschlaf.“, sagte Roke grinsend.
    „Lasst uns weitergehen.“, erwiderte Logen und lief los.
    Im Hangar angekommen, offensichtlich waren sie die letzten, reihten sie sich schnell ein.
    Sergeant Sordana musterte sie mit genervtem Blick und stieß einen lautlosen Fluch aus.
    „Das war ja mal wieder knapp, eine Minute später und die Schleuse wäre dicht gewesen.“
    Roke musste natürlich gleich darauf etwas erwidern.
    „Wir wollten halt nicht zu früh kommen und uns die Beine wund stehen.“
    Augenrollend wendete sie sich wieder nach vorne. Colonel Calendorn stellte sich gerade vor die versammelten Truppen. Da Logen weiter hinten in der Reihe stand, konnte er leider nur einige Wortfetzen mitbekommen und so gut wie gar nichts sehen.
    „Wir, die….Stolz….UEE….Forschung….Abschaum des….mit aller Härte….Planeten…beste Militär.“, der Colonel redete noch weiter, Logen konnte aber nichts weiter verstehen.
    Er versuchte denjenigen vor ihm zu befragen was nun eigentlich Sache war.
    „Irgendwelche Piraten haben einen Außenposten von Forschern überfallen. Die meisten sind anscheinend mit ihren Schiffen geflohen sobald wir aufgetaucht sind, aber möglicherweise haben sie einige am Boden zurückgelassen.“
    Mit dieser Information konnte er doch schon mal etwas anfangen. Wieder drangen einige Wörter zu ihm hervor.
    „….UEE…für…Imperator und…“
    Kurz drauf fingen alle an zu jubeln und der Colonel begab sich zu seinem Schiff. Sergeant Sordana fing sofort an die Befehle weiterzugeben.
    „Also ihr habt ihn gehört, auf ins Landungsschiff!“
    Roke, Logen und Viktor folgten Sordana so schnell sie konnten ins Landungsschiff. Als er sich festgeschnallt hatte und die Laderampe sich zu schließen begann, ließ er einen letzten Blick durch den Hangar schweifen. Ein ungutes Gefühl überkam ihn als die Rampe zuklappte und das rote Licht im Laderaum ansprang.
    „Forscher sagst du ja? Wer will denn in dieser scheiß Hitze hier arbeiten?“, seit ihrer Landung redete Roke von nichts anderes als der Hitze.
    Die Station lag leider genau in dem tropischen Teil des Planeten, was es nicht gerade leichter machte. Aufgrund des großen Waldes mussten sie sogar ein Stück auswärts landen und von den sogenannten Piraten hatten sie bisher auch noch nichts gesehen.
    „Das ist es was ich gehört habe. Was weiß ich denn, wieso man sich hier niederlässt und irgendwelche Pflanzen untersuchen will“, erwiderte Logen, „wenigstens brauchen wir keinen Kompass, die Rauchwolke ist ja nicht zu übersehen.“
    Wahrscheinlich war einer der Generatoren bei dem Überfall explodiert, der ihnen nun freundlicherweise den Weg wies.
    „Wenn ihr weiter soviel quatscht werden wir bald den ganzen Wald über unsere Position unterrichtet haben. Aber da fällt mir ein uns fehlen noch ein paar Scouts, dann könnt ihr ja versuchen den Feind durch eure Reden zur Aufgabe zu bringen.“, sagte Sgt. Sordana mit falscher Freundlichkeit.
    „Ernsthaft?“, seufzend blickte Roke in den zu gewucherten Wald, “ Jawohl, Mam.“
    Eine halbe Stunde später waren sie ein gutes Stück vor den anderen und liefen wieder gleichauf.
    „Sieh es positiv, wir brauchen…“, wollte Logen es versuchen, aber Roke unterbrach ihn sofort.
    „Positiv?! An diesem ganzen beschissenen Planeten ist überhaupt nichts positiv!“
    Logen schaute an sich herab, seine ganze Ausrüstung war voller Schlamm und irgendein Käfer krabbelte an seinem Bein hoch. Er schüttelte ihn ab und trat drauf.
    „Hast ja recht…“
    Eine weitere Stunde später fanden sie zwar die Station, es sah aber aus der Ferne ziemlich verlassen aus. Der Scanner ergab auch nichts, lag wahrscheinlich an den vielen Bäumen. Nachdem sie den Rest der Truppen informiert hatten und zu ihnen aufschlossen, rückten sie weiter vor. Vorsichtig durchsuchten sie die Station, doch mehr als einige verlassene Häuser und der explodierte Generator, waren nicht vorhanden.
    „Alles ausgeräumt, hier oben ist wohl niemand mehr.“, gab jemand aus dem Trupp weiter.
    „Unser erster richtiger Einsatz, was?“, sagte Logen belustigt zu Roke.
    „Das war einfach nur Pech, beim nächsten mal…“, mitten im Satz wurde er von Sgt. Sordana unterbrochen.
    „Kommt mit wir müssen noch den inneren Komplex durchsuchen. Also los, Bewegung!“
    „Vielleicht sehen wir ein paar verrückte Experimente dort unten, wer weiß?“
    Grummelnd folgte Roke ihm.
    Die Verwüstung war perfekt, alle Schränke waren aufgebrochen, nichts war mehr an seinem ursprünglichen Platz. Ein langer Gang mit mehreren Türen fiel vor ihnen ab und ein großer Blutfleck an der Wand wurde von einer umherschwenkenden Lampe beleuchtet. Als wenn das noch nicht reichte war anscheinend eine Wasserleitung geplatzt, so dass sie nun bis zu den Knöcheln durchs Wasser waten mussten. Sich gegenseitig absichernd gingen Logen und Roke vorwärts, während leise irgendwo ein Radio spielte.
    „…are born to wave the flag...”
    “Wo sind die ganzen Leute hin, wir haben bis jetzt nicht eine Leiche gefunden, geschweige denn Überlebende.”, flüsterte Roke ihm zu.
    „Wenn hier welche überlebt haben, dann werden die wahrscheinlich demnächst verkauft…“
    „…Ooh, they point the cannon…“
    “Du meinst Sklaverei? Was für riesen Arschlöcher.”
    Ein Geräusch erklang hinter einer der Türen, worauf „Nur für Personal“ stand. Roke positionierte sich sogleich an der Seite der Tür, während Logen auf die noch geschlossene Tür zielte.
    „…it ain´t me; I ain´t no fortune one, no…”
    Roke hob drei Finger und zählte runter. Die Tür schwang auf und ein Schatten sprang Logen sofort entgegen. Adrenalin durchflutete ihn, ohne groß nachzudenken gab er zwei Feuerstöße ab und fiel nach hinten.
    „Scheiße man, Logen alles in Ordnung?“, sagte Roke während er den Eingang im Auge behielt.
    Staub hustend stellte er sich wieder hin, und hob seine Waffe auf.
    „Ja alles klar...“
    „…when the taxman comes to the door…“
    Er schaute sich um und schließlich sah er es.
    „Das gibt es doch nicht! Das war nur irgendein scheiß Affe. Fuck…“, fluchend trat er nach dem durchlöcherten Affen.
    Roke blickte neugierig zu ihm rüber und konnte sich kaum mehr vor lachen halten.
    „Du hast einen verdammten Affen umgebracht! Ich fass es nicht. Logen der Affentöter.“
    „…ain´t me, I ain´t no millionaire´s son…”
    Sofort kam Leben in das Funkgerät, anscheinend war Logens Missgeschick nicht unbemerkt geblieben. Roke versuchte sich wieder einzukriegen und antwortete auf den Funkspruch.
    „Hier Charlie One, alles in Ordnung. Affe wurde neutralisiert. Over and Out.“
    „Damit werden sie dich Monate lang mit aufziehen, dass wird ein Spaß.“
    „…Some folks inherit star spangled…“
    “Lass uns bloß weitergehen und dieses Drecksloch hinter uns lassen.”, grummelte Logen und ließ Roke vorgehen.
    „Sieh es positiv, du bist der einzige von uns der bis jetzt was getötet hat“, sagte Roke während er versuchte sich das Lachen zu verkneifen.
    Die beiden verließen einen leeren Konferenzraum und schritten auf den Flur hinaus, als sie wieder ein paar Geräusche aus einem der Zimmer hörten.
    „Wenn das wieder so ein dämlicher Affe ist, dreh ich noch durch…Diesmal mache ich die Tür auf, klar?“
    „Wenn du unbedingt willst, dann können wir vielleicht bald beide unseren ersten Kill vorweisen.“
    „…Ooh, they send you down to war, Lord…”
    Beide positionierten sich vor der Tür und machten sich bereit.
    „Fertig?“
    Roke nickte ihm zu. Logen hob gerade seine Hand, als er eine Bewegung hinter Roke ausmachte.
    „Roke, hinter dir!“, schrie er los.
    Überrascht, aber durch seine in der Ausbildung verbesserten Reflexe, drehte er sich noch rechtzeitig um. Ein Kerl, total zerzaust und mit mehreren verschiedenen Kleidungsteilen bestückt, sprang mit einem Kampfmesser in der Rechten auf Roke zu.
    Durch das Gewicht zu Boden gerissen, fielen beide auf den Boden, wo Roke sich das Messer nur mit Mühe von seinem Gesicht fernhalten konnte. Logen hob unmittelbar sein Gewehr und zielte auf dessen Kopf.
    „Lassen sie das Messer fallen, sie sind im Namen der UEE festge…“
    „Knall ihn ab Logen, ich halt das nicht mehr lange durch!“, schrie Roke mit letzter Kraft.
    „Scheiße…“, kurz zögerte Logen, dann drückte er ab. Blut und Gehirnmasse verteilten sich an der gegenüberliegenden Wand, dann sackte er leblos über Roke zusammen. Schnell stieß Roke ihn von sich.
    „…you ask them, How much should we give…“
    Logen stand wie angewurzelt auf der Stelle und konnte sich nicht rühren. Er hatte gerade jemanden erschossen. Ein Leben ausgelöscht. So einfach, so schnell. Übelkeit überkam ihn, er musste sich an der Wand abstützen und erbrach sich. Durch den Schuss hörte er für eine kurze Zeit nichts, bekam so auch nicht mit was Roke zu ihm sagte.
    „Verdammt Logen, du hast mir das Leben gerettet. Mich hätte es fast erwischt...Danke.“
    Roke musste ebenfalls auf den Leichnam starren und gesellte sich gleich darauf zu Logen an die Wand.
    „Dieser Penner von einem Piraten…versucht der mich doch glatt auszuknipsen, Logen ich schulde dir nen Drink. Ach was rede ich da, ich schulde dir eine ganze Frachterladung voller Drinks.“
    Langsam wieder an Fassung gewinnend, ging Logen langsam zum Leichnam hinüber. Als er ihn umdrehte wurde ihm sofort wieder Übel, konnte es diesmal aber zurückhalten.
    „Der ist nicht älter als wir Roke, scheiße, wir hätten hier jetzt genauso liegen können.“
    Mit besorgtem Blick stellte sich Roke zu Logen und legte ihm eine Hand auf die Schulter.
    „Aber das tun wir nicht, weil du richtig reagiert hast. Diese Piratenschweine haben auch nichts Besseres verdient. Jetzt lass uns den Rest durchsuchen…und zwar gründlich, ich will nicht noch einmal so eine Überraschung erleben.“
    „…only answer More! more! more! yoh…”
    “Und lass uns endlich dieses dämliche Radio abschalten, wer hört denn sowas noch heutzutage!”
    Einen Moment lang stand Logen noch schweigend vor dem toten Piraten und versuchte seine Gedanken zu ordnen. Dann setzte er eine ausdruckslose Mine auf und folgte Roke weiter in den Komplex.“
    „…it ain't me, I ain't no fortunate one, no no no…”
    „…ain't me, I ain't no fortunate son, no no…”
    Zurück an der Oberfläche kam ihnen sofort Sgt. Sordana wutentbrannt entgegen.
    „Wo wart ihr so lange? Während ihr dort unten im Dunkeln rumgeirrt seid, wurden hier oben zwei von den Piraten aufgegriffen. Und wieso habt ihr nicht über Funk geantwortet?!“
    Roke kam Logen wieder einmal zuvor und redete bevor er etwas einwenden konnte.
    „Wir haben mit einem weiteren Piraten Bekanntschaft geschlossen, leider haben er und das Funkgerät die Begegnung nicht überlebt. Dafür hat Logen mir das Leben gerettet. Hat ihn in letzter Sekunde abgeknallt, fast wäre ich draufgegangen!“, wild fuchtelte er mit den Armen rum, um es zu verdeutlichen.
    Fragend sah sie zu Logen rüber.
    „Stimmt das? War da drinnen wirklich noch einer?“
    „Sie können ja reingehen und sich es anschauen….Sergeant.“
    Schweigend ging er an ihr vorbei. Sordana schaute um noch kurz hinterher, dann bewarf sie Roke mit weiteren Fragen.
    Gerade wollte er sich hinsetzen, als er die beiden gefangenen Piraten an einer Hauswand knien sah. Entschlossen erhob er sich und schritt auf einen der beiden zu.
    „Hey Arschloch, ja du! Was habt ihr hier mit den Leuten gemacht? Wo sind die?!“, schrie er ihn an.
    Verächtlich spuckte der Pirat Logen an. Der wiederum holte mit seinem Gewehrkolben aus und schlug auf ihn ein bis er bewusstlos war. Logen drehte sich zu dem anderen um, und wollte auch auf ihn losgehen, als er von hinten gepackt wurde.
    „Das reicht jetzt, Mann. Die kriegen schon noch was sie verdienen.“, hörte er Viktor sagen.
    „Lasst mich gefälligst los, ich mach die Kerle fertig!“, brüllte er, während er versuchte sich zu befreien.
    Plötzlich traf ihn völlig unvorbereitet ein Schlag am Unterkiefer.
    „Bringt ihn hier weg…“, vernahm er noch von einer Frauenstimme, dann wurde alles schwarz.


    Kapitel 3

    Mit einem Brummschädel kam Logen wieder zu Bewusstsein. Orientierungslos schaute er sich um. Seine erste Erkenntnis war, dass er sich nach wie vor auf dem Planeten aufhielt, zurzeit in einem der verlassenen Häuser.
    „Einfach großartig…“, murmelte er enttäuscht vor sich hin.
    Die Tür schwang auf und Sgt. Sordana kam herein.
    „Hey Soldat haben sie sich eingekriegt? Oder muss ich ihnen noch eine verpassen?“
    „Sie haben mich...?“, seufzend ließ er sich wieder aufs Feldbett fallen.
    „Tut mir leid, aber es war zu ihren besten Logen. Der Pirat hatte es zwar verdient, aber wir können auch nicht einfach gegen die Vorschriften verstoßen.“
    „Dann…Danke…Sergeant.“, während er das sagte fiel ihm auf das er ihren Vornamen überhaupt nicht kannte.
    „Sagen sie, wie wäre es wenn sie mir ihren Namen verraten, sozusagen als Entschuldigung?“, fragte er freundlich und reichte ihr seine Hand.
    Überrascht von der Frage, war sie einen Moment unentschlossen, griff dann aber zu.
    „Also eigentlich…Na gut, Lucy, Lucy ist mein Vorname. Zufrieden?“
    „Lucy…schöner Name…“, während er das sagte, hielt er kurz inne und verlor sich geradezu in ihren blauen Augen. Ihr war der lange Blickkontakt offenbar unangenehm, daher löste sie den Bann als erstes.
    „Ähm…wir treffen uns beim Transporter, ich muss noch…einige Vorbereitungen treffen.“, sagte sie unsicher und verschwand so schnell wie sie gekommen war.
    Logen konnte es nicht fassen. Hatte er sich gerade in seine Vorgesetzte verguckt? Erst haut sie ihm eine rein und jetzt das? Verwirrt schaute er eine Zeit lang an die Decke und versuchte seine Gedanken zurechtzurücken, bis er von draußen Roke rufen hörte.
    „Wie liegt der immer noch faul auf der Pritsche? Hey, Logen du hast dich jetzt lange genug ausgeruht!“, polternd kam Roke durch die Tür hereingestürmt und ließ gleich darauf seine Ausrüstung vor ihm fallen.
    „Ich kann doch nicht zulassen, dass mein Kumpel hier drinnen verfault oder?“, plapperte er los und lehnte sich an die Wand.
    „Ich steh ja schon auf, immer mit der Ruhe…“, entgegnete Logen und machte sich daran seine Ausrüstung anzulegen.
    „Du hättest sehen sollen wie der Sergeant dich umgehauen hat, ein Schlag und du warst weg. Dummerweise durften Viktor und ich dich dann in dieses Kabuff tragen, was nicht gerade leicht war, denn du bist schwerer als du aussiehst.“
    „Bist du fertig mit Reden schwingen? Gut, dann können wir ja los.“, gab Logen wieder, schnappte sich seine Waffe und verließ mit Roke das leerstehende Haus.
    Draußen waren alle in Eile, denn der Befehl zum Abrücken war gekommen. Da niemand mehr hier war der gerettet werden konnte, lohnte es sich auch nicht eine verwüstete Forschungsstation zu besetzen. Höchstwahrscheinlich wird die Firma denen die Einrichtung gehörte einfach neue Forscher schicken, ob die dann mehr Glück haben werden ist wieder eine ganz andere Frage. In der Zeit wo Logen seelenruhig geschlummert hatte, waren bereits einige Transporter gelandet um die Soldaten wieder an Bord zu holen. Logen und Roke gingen auf Sgt. Sordana zu, welche mit einem der Piloten diskutierte. Als sie sich der beiden hinter ihr bewusst wurde, drehte sie sich um.
    „Was wollen sie beide denn?“, sie schaute zuerst Misstrauisch zu Logen rüber, richtete den genervten Blick dann aber auf Roke.
    „Mam, wir würden gerne wissen wann wir diesen schei….unangenehmen Planeten verlassen können.“, gab Roke zur Auskunft.
    „Wie sie sehen habe ich Jenkins hier überreden können, dass er uns als nächstes mitnimmt. Also finden sie Viktor und lassen sie uns abfliegen.“
    Beide machten sich sofort auf die Suche. Es dauerte keine Zehn Minuten, da fand Logen ihn. Er stand vor einer leicht mitgenommenen Konsole, anscheinend versuchte er sie zu hacken.
    „Viktor was treibst du da schon wieder. Wir haben eine Mitfahrgelegenheit, also lass uns von diesem elenden Planeten verschwinden.“, meinte Logen, während er ihm neugierig über die Schulter schaute.
    „Wenn du noch einen Moment wartest bekomme ich vielleicht Zugriff auf die Daten. Möglicherweise lässt sich ja jemand diese Forschungsdaten etwas kosten. Dann sind wir wenigstens nicht umsonst auf diesen Planeten gelandet.“
    „Na schön, aber beeil dich…“, stimmte Logen zu und behielt die Umgebung im Auge.
    Kurz darauf piepte die Konsole und Viktor ließ die Daten auf sein MobiGlas überspielen.
    „Geschafft, jetzt lass uns hier abhauen, bevor jemand misstrauisch wird.“
    Auf dem Rückweg sammelten sie Roke ein, der eine Kiste mit sich rumschleppte.
    „Was willst du denn damit?“, wollte Viktor wissen.
    „Sagen wir, ich habe überlebenswichtiges Material gefunden...“, sagte er verschwörerisch zu den beiden und klappte den Deckel auf.
    „Alkohol, du hast hier wirklich Alkohol gefunden? Ist ja auch egal, ich will gar nicht wissen wo du den her hast.“, winkte Logen ab.
    Als sie beim Transporter ankamen liefen die Maschinen bereits und ihr Sergeant saß Abflugbereit in einem der Sitze. Viktor, froh darüber endlich den Planeten zu verlassen, ließ sich in den Sitz sinken. Roke verstaute noch die „Proviantkiste“ und gesellte sich dann zu ihm. Während das Schiff zu starten begann, blieb Logen in der offenen Luke stehen und warf noch einen letzten Blick über die ausgeplünderte Station. Der Generator war inzwischen vollständig ausgebrannt und zwischen den verlassenen Gebäuden wuselten noch die restlichen Truppen herum. Die Sonne, oder zumindest eine der beiden Sonnen, ging gerade unter. Einen Moment lang musste er wieder an den Piraten denken, den er getötet hatte um Roke zu retten. Doch dann vernahm er eine Stimme welche ihn aus den trübseligen Gedanken riss.
    „Sie dürfen sich auch hinsetzen, Private. Wir wollen doch nicht das sie beim Atmosphärenaustritt durch die Gegend geschleudert werden, oder?“, sprach Lucy ihn an und er meinte ein flüchtiges Lächeln auf ihrem Gesicht auszumachen.
    „Natürlich nicht Sergeant.“, gab er zurück und begab sich ebenfalls in einen der Sitze.
    Fortsetzung folgt...
  6. Cypher
    I.

    Das Getöse der Großstadt drang in Petrovs Fahrerkabine, während er mit seinen Transporter durch die vollgestopften Straßen tuckerte. Geblendet von den ersten Sonnenstrahlen des Tages, klemmte ein Stim seiner Lieblingssorte zwischen seinen Lippen, während er sein altes Mädchen so gut wie möglich durch den Verkehr manövrierte. Im Radio nuschelte leise ein Nachrichtensprecher vor sich hin, verstummte aber als Petrov ein Schlagloch erwischte und kräftig durchgerüttelt wurde. Fluchend zog er an dem Stim. Komfort war etwas anderes, aber eigentlich wollte Petrov es auch gar nicht anders. Als er auf dem Planeten Aratea mit einem Schwung Siedler hier angekommen war, hatte es zwar viel Schrott gegeben den man ihn andrehen wollte, doch nach einer Weile hatte er genau die richtige Maschine gefunden. Mehrere Jahre fuhr er jetzt schon die verschiedensten Aufträge damit, ohne sich jemals Gedanken über den neumodischen Schnickschnack gemacht zuhaben, der sich inzwischen wie ein Virus in der Kolonie ausgebreitet hatte. Und mit seinem mickrigen Lohn, wäre er sowieso an nichts besseres gekommen.
    Doch je näher er nun dem Stadtzentrum kam, so wuchs auch die Anzahl an Schwebern und Raumschiffen. Seit der Antrag auf den Status einer repräsentierten Welt draußen war, ging es hier weitaus geschäftiger zu als gewöhnlich. Durch den Zuwachs der großen Firmen, wurden aber auch zunehmend kleinere Betriebe verdrängt, dessen Konditionen ihm normalerweise wesentlich mehr zusagten. Das schlimmste war für ihn aber immer noch, dass ihm die Leute Tag für Tag suspekter wurden. Alle schwärmten nur noch von der UEE und von den Vorteilen, welche der Anschluss bringen würde. Seiner Meinung nach wurde das alles viel zu sehr aufgebauscht. Für ihn hatte sich nicht viel verändert, immer noch fuhr er Waren zwischen den drei großen Städten hin und her.
    Vor ihm schraubten sich die Bürokomplexe in die Höhe, verziert mit den nun überall herumhängenden Bannern der UEE. Ihnen wurde gepredigt, dass sie Sicherheit und Wohlstand brachten. Ihre Leben verbesserten.
    "Ohne euch sind wir auch zurecht gekommen...", brummte er verächtlich in seinen Bart und schnippste den Stim aus dem Seitenfenster.
    Obwohl sie nicht allzu weit vom Vanduulgebiet entfernt waren, hielten sich ihre Übergriffe in Grenzen. Selbst die Piraten hatten Ruhe gegeben, nachdem sie sich ein paar Mal blutige Nasen holten.
    Kontrolle und Credits. Petrov war sich sicher das war der einzige Grund. Eigentlich hatte er gehofft die UEE würde ihre Welt in Ruhe lassen, aber offensichtlich hatten sie etwas gefunden, dass sie haben wollten. Und was einmal im Griff der UEE war, würde so schnell nicht wieder frei kommen.
    Fast hätte er seine Ausfahrt verpasst, lenkte aber noch rechtzeitig ein. Er musste einen Umweg nehmen, da die Hauptstraße komplett gesperrt war.
    So drängte er sich noch eine ganze Weile durch die verwinkelten Straßenschluchten und kam sogar an dem Haus seiner Schwester vorbei. Kurz überlegte er sie zu besuchen, verwarf den Gedanken aber wieder. Zuviel war zwischen ihnen vorgefallen, unterstütze Sie doch aus ganzen Herzen die UEE Propaganda. Er hingegen wurde schon einige Male fast eingebuchtet, nur weil er ein wenig Kritik geübt hatte. Aber Sie hatte ihn immer wieder rausgeholt, ohne je etwas dafür zu verlangen. Familie halt.
    Er lieferte seine Ladung wie besprochen ab und machte sich danach noch auf den Weg zu seiner Stammkneipe. Klein und schäbig, aber ein besseres Bier konnte man nirgends finden.
    "Hey Fred, das gleiche wie immer...", sprach er den Wirt an.
    "Klar, kommt sofort."
    Nachdem Petrov sich auf einen der Barhocker niederließ und einen weiteren Stim hervor holte, schaute er sich um. So wie es aussah war er der einzige Gast.
    Fred schob ihm ein Bier und einen Teller mit Essen rüber. Zwar sah es aus wie vorgekaut und ausgespuckt, was ihn aber nicht weiter wunderte bei den billigen Preisen.
    "Hast du mit deinem Fraß jetzt auch den letzte Kunden verschreckt, oder wieso ist es hier so leer?"
    "Hey, beleidige nie die Kochkünste eines Wirts klar? Die sind sich wahrscheinlich alle die Parade anschauen, haben ja ganz schön was aufmarschieren lassen."
    "Der Scheiß läuft heute? Ich dacht das wär nächste Woche..."
    Soweit er es mitbekommen hatte, wurde erstmal spontan eine Parade der Miliz abgehalten. Eine Parade für ihre neuen Freunde. Lächerlich.
    Er wusste, wenn er mit seiner nächsten Ladung nicht im Verkehrschaos stecken bleiben wollte, musste er schon bald wieder los. Aber bis dahin blieb ihm noch etwas Zeit, also nippte er entspannt an seinem Bier, zog genüsslich an seinem Stim und lehnte sich zurück.
    [08:02 AM, einige Wochen zuvor in den Mannschaftsquatieren des 83. Army Infanterieregiments]
    Langsam wurde Logen wieder wach und rieb sich verschlafen die Augen. Seine Narbe am Oberschenkel hatte wieder angefangen zu jucken. Zwar war die Wunde gut verheilt, doch dieses kribbeln, es wollte einfach nicht verschwinden.
    Neben sich bemerkte er Lucy, welche sich an ihn geschmiegt hatte und ihn mit ihren blauen Augen verträumt beobachtete. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen.
    "Gut geschlafen?"
    Behutsam strich er ihr durchs Haar.
    "Sehr gut sogar."
    Eine Weile lagen sie einfach nur so da, lauschten den Geräuschen des Schiffes und genossen den friedlichen Moment.
    "Sag mal, was willst du machen? ... Also nach dem Militär."
    Mit der Frage hatte er jetzt am allerwenigsten gerechnet. Schließlich waren sie beide noch für mehrere Jahre verpflichtet.
    "Danach...Ich weiß nicht, vielleicht würde ich mir ein Schiff kaufen und ein paar einfache Jobs übernehmen."
    Ein leises Lachen entfuhr ihr.
    "Nachdem was du mit der Freelancer angestellt hast? Das kann ja was werden."
    "So schlimm war es nun auch nicht, schließlich hab ich uns heil in den Hangar gebracht."
    "Was man von dem Schiff aber nicht unbedingt behaupten kann...", nachdenklich knabberte sie an ihrer Unterlippe, "...aber möglicherweise brauchst du ja bloß eine gut aussehende Co-Pilotin..."
    "Kennst du denn zufällig eine?"
    Schon verfinsterte ihr Gesicht sich wieder und sie boxte ihm leicht in die Seite.
    "Hey, ist ja gut. Und du meinst du kriegst das hin?"
    "Deine brachialen Flugkünste zu übertreffen? Das sollte nicht allzu schwer sein."
    Da konnte er ihr kaum widersprechen.
    "Also ist es abgemacht?"
    "Ich suche das Schiff aus.", sagte sie bestimmend, bevor sie ihm einen kurzen, schnellen Kuss schenkte.
    "Auch noch Ansprüche stellen? Na warte..."
    Als hätte eine höhere Macht praktisch nur darauf gewartet um ihnen dazwischen zufunken, plärrten auch schon fast gleichzeitig ihre beiden MobiGläser los.
    "Ernsthaft?", stieß sie verärgert aus.
    Seufzend ließ Lucy sich zurück ins Kissen sinken und schaute frustriert zu ihm auf.
    "Weißt du, wir müssen ja nicht rangehen...", meinte er hoffnungsvoll, auch wenn er schon wusste wie ihre Antwort lauten würde.
    "Und wenn es ein Befehl ist? Das wäre dann Befehlsverweigerung, Private.", sagte sie mehr im Spaß, als das sie es ernst meinte.
    "Achja? Wenn ich dadurch etwas mehr Zeit mit dir verbringen kann, nehm ich das nur zu gern in Kauf."
    Sie tat es allerdings nur mit einem vergnügten Lächeln ab.
    "Der furchtlose Rebell Konarski, hmm? Hör mal ich würde auch viel lieber mit dir hier im Bett liegen bleiben, aber wenn es was wichtiges ist..."
    "Ja, versteh schon.", sagte er ein wenig schroffer, als er es beabsichtig hatte und schwang sich aus dem Bett.
    Schnell schnappte er sich die MobiGläser von dem kleinen Tisch und warf Lucy ihres rüber.
    Als er die Nachricht las, stutze er umgehend. Das waren eindeutig keine Einsatzbefehle.
    Zeitgleich schauten sie zueinander auf.
    "Viktor?"
    "Viktor."
    Die Nachricht war eilig geschrieben worden und sehr knapp gehalten. Aber sie vermittelte eins, nämlich das er richtig tief in der Scheiße stecken musste.
    "Oh, ich glaubs nicht! Wenn das wieder um verdammte Spielschulden geht, werde ich ihm so tief in den Arsch treten, dass er nie wieder an einem Spieltisch sitzen kann!"
    Logen beschlich eine ungute Vermutung, was wirklich dahinter stecken mochte. Er konnte nur hoffen das er falsch lag.
    Während sie sich eiligst anzogen, tippte er Viktors ID ein um ihn ausfindig zu machen.
    "Hab ihn gefunden...irgendwo in der Nähe des Maschinendecks."
    "Was macht er ausgerechnet da?"
    "Finden wirs raus."
    Einen Moment später, stürmten sie auch schon zur Tür hinaus.
    Die Bodengitter klapperten unter ihren Stiefeln, während sie durch die Decks rannten.
    Nur wenig Personal kam ihnen auf den unteren Ebene in die Quere und wenn doch mussten sie den beiden hastig ausweichen, wollten sie nicht unvermittelt umgerannt werden. Ein beherzter Sprung zur Seite war das einzigste was da noch half. Nach kurzer Zeit waren die Gänge jedoch wie ausgestorben.
    "Gleich müssten wir da sein."
    Als sie um die nächste Ecke bogen erblickten sie Viktor. Und er war nicht allein.
    Mit einer Magnetschelle hatte man seine Armprothese an die Wand geheftet, ansonsten wäre er wohl schon längst zusammengebrochen. Blut klebte ihm im Gesicht, er hatte also bereits einige Schläge einstecken müssen.
    Umringt war er von mehreren Navysoldaten, zwischen denen Logen sofort eine drahtige Gestalt wieder erkannte.
    Es war Lukos Ryant, der Adjutant vom Admiral, der vor Viktor stand und ihn anbrüllte. Wild fuchtelte er mit Viktors MobiGlas vor dessen Gesicht herum.
    "Wo sind die verdammten Daten?!"
    "Glaubt ihr wirklich ich bin so blöd und lauf damit rum? Haha! Wich-"
    Die Beleidigung kam Viktor nicht mehr über Lippen, ein weiterer Schlag ließ ihn verstummen.
    "Wertloser Schrott!"
    Mit einem dumpfen Aufschlag prallte das MobiGlas an der Wand ab. Sofort trat Lukos nach, bis es in tausend Stücke zersplitterte.
    "Ich hab keine Zeit für Spielchen, klar? Wenn du nicht genauso wie dein Kumpel enden willst, dann-"
    "Wir haben Besuch.", unterbrach ihn einer seiner Männer.
    "Was? Wie...fuck.", grimmig schaute Lukos zu Lucy, "Sergeant, was wollen sie hier? Wir...führen gerade eine Festnahme durch."
    Während er das sagte und sich etwas vor seinen Männern postierte, versuchten die ihnen die Sicht auf Viktor zu versperren. Stände es nicht so ernst um Viktor, wäre Logen angesichts dieser Farce in schallendes Gelächter ausgebrochen.
    "Eine Festnahme? Diese Scheiße hier?!", schnauzte Lucy ihn an.
    "Es herrschen nunmal...besondere Umstände. Zumal geht Sie das hier überhaupt nichts an. Also verschwindet einfach wieder."
    "Das geht mich nichts an?! Das ist mein Private den ihr da zusammenschlagt! Und seit wann macht überhaupt der Laufbursche vom Admiral die Drecksarbeit von den MP´s? Was zur Hölle läuft hier ab?"
    Logen bemerkte wie Lukos anfing nervös an seiner Dienstwaffe herumzuspielen, offensichtlich schien ihm die Lust am reden vergangen zu sein. Gleichzeitig machte sich ein überheblichen Grinsen bei ihm breit. Das konnte nichts gutes bedeuten.
    "Ihr gehört alle zur gleichen Einheit? Heute muss ja echt mein Glückstag sein..."
    Im nächsten Moment zog Lukos auch schon seine Dienstwaffe aus dem Holster und gab mehrere krachende Schüsse auf sie ab.
    Geistesgegenwertig riss er Lucy im letzten Augenblick hinter eine der auf den Gang herausragenden Streben. Zischend zerteilten die Kugeln die Luft neben ihnen.
    Logen spürte wie Lucy ihn fragend und wütend zugleich musterte. Er konnte das sich anbahnende Donnerwetter schon riechen, wogegen diese kleine Schießerei ihm nur wie ein laues Lüftchen vorkommen würde.
    Was ihn im Moment aber mehr beschäftigte war, wieso der verdammte Alarm ausblieb.
    "Keine Sorge, wir bleiben hier ungestört. Niemand wird kommen um euch zu helfen. Und selbst wenn, wem würden man wohl eher glauben?"
    "Scheiße..."
    Lukos Männer zogen nun auch ihre Waffen, blieben aber im Gegensatz zu ihm vollkommen ruhig.
    "Ihr kommt jetzt also besser aus eurem Versteck gekrochen, oder Hays wird eurem Freund gleich den Schädel wegpusten!"
    Einer von Lukos Männer trat auf Viktor zu und legte ihm die Pistole an den Kopf, wobei eine hässliche Brandnarbe auf dessen Handrücken zum Vorschein kam.
    Logen kochte innerlich vor Wut. Als wenn er dem Typen noch irgendetwas glauben würde. Flucht oder Angriff, das waren die einzigen Optionen die ihnen noch blieben. Es war die einfachste Entscheidung, die er jemals treffen musste.
    Mag sein, dass es Selbstmord wäre, schließlich hatte er nur sein Messer zur Verfügung, aber er würde einen Teufel tun und weglaufen. Ein kurzer Blick zu Lucy genügte, sie dachte genauso. Also gut...
    Ohne eine weitere Warnung erklang da plötzlich der Knall eines Schusses und ließ sie zusammenfahren.
    Logen hatte mit dem schlimmsten gerechnet, doch was er nun vor sich sah machte ihn sprachlos.
    Am Ende des Ganges hatte sich gut ein halbes Dutzend Soldaten ihres Regiments aufgestellt, die Waffen im Anschlag.
    "Was zum...", war er im Begriff zu sagen, als er jemanden in deren Reihen erkannte. Es war Roke!
    "Ho, da bin ich genau richtig gekommen, was?", winkte er ihm freudestrahlend zu.
    Angeführt von Joe, begleitete ihn ein Trupp der Logen nur allzu gut bekannt war, waren sie doch zuletzt gemeinsam auf Piratenjagd gewesen. Zwar hatten sie deren Einheit aus einer ziemlich präkeren Lage heraushauen müssen, doch hatten sie sich schon mehrmals revanchiert. Dankend nickte er Joe für ein weiteres Mal zu.
    Im selben Moment kam über den Boden etwas auf ihn zugeschlittert und als er sah was es war konnte er nicht anders als zu grinsen. Einer von ihnen hatte es tatsächlich geschafft Hays die Waffe aus der Hand zu schießen. Verrückt.
    Schnell griff er danach und richtete den Lauf auf Lukos.
    "Tja so schnell kann sich Blatt wenden...und jetzt weg mit den Waffen!"
    Lukos sah aus als würde er gleich vor Zorn platzen, irritierte ihn das plötzliche auftauchen doch sichtbar. Dennoch senkte keiner von ihnen die Waffe.
    "Nein, nein, nein...fuck! Na schön, wie wäre es mit einem Deal? Wir haben Credits-"
    "Oh sicher und danach ist alles vergeben und vergessen? Scheiß auf deine Credits! Ihr verschwindet, jetzt."
    "Ihr macht einen riesigen Fehler.", knurrte Lukos sie an.
    "Stimmt, eigentlich sollte ich dir hier und jetzt eine Kugel in den Kopf jagen...aber ich würde dem Admiral nur ungern die Sauerei erklären müssen."
    Mit einem verächtlichen Schnauben wandte Lukos sich um und zog sich, gefolgt von seinen Handlangern, durch einen der freien Gänge zurück.
    "Glaubt bloß nicht, dass das hier schon vorbei ist. Das wird noch Folgen haben, für alle von euch!"
    Erst als die Gruppe außer Sicht war, senkte Logen die Waffe wieder und wandte sich den anderen zu.
    Nachdem Lucy Viktor einigermaßen wieder zusammengeflickt und von der Magnetschelle befreit hatte, schaute der mit leicht ramponierten Gesicht zu ihnen auf.
    "Danke für die Hilfe, Leute. Ohne euch wärs wohl nicht so glimpflich ausgegangen."
    "In was für ein Mist bist du diesmal reingeraten? Wenn wir nicht..."
    Während Lucy sich um Viktor kümmerte, gesellte Logen sich derweil zu Joe und Roke die etwas abseits standen. Seine Leute behielten immer noch alle Gänge im Auge.
    "Ich will ja nicht beschweren, aber...wo seid ihr so plötzlich hergekommen?"
    "Das wüsstest du gerne, was? Erstmal waren-"
    "Wir waren gerade auf dem Schießstand, als er Viks Nachricht bekommen hatte.", fiel Joe ihm ins Wort, da er nicht die geringste Lust auf eine von Rokes ausschweifenden Erzählungen hatte.
    "Hey, verrat doch nicht gleich alles!"
    Wie sich herausstellte, hatte Roke sie in aller Eile eingesammelt und war auf die gleiche Idee wie Logen gekommen. Zum Schluss mussten sie nur noch den Schüssen folgen.
    "Da hattet ihr ja Glück, dass wir noch rechtzeitig kamen. Wollten die doch tatsächlich ernst machen..."
    "Also was das angeht..."
    "Nein, ich wills gar nicht wissen wo ihr da reingerutscht seid. Außerdem schulden wir euch sowieso noch was."
    "Tja, dann Danke ... ach und nebenbei, wem von euch ist eigentlich dieses Kunststück gelungen?"
    Die Pistole hochhaltend, tippte er auf die zerfurchte Einkerbung.
    "Oh, das war Tosaka. Hey Tosaka, komm mal her."
    Der Name sagte ihm jetzt nichts, musste wohl einer der Neuen sein.
    Logen wollte gerade zu reden anfangen, als er bemerkte, dass sich unter der Militärkappi das zierliche Gesicht einer Frau versteckte. Unbewusst stutzte er.
    "Yoko Tosaka, ist sozusagen unser neues Scharfschützen-Ass. Logen wollte mal deine Präzision loben.", beendete Joe die Vorstellung.
    "Achja?"
    Zweifelnd musterten ihn ihre gelben Augen, halb verdeckt durch das tiefschwarze Haar, welches ihr nur bis kurz unter die Ohren reichte.
    "Sonderlich beeindruckt sieht er mir nicht aus. Glaubt er etwa eine Frau hätte das nicht hinbekommen?", fragte sie Joe mit einem lauernden Unterton.
    "Was?! Nein...das war nur...dein Name...", versuchte Logen sich ungeschickt zu erklären.
    Das spitzbübische Lächeln, welches sich kurz darauf bei ihr einstellte ließ ihn erneut inne halten.
    "Lass gut sein Süßer, ich hab nur einen Scherz gemacht. Aber ich komm darauf zurück... vielleicht gibst du mir ja mal einen aus."
    Logen wusste nun gar nichts mehr zu sagen, schaue sie einfach nur baff an.
    "Logen...", erklang plötzlich Lucys Stimme hinter ihm, das es ihm eiskalt den Rücken hinunterlief.
    Wie lange sie da schon stand konnte er nicht sagen, an ihrem Gesichtsausdruck sah er aber, dass sie zumindest Yokos letzte Worte mit bekommen hatte.
    "Ähm...ich wollte nur..."
    Logen wollte auf Yoko deuten, die war aber bereits wieder verschwunden. Hilfesuchend schaute er zu Joe, der sich aber auch schon davonmachte.
    Fuck. Ich bin sowas von Tod.


    II.

    Mit einer Zornesfalte im Gesicht trat Lukos in seine weitläufige Kabine und ging zu seinem Schreibtisch hinnüber. Kurz darauf folgte Hays, der sich lässig in einen der gepolsterten Sessel sinken ließ.
    "Der Plan hat ja wirklich super funktioniert. Hätten wir gleich..."
    "Von Ihnen brauch ich keine verdammten Ratschläge!", schnitt Lukos ihm gereizt das Wort ab und holte aus einer Schublade einen Flachmann hervor.
    "Sicher? Nach ihrem rumgeballere dort, wird sich uns so eine Gelegenheit bestimmt nicht noch einmal bieten."
    "Ein unbedeutendes...Missgeschick, nichts weiter."
    "Nur ein Missgeschick? Nachdem was ich bisher gehört habe, wird uns beim nächsten Mal vermutlich das ganze Regiment in die Quere kommen."
    Lukos wollte noch etwas erwidern, als plötzlich Leben in sein MobiGlas kam.
    "Bin mal gespannt wie sie denen das erklären..."
    "Seien Sie still!"
    Mit einem selbstgefälligen Lächeln lehnte Hays sich zurück, während Lukos sich an seinen Schreibtisch setzte. Er hatte seine Hand bereits ausgestreckt, griff dann aber noch einmal nach dem Flachmann. Nach einem kurzem zögern, klappte er schließlich sein Mobiglas auf.
    "Haben Sie was wir benötigen?", schnarrte eine ungeduldige Stimme hervor.
    Sein Auftraggeber musste seine Nervösität bemerkt haben, wurde doch ein gestochen scharfes Bild von ihm übertragen. Lukos konnte dagegen nur auf eine simple Audioübertragung starren.
    "Nun...nicht direkt..."
    Das darauf keine Antwort kam, verhieß nichts gutes.
    "Es gab gewisse Komplikationen müssen Sie wissen. Wir wurden in ein Falle gelockt und die von Ihnen bereitgestellten Männer-"
    "Verschonen Sie uns mit ihren Ausreden. Wenn lag es an Ihrer Inkompetenz den Trupp von Herrn Hays entsprechend sinnvoll einzusetzen. Also, können wir immer noch mit der Sicherstellung der Daten rechnen?"
    "Das könnte-"
    "Nur wenn Sie es auf ein Blutbad in den Mannschaftsquatieren anlegen wollen.", dröhnte plötzlich Hays Stimme in seinem Rücken hervor und ließ ihn unwillkürlich zusammmenzucken.
    Es folgte eine längere Pause, wobei jede Sekunde Lukos nur noch mehr ins Schwitzen brachte. Nicht das er sich auch nur den kleinsten Gedanken um die Soldaten machte, nein. Vielmehr sah er mit jedem Wort von Hays, seine einzustreichende Summe an Credits schwinden.
    "Nein, wir befinden uns noch immer im Anfangsstadium. Eine Entdeckung zu diesem Zeitpunkt können wir uns auf keinen Fall leisten. Zwar hatten wir gehofft das Problem mit Hilfe von Mister Ryant schnell und leise aus der Welt zu schaffen, aber da er dazu anscheinend nicht in der Lage ist...Von nun an übernehmen Sie das Kommando Hays, verstanden?"
    "Diesem grobschlächtigen Schläger wollen sie allen ernstes-"
    "Mister Ryant, wir haben Sie wegen der ihnen zur Verfügung stehenden Kontakte und Berechtigungen angeheuert, nicht wegen der bei Ihnen kaum vorhandenen Führungsqualitäten. In diesem Falle sind wir aber nunmal auf Sie angewiesen, ob es uns gefällt oder nicht. Es sei denn Sie wollen unbedingt das wir uns nach einem Ersatz für Sie umsehen."
    Innerlich erschauderte Lukos, blieb ihm die unterschwellige Botschaft nicht verborgen. Bei solchen Leuten kündigte man nicht einfach so.
    "Nein, natürlich nicht. Alles wird so geschehen wie Sie verlangen."
    "Freut uns das zu hören. Vielleicht sind sie ja doch zu etwas nutze. Dann werden wir wohl auf eine radikalere Alternative zurückgreifen müssen. Das wir aufgrund Ihres Fehlverhaltens keinen Zugriff mehr auf die Daten erhalten ist zwar bedauerlich, aber nur von zweitrangiger Bedeutung. Vielmehr kommt es darauf an, dass niemand diese zu Gesicht bekommt."
    EIn leises Piepen zeugte von einer abgeschlossen Datenübertragung, welche sich kurz darauf von selbst öffnete.
    Zum Vorschein kam die Projektion eines Planeten, umgeben von den verschiedensten Informationen.
    Hays beugte sich nach vorn und schien sofort zu wissen worum es sich handelte.
    "Sind Sie sich ganz sicher, Sir? Bei der Nähe...die Ausmaße wären unvorhersehbar."
    "Genau das ist der Punkt. Wir können es uns einfach nicht leisten, dass irgendetwas davon nach oben durchsickert. Aber denken sie doch nur einmal an die Vorteile welche sich ergeben würden. Den Aufschrei der verursacht würde...sie bekämen erheblichen Zuspruch für ihre Sache, nicht wahr?"
    "Unsere Sache...", grummelte Hays.
    "Aber ja, natürlich doch...mein Fehler. Wie dem auch sei, in Kürze wird sich einer unserer Kontakte bei ihnen melden. Stellen Sie sicher, dass er alles notwendige erhält und geben Sie ihm einen ihrer Männer mit. Je weniger an dieser Sache direkt beteiligt sind, desto besser."
    "Sicher, ich werde es in die Wege leiten."
    "Sehr schön, dann lassen sie uns jetzt-"
    "Ähm...Ich...Ich verstehe nicht ganz, was soll das werden?", mischte Lukos sich vorsichtig wieder ein.
    "Sie haben ihm nichts erzählt, Hays?"
    Als Lukos den genervten Unterton in dessen Stimme vernahm, wünschte er sich er hätte den Mund gehalten. Was interessierten ihn auch schon die schmutzigen Geschäfte seines Auftragsgebers? Er wollte eigentlich nur endlich sein Geld kassieren und sich dann irgendwohin absetzen, stattdessen ritt er sich immer weiter in die Scheiße hinein.
    "Nein, Sir. Ich hielt es für besser-"
    "Ja, ja, sicher doch. Diesen Umstand sollten wir jetzt aber schnellstmöglich ändern. Es wird Zeit ihnen unsere Art der Problemlösung vorzustellen..."
    Als Lukos mit anhören musste wie ihr nächster Schritt aussah, kam ihm die Idee die Mannschaftsquartiere zu stürmen, geradezu lächerlich einfach vor. Was diese Typen aber vorhatten, war verdammt nochmal wahnsinnig.
    Zurück in ihrer Kabine angelangt, lauschte Lucy schweigend ihren Ausführungen. Wohl oder übel erzählten sie ihr alles was sie wussten, eine Lüge hätte sie sofort durchschaut, da war Logen sich sicher.
    "Damit ich das richtig verstehe, ihr beklaut einen Konzern, wisst noch nicht einmal was ihr da überhaupt klaut und dazu noch mitten in einem Rettungseinsatz?!"
    Aufgebracht ging Lucy immer wieder in der Kabine auf und ab, war sie doch alles andere als begeistert.
    "Verdammt Logen, das ist Plünderung! Normalerweise müsste ich euch sofort melden!", sagte sie gereitzt, wobei sie ihn vorwurfsvoll anschaute.
    Es folgte ein Fluch nach dem anderen, während sie sich wütend durch die Haare fuhr.
    "Dann versucht dieses Arschloch auch noch uns abzuknallen. Hier, auf diesen gottverdammten Träger! Ihr seid doch...ohh, ich fass es einfach nicht!"
    Keiner traute sich etwas zu erwidern, denn das Resultat wäre wohl nur eine gebrochen Nase gewesen. Selbst Rokes Belustigung, dass er diesmal nicht involviert war hielt nicht lang an.
    "Und was ist jetzt mit den Daten, hinter den diese Typen her waren? Ich dachte ihr habt die gelöscht?", herausfordernd sah sie Viktor und Logen an.
    "Das...ähm...stimmt nicht so ganz.", kam es leise von Viktor.
    "Du und deine verdammte Neugier, ich hätte es wissen müssen.", sagte Logen leicht verägert. "Aber egal... was hast du damit gemacht?"
    "Also... ich hatte zwar die Daten auf dem MobiGlas gelöscht, aber sie vorher noch auf einem externen Chip gespeichert... nur zur Sicherheit."
    Unnachgiebig starrte Lucy ihn an.
    "Wo ist er?"
    Wortlos gab Viktor sich geschlagen und verschob den Tisch unter den Lüftungsschacht. Mit schnellen Handgriffen hatte er das Gitter entfernt und fummelte im Inneren herum.
    Es zischte leise und er verzog noch das Gesicht, aber schließlich hielt er etwas in der Hand das eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Datenspeicher aufwieß.
    "Das hast du als Versteck benutzt? Ernsthaft?", fragte Logen ungläubig.
    "Hat funktioniert oder nicht? Hier, steck den in dein MobiGlas."
    Logen tat wie ihm geheißen und warte die Übertragung ab. Währenddessen fing Viktor an zu erklären.
    "Ich sags euch gleich, allzu viel kann ich euch nicht verraten. aber was ich zwischen den ganzen Datenmüll über Pflanzen und Tiere gefunden hab, interessiert euch bestimmt. Das Rückverfolgungssystem konnte ich aushebeln-"
    "Das hat ja großartig geklappt..."
    "Ja, gefunden haben sie mich trotzdem, aber ich glaub das lag eher daran das der alte Bastard geredet hat. Jedenfalls-"
    Ein lautes Klopfen an der Kabinentür unterbrach ihn und verleitet nicht nur Logen dazu, seine Pistole zu entsichern.
    Zwar hatten Joe und seine Leute dafür gesorgt, dass jeder informiert war das sie vielleicht noch unangemeldeten Besuch bekämen, aber man konnte ja nie wissen. Logen war immer noch etwas verwundert, dass es für die anderen keine große Rolle zu spielen schien, worum es dabei überhaupt ging. Der Zuspruch durch Joe und seine Einheit hatte alle Zweifel wie weggeblasen. Das 83. hielt zusammen, komme was da wolle.
    Als Lucy die Tür gewaltsam aufriss, ließ er seine Gedanken hinter sich.
    "Was ist?!", blaffte sie den Störenfried an.
    Die Hand noch erhoben um ein weiteres Mal anzuklopfen, stand unerwarteterweise Colonel Calendorn vor ihr. Die wohl einzige Person im Regiment, die noch nichts von ihrer aktuellen Lage wusste.
    "Komme ich ungelegen...Sergeant?"
    "Äh...Sie...ähm...Sir, Nein, Sir!", versuchte sie es noch zu retten und salutierte schnell.
    Logen ebenso überrascht, ließ schnellstens die Waffe verschwinden und tat es ihr gleich. Roke und Viktor schlossen sich umgehend an.
    "Gibt es ein Problem? Sie wissen Sie können jederzeit zu mir kommen." Calendorns Blick blieb an Viktor hängen. "Egal um was es sich handelt."
    Lucy zögerte, dass konnte Logen ihr anmerken. Sie könnten jetzt alles beichten, aber war das schlau? Wenn es sich doch nur um legalen Firmeneigentum handelte, hätten sie ein ziemlich großes Problem. Bevor Lucy noch etwas sagen konnte ging er dazwischen.
    "Nein, Sir, alles ist bestens. Er war nur etwas... übereifrig beim Training heute, nicht wahr?" Eifrig nickte Viktor, zu seiner beruhigung spielte er mit.
    "Weshalb wollten sie uns denn sprechen, Sir?", wechselte er schnell das Thema.
    "Nun gut... Also in kürze findet eine Besprechung im CIC statt und ich würde ihre Einheit gerne dabeihaben. Es gibt da einen kleinen Sonderauftrag für den mich einige Trupps begleiten müssten.", er musterte sie alle noch einmal sorgfältig, "Worum es auch immer gerade ging, sie haben eine Stunde es zu klären, dann treffen sie mich dort, ja?"
    "Natürlich, Sir."
    Nickend verabschiedete er sich und ging wieder.
    Mit einem erleichterten Seufzer schloss Lucy die Tür. Langsam schien ihre Wut auch nachzulassen.
    "Ein Sonderauftrag? Was meint ihr was dürfen wir diesmal platt machen?", spielte Roke sich wieder auf.
    "Das finden schon noch früh genug raus. Im Moment haben wir dringendere Probleme, meinst du nicht? Viktor, was war jetzt mit den Daten?"
    "Also was das angeht... Ich hab eine verschlüsselte Datei gefunden, aber wenn ich das mit den Programmen versuche zu knacken die ich hier habe, ist die Gefahr recht groß das ich aus versehen alles dabei lösche. Bisher hab ich mich da also nicht rangewagt."
    "Hast du überhaupt was rausgefunden?"
    "Sicher, aber das wird euch nicht gefallen.", sagte er und tippte in schneller Reihenfolge etwas in Logens MobiGlas.
    Verschnörkelte Symbole bildeten sich heraus, was eindeutig eine Schriftart war. Logen war sich sicher soetwas schonmal gesehen zu haben.
    "Was soll das sein?"
    Viktor grinste ihn wehmütig an.
    "Lass mich das mit einer Gegenfrage beantworten. Spricht einer von euch zufällig Vanduul?"
    Logens Gedanken überschlugen sich, dass hatte er nun am wenigsten erwartet.
    "Du verarscht uns, oder? Was haben die Dinger damit zutun?", fand Roke als erstes seine Worte wieder.
    "Glaubt mir das würde ich auch nur zu gerne wissen, aber nachdem ich es durch jeden mir bekannten Übersetzer gejagt hatte, kam bei allen nur das gleiche raus ... Unbekannter Dialekt."
    "Wir haben also gar nichts, einfach großartig.", sprach Lucy aus was sie alle dachten.
    Es konnte sich alles möglich darin befinden, schoss es Logen durch den Kopf. Ob es sich nun um neuartige Technologie, Informationen zu Flottenbewegungen oder doch einfach nur um nutzlose Essenspläne von den Viechern handelte, konnten sie aber nur spekulieren.
    "Was machen wir jetzt damit? Doch dem Colonel geben?"
    Kaum hatte Roke es ausgesprochen, bekam er von Lucy auch schon einen Schlag auf den Hinterkopf.
    "Idiot! Was glaubst du was der mit uns machen wird, wenn wir irgendwas von einem gestohlenen Datensatz erzählen, ohne auch nur den leisesten Schimmer was wir da überhaupt gefunden haben? Wahrscheinlich sitzen wir dann erstmal bis zur nächsten Kernwelt in der Brick fest."
    Während Roke sich über den schmerzenden Schädel rieb, kam Logen plötzlich eine Idee.
    "Wir machen doch als nächstes halt im Centauri System, da finden wir doch bestimmt alles was du brauchst, oder Vik?"
    "Hmm...", nachdenklich fasste er sich an die Stirn, "Klar, wenn ich mich ein wenig umhöre..."
    "Gut, denn was auch immer da drauf ist sie wollens anscheinend unbedingt wieder haben. Sollte Lukos also etwas versuchen, können wir das immer noch als Druckmittel einsetzen. Solange müssen wir uns einfach bedeckt halten. Was meint ihr?"
    Viktor und Roke stimmten ihm nach kurzem überlegen zu, nur Lucy schaute ihn noch einen Moment abschätzend an. Schließlich nickte sie jedoch zustimmend.
    "Na gut, dann haben wir fürs erste einen Plan. Als nächstes müssen wir aber erstmal ins CIC, schon vergessen? Vik, Roke bewegt eure Ärsche hier raus, wir treffen uns später dort.", scheuchte Lucy die beiden auch schon aus der Kabine.
    Klappernd fiel die Tür ins Schloss und bevor er sich versah, fand er sich auch schon mit dem Rücken zur Wand wieder, Lucy nur wenige Zentimeter vor sich.
    "Also Logen...", wisperte sie ihm verführerisch ins Ohr, während ihre Hand langsam in seinen Schritt glitt.
    "Was hast-"
    Schmerzhaft musste er nach Luft schnappen, als sie begann mit ihren Fingern zuzudrücken.
    "...zuerst wird wegen euch auf mich geschossen, dann erfahr ich das du im Einsatz was mitgehen lässt und dann auch noch diese...Tosaka, was sollte das werden?!", fragte sie jetzt weitaus energischer und einem eisigen Unterton in der Stimme, wobei sie Tosakas Namen geradezu ausspie, als hätte sie in einen verdorbenen Apfel gebissen.
    "Was das..? Gar nichts, sie hatte damit angefangen. Tosaka sieht zwar nicht schlecht aus, aber-"
    Das ihr die Antwort nicht gefiel, ließ sie ihn sogleich fühlen, wobei sie noch ein wenig fester zupackte.
    "Findest du ja?"
    "So war das nicht gemeint, ich...", erneut musste er aufstöhnen.
    "Das heißt du wolltest ihr nicht in nächster Zeit bei einem Drink Gesellschaft leisten?"
    "Nein, nein, das..."
    Logen stutzte, als sich ihr Griff leicht veränderte und er ihr lüsternes Lächeln bemerkte, welches sie ihm zuwarf. Er war schon wieder drauf reingefallen, dämmerte es ihm. Sie hatte die ganze Zeit nur mit ihm gespielt, wusste er doch eigentlich, wie sehr sie es liebte ihn zappeln zu lassen, kurz bevor...
    "Du bist ein Biest, weißt du das?", raunte er ihr zu.
    "Ich weiß eben was dir gefällt..."
    Ihr Lächeln wurde nur noch breiter und als sie merkte wie sich Logens Erregung zu steigern begann, küsste sie ihn unvermittelt.
    "Machen wir da weiter, wo wir heute Morgen unterbrochen wurden und treiben dir auch den letzten Gedanken an diese Tusse aus..."
    "Zu Befehl, Sergeant.", sagte er noch und zog sie zu sich heran.
    Kurzerhand hob er sie hoch und Lucy schlang ihre Arme und Beine um ihn, so dass sie wie ein Äffchen an ihm klammerte.
    Mit einem Ruck warf er sie herum und drückte sie mit seinem Gewicht gegen die Wand, was ihr ein leises Stöhnen entlockte.
    "Gott, ich liebe dich..."
    Sie schaute ihn daraufhin mit ihren tiefblauen Augen an und es kam ihm so vor, als könne sie direkt in seine Seele blicken. Was würde er nur ohne diese Frau tun?
    "Ich liebe dich auch.", hauchte Sie ihm zu und erneut versanken sie in einen leidenschaftlichen Kuss.
    Schließlich stießen sie sich wieder von der Wand ab und stolperten noch ein paar Schritte durch den Raum, bevor sie fest umschlungen in eine der Kojen fielen.
    In der abgedunkelten Kammer des CIC´s hatten sich die angeforderten Squads des 83. eingefunden. Beleuchtet von den unzähligen Amaturen der Navigationsoffiziere, stand Lucy mit den anderen Truppführern um einen riesigen Holo-Tisch verteilt und wartete auf das Erscheinen des Colonels. Ein Stück dahinter stand Logen und der Rest der Einheiten, während leise miteinander getuschelt wurde, wusste doch keiner so recht weshalb sie eigentlich hier waren.
    "Was grinst du eigentlich so dämlich?", fragte Roke ihn nach einer Weile.
    "Hm? Tu ich das? Ist mir gar nicht aufgefallen..."
    Roke folgte seinem Blick und konnte sich sofort alles zusammenreimen.
    "Oh verstehe, ihr hattet wohl noch eine kleine Nachbesprechung? Kein Wunder das ihr fast zu spät gekommen seid."
    "Ein Gentleman genießt und schweigt."
    "Ja, ja, schon klar. Wie kannst du nur so ein verfluchtes Glück haben ... meinst du ich könnte es mal bei der neuen, Tosaka, versuchen?"
    "Oh, tu dir da bloß keinen Zwang an.", sagte er noch zu Roke und wandte sich auch schon Viktor zu, "Hey Vik, wie wärs mit einer kleinen Wette ... wann Tosaka ihm zuerst in die Eier tritt?"
    "Sehr hilfreich, Jungs...", grummelte Roke dazwischen, während die beiden ihr Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht bekamen.
    "Achtung!", schallte es vom Eingang her, als der Colonel eintrat.
    Colonel Calendorn trat ein, gefolgt von einigen seiner niedrigrangigeren Offzieren.
    Seine schlichte graue Uniform saß ihm wie angegossen, während sich mehrere kleine Orden auf Brusthöhe befanden. Die einfachen Kampfstiefel erzeugten ihren typischen Klang, als er sich an der Spitze des Holo-Tisches einfand und seine Mütze darauf ablegte.
    In vielerlei Hinsicht wirkte er mehr wie ein einfacher Soldat und nicht wie der Befehlshaber über ein ganzes Regiment. Nur seine Gesicht verriet seinen langjährige Erfahrung und spiegelte eine Selbstsicherheit wieder, welche durch unzählige Einsätze geprägt war.
    Im Gegensatz zu vielen anderen, mischte er sich gerne unter die Truppe und genoss auch entsprechende Sympathien. Das er ihr Squad zu dieser Besprechung persönlich eingeladen hatte, war nichts ungewöhnliches.
    Alle nahmen sofort zackig Haltung an und salutierten.
    Er erwiderte die Geste leicht und deutete ihnen sich wieder zu rühren, bevor er anfing.
    "Wie sie alle wissen sind wir zurzeit im Anflug auf das Centauri System, um uns dort neu aufzumunitionieren und einige notwendige Wartungen durchzuführen. Dort wird das Regiment auch die Möglichkeit auf Landurlaub haben. Von dort werden wir eine Zeit lang an der Grenze patroullieren, bis wir neue Einsatzparameter erhalten."
    Bei der Ankündigung hob sich die Stimmung leicht, waren sie doch schon zu lange auf dieser fliegenden Metallbox gefangen. Logen bemerkte aber, dass Calendorn den Enthusiasmus nicht recht teilte, offenbar hielt er noch etwas zurück.
    "Ich weiß sie können es kaum erwarten sich an Land mal wieder auszutoben, aber vorher habe ich noch einen kleinen Sonderauftrag für sie, wie ich schon erwähnte. Während wir uns also auf Centauri zubewegen, fliegen wir an den Randsystemen vorbei, dort befindet sich eine Kolonie die wohl demnächst den Status einer repräsentanten Welt erhalten wird. Einige Inspektoren vom Subkomitee Expansion und Entwicklung werden sich dort einen letzten Überblick über die dort herrschenden Zustände machen und alles weitere einleiten. Sie werden zugleich für den persönlichen Schutz zuständig sein, als auch unsere geliebte Army zu repräsentieren. Zusätzlich werden sie mit mir die planetare Miliz inspizieren, um eine flüssige Übernahme in die UEE Army zu garantieren."
    Im nächsten Moment rückte auch schon ein makelos gekleideter Anzugträger an und begab sich an Calendorns Seite. Ein perfekt geübtes Lächeln schlug ihnen entgegen, konnte aber über die unverfrorene Verschlagenheit nicht hinwegtäuschen.
    "Ich darf mich vorstellen, Calvin Morray, ich bin der Leiter dieser Abteilung."
    Was folgte war ein endloser Vortrag nach UEE Standardprotokoll, darüber wie wichtig und bedeutsam ihre Rolle hier bei doch war. Doch im Nachhinein lief es für Logen nur darauf hinaus, dass sie für ein paar arrogante Schnösel die Babysitter spielen sollten. Mal abgesehen vom Colonel vielleicht. Es könnte nicht besser werden.


    III.

    Zischend drückte Petrov seinen letzten Stim aus und warf ein paar Credits auf den Tresen.
    "Ich würd ja liebend gern noch bleiben, aber ich hab keine Lust hier noch bis morgen früh festzuhängen."
    Fred griff sich sofort die Credits und zählte sorgfältig nach.
    "Kein Trinkgeld?", fragte der mürrisch.
    "Trinkgeld? Für den...ach vergiss es. Hier, du elender Halsabschneider."
    Auf den Weg nach draußen, schnappte Petrov sich in einem unbeobachteten Moment noch eine Packung Stims und verschwand dann in Windeseile durch den Vordereingang.
    Draußen schlängelte Petrov sich durch die Passanten, die ihm hin und wieder ein paar komische Blicke zuwarfen. Sein blauer Arbeitsoverall, überall mit Flicken übersäht, passte nunmal nicht recht ins Stadtbild. Vielleicht brauchte er aber auch bloß mal wieder eine Dusche.
    Während er weiterhin nach einem der Stims kramte, versuchte er die aufdringliche Werbung von den Videoleinwänden und die vorbeihuschenden Gleiter zu ignorieren. Gerade als er einen gefunden hatte, bog er um die Ecke und lief direkt in irgendjemanden hinein. Fluchend glitt ihm der Stim aus den Händen und landete, was auch sonst, in der einzigen Pfütze weit und breit.
    "Welches dumme-", war er im Begriff zu sagen, als er eine Gruppe UEE-Soldaten und eine Straßensperre vor sich ausmachte. Eine Straßensperre?
    "Fuck, ihr wollt mich wohl verarschen. Was soll das hier?", schimpfte er los, dass sich einige Passanten neugierig zu ihnen umdrehten.
    "Ist gesperrt.", kam die Antwort, als wäre damit alles gesagt.
    "Das seh ich selbst, Arschloch! Aber einige Leute müssen da auch durch um zu arbeiten."
    "Dann suchen Sie sich halt einen anderen Weg, hier gehts auf jeden Fall nicht weiter."
    Petrov hätte diesen Typen am liebsten eine reingehauen, aber dann wäre eine verspätete Lieferung wohl sein geringstes Problem gewesen.
    "Scheiß UEE...", murmelte er noch vor sich hin, drehte sich dann aber wieder um.
    Ziellos wanderte er danach noch eine Weile durch die Straßen, ihm fiel aber nichts mehr ein wie er noch rechtzeitig zu seinem Transporter kommen sollte.
    Irgendwann fand er sich auf einer kleinen Anhöhe in der Stadt wieder, von der man einen idealen Blick auf die Parade haben würde. Da er heute sowieso nirgendswo mehr hinkommen würde, beschloss er kurzerhand sich die Parade anzutun. Wenn denen ein ähnliches Missgeschick wie bei den Proben passierte, könnte es vielleicht noch ganz amüsant werden.
    Gelangweilt lehnte er sich an das weitläufige Geländer, an dem sich bereits ein paar andere Schaulustige versammelt hatten. Den Stim schon zwischen den Finger, wurde er auf einen gestriegelten Kerl neben sich aufmerksam, der verärgert auf sein MobiGlas einredete.
    "Joslin? Joslin? Verdammt, warum muss ausgerechnet jetzt die Verbindung abreißen!"
    Trottel, dachte er sich. Bei den ganzen Leuten hier war es kein Wunder, wenn das Netz überlastet würde.
    Er nahm noch einen tiefen Zug und schaute auf die Prozession hinunter die soeben seinen Anfang nahm. Zu seiner Entäuschung war der bisherige Ablauf absolut fehlerfrei und so wich sein Blick zu der übergroßen Tribühne aus, wo sich die hohen Tiere versammelt hatten. Zwar konnte er von hier aus nicht viel erkennen, dennoch war er sich sicher das ihre ehrwürdigen Würdenträger schon längst damit begonnen hatten den Abgestellten der UEE in den Arsch zu kriechen. Schließlich würde eine neue Regierung gebildet und jeder wollte ein größtmögliches Stück vom Kuchen abhaben. Zum Glück war seine Schwester nicht zwischen all den unterwürfigen Feiglingen.
    Plötzlich legte sich ein dunkler Schatten über Petrov und alle Anwesenden, was ihn automatisch dazu veranlasste nach oben zu schauen. Wie sich herausstellte war gerade ein Frachter, gerade noch groß genug um in die Atmosphäre einzudringen, mitten im in den Startvorbereitungen und würde wohl erst vollständig durch das Wolkenmeer entschwinden, wenn es die Parade passiert hatte.
    "Wenigstens einer der von hier verschwinden kann..."
    "Scheinen wohl nicht alle glücklich mit unserer Anweseheit zu sein, was?"
    Roke nickte zu dem Stänkerer hinüber, der gerade wieder in der Menschenmenge verschwand. Grummelnd stimmte Logen zu.
    Er hätte nichts gegen eine kleine Abwechslung gehabt, standen sie doch nun schon fast eine halbe Ewigkeit an der Absperrung herum. Dazu kam noch die ständige Kälte die auf dem Planeten herrschte und ihm in den Leib fuhr. Die ganze Nichtstuerei zerrte an seinen Nerven.
    Seit einigen Tagen waren sie nun schon auf Aratea unterwegs, welcher seinen Namen wirklich alle Ehre machte. Hauptsächlich waren sie bei irgendwelchen Inspektionen des Colonel dabei. Das sie dabei eine ziemlich untergeordnete Rolle zu spielen hatten war abzusehen und so gab es für sie meist auch nicht mehr zutun, als daneben zu stehen und stumpf alles abzunicken. Ihre Aufgabe hier stellte nur einen weiteren Tiefpunkt ihrer Reise dar.
    Über Funk kam nur das aktuelle Geschnatter, einmal ausgenommen von der letzten Meldung. Im Schiff des Colonels schien wohl irgendetwas durchgeschmorrt zu sein, wodurch sich ihre Abreise noch um ein oder zwei Tage verzögern würde.
    Logen ächzte als er das hörte. Großartig, jetzt hängen wir hier...
    Fast hätte er ein kleines blondes Mädchen übersehen, dass auf einmal aus der Menge kam und an ihm vorbeilaufen wollte. Sie konnte höchsten acht sein.
    "Moment mal, hier gehts nicht durch." Schnell stellte er sich ihr in den Weg, wo sie dann plumpsend von seinen Beinen zurückfederte.
    "Hörst du schlecht? Hau wieder ab.", sagte er barsch, da er keine lust hatte sich allzu lange mit ihr aufzuhalten.
    Eingeschüchtert schaute sie zu ihm auf, ragte doch sein dunkler Schatten über ihr auf. Wollte sie etwa anfangen zu heulen?
    Gerade wollte er sie erneut auffordern, da tauchte plötzlich Lucy neben ihm auf.
    "Hey Kleine, hast du dich verlaufen?", sprach sie das Mädchen freundlich an und hockte sich zu ihr.
    Unsicher schaute sie zuerst von Lucy zu Logen, nur um dann vorsichtig zu nicken.
    "Oh, vor dem blöden Grobian hier brauchst du dich nicht zu fürchten.", Lucys strafender Blick dabei entging ihm nicht. "Der ist bloß neidisch auf den schönen Schal den du da hast." Nach kurzem zögern lächelte das Mädchen zurück.
    "Wie ist denn dein Name, hm?" - "Ta...Talia." - "Wirklich? So heißt meine kleine Schwester auch, weißt du? Sie hat sich auch gerne mal verlaufen, aber ich hab sie immer wieder gefunden. Komm lass uns nach deiner Mutter ausschau halten."
    Logen seufzte. Frauen und Kinder...
    Es dauerte nicht lange, dann kam bereits eine verzweifelt aussehende Mutter angelaufen. Erleichtert schloss sie ihre Tochter in die Arme, und bedankte sich überschwänglich bei Lucy. Fröhlich trabte sie zu ihm zurück.
    "Kinder sind nicht so dein Ding, oder?"
    "Nein, nicht wirklich. Sie sind so...ach ich weiß auch nicht." Keck lächelte sie ihn an und ging an ihm vorbei. "Hey, die Ablösung ist da."
    "Das wurde aber auch Zeit.", beschwerte Roke sich. "Ich brauch unbeding was zu futtern!"
    Nicht weit von der Straßensperre entfernt hatten sie ihr Shuttle abgestellt, wo sich auch ein kleiner Laden mit allerlei Leckereien befand. Natürlich hatte Roke den von Anfang an ins Auge gefasst. Zwar war Lucy zuerst noch dagegen, doch als Logen seinen Arm um ihre Hüfte schlang und sie mit sich zog, hatte sich die Frage erledigt.
    Qualmend lehnte Petrov immer noch an dem Geländer und versuchte ein paar Kringel aus Rauch zu formen, scheiterte aber kläglich.
    Unterdessen näherte sich die Parade langsam dem Ende zu und da er von dem ganzen Trubel allmählich genug hatte, wollte er sich auch schon abwenden. Bei dem Geräusch von aufheulenden Triebwerken hielt er jedoch noch einmal an. Mehrere Cutlasses zogen mit Höchstgeschwindigkeit über seinen Kopf hinweg, wobei er bemerkte wie überall in der Stadt verteilt weitere Schiffe starteten.
    "Auch noch eine Flugshow? Da will wohl einer richtig Eindruck schinden."
    Gespannt beobachte Petrov die weitere Flugbahn, doch statt wie erwartet an der Tribühne vorbeizuziehen, stießen die Maschinen plötzlich durch die Wolkendecke und verschwanden aus seinem Sichtfeld.
    "Wie? Das wars?", fragte er sich verwundert, hatte er doch wenigsten ein kleines Künststückchen oder ähnliches erwartet.
    Aus den Augenwinkel nahm er noch wahr wie Bewegung in die Leute auf der Tribühne kam. Irgendwas schien hier nicht zu stimmen.
    Seine Aufmerksamkeit wurde wieder auf den Himmel gelenkt, als in den Wolken kleine Lichtpunkte aufflackerten.
    "Was zur...", weiter brachte er es nicht, blieb ihm doch vor Schreck der Mund offen stehen.
    Der übergroße Frachter, welcher sich eigentlich schon längst in der Umlaufbahn befinden sollte, brach plötzlich aus den Wolken hervor und stürzte in einer beängstigenden Geschwindigkeit dem Boden entgegen. Flammen hatten sich über die ganze Hülle ausgebreitet und kleinere Explosionen sprengten immer wieder Trümmer ab. Es sah nicht so aus als hätten die Piloten noch Kontrolle über das Schiff, wodurch der Aufschlag wohl mitten in der Parade erfolgen würde.
    Während Petrov noch nach einer Erklärung für diese Katastrophe suchte, sah er wie mehrere kleine Schiffe um den Frachter herum flitzten. Im ersten Moment dachte er noch sie wären dabei die aufkommenden Brände zu löschen, merkte aber schnell wie falsch er mit dieser Annahme lag. Sie schossen eindeutig auf den Frachter und lieferten sich mit den vereinzelten Cutlasses die noch übrig waren, heftige Feuergefechte.
    Er konnte einfach nicht fassen was da vor ihm passierte und die ganze Stadt schien in eine unheimliche Stille verfallen zu sein, starrten doch alle ungläubig auf den herabfallenden Frachter. Der Startschuss zur allgemeinen Panik wurde aber erst abgegeben, als sich die düstere Silhoutte eines zweiten Schiffes aus der Wolkenschicht schälte. Die Bauart war unverkennbar.
    "Nein, nein...Alex!", rief er den Namen seiner Schwester, auch wenn klar war das sie ihn nicht hören konnte.
    Im gleichen Moment wie er losrannte, schlug der Frachter der Länge nach auf und riss unzählige Gebäude mit sich. Unmengen von Dreck, Staub und Asche erhoben sich in die Luft und würden wohl in Kürze die ganze Stadt eingehüllt haben. Die Erschütterung erreichte ihn nur wenige Sekunden später, doch schaffte er es irgendwie sich aufrecht zu halten.
    Seine Gedanken kreisten jetzt nur noch um seine Schwester, alles andere war egal.


    IV.

    Kaum das sie wieder aus dem Laden kamen, stieß Roke erstmal einen dröhnenden Rülpser hervor.
    "So gut hab ich schon lange nicht mehr gegessen!"
    "Du wirst dich auch nie zusammenreißen können oder?" - "Unwahrscheinlich." Sofort wiederholte er das Schauspiel ein zweites Mal.
    Viktor winkte nur ab und während sie beide schon fast beim Shuttle angekommen waren. Logen hatte Lucy wieder zu sich rangezogen und so schlenderten sie langsam hinterher.
    "Sagt unser kleiner Vielfraß, wie?", flüsterte er ihr zu, so dass nur sie ihn hören konnte.
    Dafür das sie zuerst nichts essen wollte, hatte sie aufeinmal reingehauen, als hätte sie Tagelang nichts gegessen.
    "Hey, pass auf was du sagst, ich bin immer noch deine Vorgesetzte...", versuchte sie ihn mit ihrer strengen Stimme zu maßregeln, er bemerkte aber das ihr das ganze doch etwas peinlich war.
    "Stimmt, wie konnte ich das nur vergessen.", meinte er neckisch und zwickte sie spielerisch in den Hintern.
    Er wollte sich schon vor ihren Zorn in Deckung bringen, als plötzlich sein Funkgerät ansprang. Statisches Rauschen unterbrach immer wieder die Funksprüche, ließ ihn nur verzerrte Wortfetzen verstehen, bis die Verbindung ganz abbrach.
    Während er sich daran machte das Signal wieder zubekommen, drehten sich Roke und Viktor neugierig zu ihnen um.
    "Was ist los, braucht ihr... ach du Kacke."
    Rokes Augen weiteten sich vor Schreck und konnte nicht aufhören in den Himmel hinter ihnen zu starren. Viktor erging es ebenso, schüttelte es aber gleich wieder ab. Kurz darauf rief er ihnen irgendetwas zu, aber Logen achtete nicht wirklich darauf, versuchte er doch das Signal wiederzubekommen.
    Nun hatte sich auch Lucy umgeschaut, nur um dann blitzschnell nach seinem Arm zu greifen.
    "Weg hier, jetzt!"
    "Warte kurz, ich glaub ich habs gleich..."
    "Renn du Idiot!", schrie sie ihn an und wurde auch schon von ihr mitgerissen.
    Als er losrannte erhaschte er noch eine Blick darauf, was sie so beunruhigte.
    Einem flammenden Inferno gleich, raste ein riesiger Frachter ungehindert auf die Stadt zu und würde in wenigen Augenblicken aufschlagen. Und sie standen mitten im Weg. Gar nicht gut.
    "Alle in das Shuttle, das ist unsere einzige Chance!" Die Straße war bereits wie leergefegt, von ihren Leuten war auch niemand mehr zusehen.
    In höchster Eile quetschten sie sich alle hinein, während Logen sich gleich auf den Pilotensitz gleiten ließ, hatte er doch als einzigster eine Flugausbildung absolviert. Nunja, so halbwegs.
    "Mal schauen was diese Kiste drauf hat..."
    "Quatsch nicht soviel und starte einfach!", rief Roke panisch.
    Er schaute durch die Cockpitscheibe und sah was Roke meinte. Der Frachter krachte keine fünfhundert Meter vor ihnen auf den Planeten, was einem Erbeben gleichkam. Häuser knickten einfach wie Grashalme weg und verschwanden unter dem riesigen Rumpf, während es Menschen und alle Arten von Fahrzeugen geradezu verschluckte.
    Schnell ließ er seine Finger über die Kontrolltafel fliegen und brachte das Shuttle dazu sich langsam in die Luft zu erheben.
    Inzwischen hatte der Frachter ihre Position fast erreicht, wobei es ihm so vorkam als würde sich ihr Shuttle in Zeitlupentempo drehen.
    "Verdammt, das wird knapp!"
    Gerade wurde der Coffee-Shop von den riesigen Ausmaßen des Schiffes zermalmt, als das Shuttle explosionsartig seine Triebwerke zündete und sie in letzter Sekunde dem bevorstehenden Tod entriss.
    Erst als sie sich in einiger Höhe über der Stadt befanden, kamen sie wieder zu Atem.
    "Alle in Ordnung?", erkundigte sich Lucy.
    Bestätigendes Nicken machte die Runde, niemand schien etwas abbekommen zu haben.
    "Das war doch eben kein Unfall, oder? Ich mein so ein Teil stürzt doch nicht einfach so ab."
    "Das sollten wir lieber schleunigst rausfinden. Logen, wie siehst mit dem Funk aus, haben wir eine Verbindung?"
    "Nein, immer noch-"
    "Pass auf!", preschte Viktor plötzlich dazwischen.
    Ohne dessen Warnung hätte ihn die trudelnde Cutlass wohl frontal gerammt, so konnte er noch geradeso ausweichen. Brennend rauschte die Cutlass an ihnen vorbei und verschwand in der Schuttwolke.
    "Fuck, die wurde abgeschossen oder? Haben die jetzt so kurz vorm Eintritt noch einen Städtekrieg angefangen?", sprudelten die Fragen aus Rokes Mund hervor.
    "Ich wünschte es wäre so einfach...", meinte er, als er sah was da auf sie zugeflogen kam.
    Drei Scythes tauchten in solch einer präzisen Formation vor ihnen auf, dass jeder Navypilot neidisch geworden wäre. Sie hatten es eindeutig auf sie abgesehen, steuerten sie doch direkt auf ihr Shuttle zu. Er wusste bereits das die Raketen der Vanduuls sie erfassen würden, lange bevor überhaupt die Warnung dafür ansprang.
    "Wieviele von den Raketen können wir abwehren?", fragte Lucy leise.
    "Nicht genügend..."
    Da das Shuttle auf über keinerlei Bewaffnung verfügte, blieb ihnen nur eins übrig. Flucht.
    Statt aber wie von der Vanduul Jagdtruppe angenommen, kehrt zu machen, beschleunigte er das Shuttle auf Höchstgeschwindigkeit. Das die damit nicht gerechnet hatte, zeigte sich als er zwischen ihnen hindurch schlüpfen konnte, ehe sie darauf kamen die Hauptwaffen abzufeuern.
    Doch wendeten die Jäger sofort und nahmen die Verfolgung auf. Raketenwarnungen blickten sogleich wieder auf.
    Fluchend zündete er die Täuschkörper, wissend das trotzdem welche durchkommen würden.
    "Logen, flieg da dran vorbei!"
    Lucy zeigte auf einen Truppentransporter, vollgestopft mit Vanduuls, der gerade zur Landung ansetzen wollte.
    Wenn sie hierblieben, wurde ihm nun klar, waren sie sowas von am Arsch. Sie mussten von diesem Planeten runter.
    "Alles klar dann wollen wir dochmal sehen, wie gut eure Zielerkennung wirklich ist..."
    Er riss das Shuttle herum und ging tiefer, bis sie sich auf Höhe der noch stehenden Häuser befanden. Die G-Käfte zerrten an ihm, während er unter dem Truppentransporter hindurchflog und das Shuttle fast Senkrecht in den Himmel stieß.
    Mehrere Raketen konnte ihre Flugbahn nicht mehr rechtzeitig korrigieren und jagten in das Vanduulschiff, was durch eine spektakuläre Explosion in Fetzen gerissen wurde.
    Rauchend stürzten die Reste der Erde entgegen, derweil ihr Shuttle an Abstand gewann.
    "Verdammt, da haben wir ja echt Schwein gehabt, das die dich nicht in die Navy behalten haben.", meinte Roke beiläufig.
    Der kurze Moment der Erleichterung verschwand sofort wieder, als sie erneut als Ziel aufgeschaltet wurden. Eine Rakete hing immer noch hinter ihnen.
    Er versuchte noch den letzten Rest an Beschleunigung aus der Maschine zu holen, hoffte er doch darauf, dass der Rakete bald der Treibstoff ausgehen würde.
    Diesmal hatten sie jedoch kein Glück. Ihr linkes Triebwerk zerbarst unter der Explosion und warf ihr Shuttle herum. Wenigstens hatten sie mit dem verbleibenden Triebwerk noch genügend Auftrieb, um nicht wie ein Stein zu Boden zu fallen.
    "Haltet euch an irgendwas fest, wir gehen runter!", brüllte er, während er angestrengt versuchte das Shuttle nicht ausbrechen zulassen.
    Die Scythes schienen sich im Moment nicht mehr um sie zu kümmern, sollten sie wohl nur dafür sorgen, dass niemand entkam. Ein geringer Trost, aber immerhin etwas.
    "Scheiße, wir sind sowas von Tod!", schrie Viktor, als er sah wie die Stadt immer näher kam.
    "Schnauze Privat, hier geht niemand ohne meinen ausdrücklichen Befehl drauf, klar?!"
    Trotz der ernsten Situation musste Logen schmunzeln, hatte sie doch genau die richtigen Worte gefunden, damit Viktor sich wieder zusammen riss.
    "Was gibts da zu grinsen?", wand sie sich sogleich an ihn.
    Er schaute sie einen Moment an, bevor er antwortete.
    "Ich musste nur gerade daran denken, wie sehr ich dich liebe."
    Sie stutze, war das nicht wirklich der beste Zeitpunkt dafür. Dann schenkte sie ihm aber ihr wunderschönstes Lächeln und krallte sich noch etwas fester in den Sitz.
    "Wenn du nicht willst das ich uns noch früher zum abstürzen bringe, hälst du jetzt besser die Klappe."
    "Nun, runter gehen wir so oder so..."
    "Leute ernsthaft, muss das sein?! Wir krachen gleich in eine Stadt in der es nur so von Vanduul wimmelt, die uns umbringen wollen!"
    "Was beschwerst du dich eigentlich, Roke? Dir war es hier doch von Anfang an zu langweilig und kaum passiert mal was..."
    "Ja, ja. Verdammt, mach einfach keine Bruchlandung wie beim letzten Mal."
    "Hey, das war-"
    "Scheiße, schau nach vorne!"
    Kurz darauf wurden sie auch schon von der aufgewirbelten Schuttwolke verschluckt. Was folgte war ein ohrenbetäubender Lärm, der sich erst nach einer halben Ewigkeit zu legen schien.
    Schlagartig wurde Logen aus der Bewusstlosigkeit gerissen, als ihn eine schallende Ohrfeige traf.
    Krächzend schnappte er nach Luft und hustete ein paar Mal schwer, ehe er wieder klar denken konnte. Einen Augenblick orientierungslos, schaute er sich verwirrt um.
    Er hing immer noch im Pilotensitz fest, während vor ihm die Cockpitscheibe von mehreren Rissen durchsät war, doch schien sie noch zu halten. Dahinter konnte er gerade noch so die Überreste von der Inneneinrichtung einer Wohnung erkennen.
    Als er neben sich Lucy bemerkte, atmete er erleichtert auf. Ihr ging es gut. Dann sah er jedoch ihren besorgten Blick.
    "Was ist passiert?", kam es ihm mit rauer Stimme über die Lippen.
    "Einen riesen Schrecken hast du mir eingejagt, das ist passiert. Schwafelst erst solchen Schwachsinn und dann bewegst du dich nach dem Absturz nicht mehr. Mach sowas nie wieder mit mir!", meckerte sie ihn an, während sie ihn aus den Gurten befreite.
    "Du machst dir zu viele Sorgen, mir gehts gut.", sagte er leichthin.
    "Ich meins ernst, Logen. Ich... ich will dich wegen so einer Scheiße nicht verlieren, klar?"
    Das leichte zittern in Ihrer Stimme fiel ihm erst jetzt auf. Sie war nicht einfach nur vom Crash aufgewühlt, sie schien vielmehr richtig Angst um ihn gehabt zu haben. Kurzerhand stemmte er sich aus dem Sitz und schloss sie in seine Arme.
    Hämmernde Schläge auf Metall drangen währenddessen aus dem Passagierraum zu ihnen durch, was wohl hieß das Roke und Viktor an der verklemmten Shuttletür herum hantierten. Sie würden also noch einen kurzen Moment für sich allein haben. Anderfalls hätte sie wohl auch kaum ihre Verletzlichkeit so zur Schau gestellt.
    "Hey...meinst du etwa ich würde es zulassen, dass mir schon bei der erstbesten Gelegenheit das Licht ausgeknipst wird? Da müssen die schon schwerere Geschütze auffahren, wenn die mich loswerden wollen."
    Zufrieden nahm er wahr, dass sie sich durch seine Worte ihre Anspannung etwas zulegen schien.
    "Was glaubst du eigentlich ist für mich das wichtigste in dieser riesigen Galaxie, hm?"
    Mit großen Augen sah Lucy ihn an, fürchtete sie sich womöglich davor etwas falsches zu sagen? Unmöglich.
    "Na was wohl, du natürlich! Und nichts und niemand wird mich davon abhalten können, bei dir zu sein, verstanden?"
    Sie schniefte einmal leise und nickte ihm dann zu, nur um ihm darauf zu einem leidenschaftlichen Kuss heranzuziehen, welchen er auch sofort erwiderte.
    "Danke."
    "Wofür?"
    "Für... einfach für alles.", sagte sie zögerlich.
    Auch wenn es nur für den Bruchteil einer Sekunde dauerte, merkte er das da noch mehr war. Sie schien ihm noch etwas sagen zu wollen, änderte ihre Meinung aber schnell, als das Geräusch der herabfallenden Shuttletür zu hören war. Der Moment dafür war vorbei.
    Die Rufe von Roke und Viktor holten auch ihn in die Gegenwart zurück und es ließ ihn innerlich schmunzeln, dass sie inmitten einer brennenden Stadt noch Zeit für ein wenig Gefühlsduselei fanden.
    "Und jetzt brauchen wir wieder unseren unerbittlichen Sergeant zurück, klar? Ohne dich sind wir hier aufgeschmissen, wenn du also das Shuttle verlässt, erwarte...nein, weiß ich das du uns hier rausholen wirst."
    Flüchtig küsste er sie auf die Stirn, wobei sie sich sogleich etwas straffte und entschlossener denn je aus dem Shuttle kletterte.
    Hier gehts weiter -> http://www.star-citizens.de/blog/48/entry-256-teil-5-eine-frage-der-schuld-2/
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